Kaum ist beschlossen, dass das Nadelöhr Einmündung Ifflandstraße in den Isarring ab Frühjahr durch den Bau einer dritten Spur entschärft und ampelfrei wird, ist eingetreten, was Skeptiker be­fürchtet hatten: Die drei jeweils drei Meter schmalen Behelfspuren könnten zu einem langlebigen Provisorium werden. Denn die Vision Bau eines Tunnels – die Kostenschätzungen dafür schwan­ken zwischen 80 und 125 Millionen Euro – steht auf der Kippe, könnte nunmehr am Geld scheitern.

Der Hintergrund: Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) hat in einem Schreiben an Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) die Zuschüsse für die Autoröhre, durch die eine Wiederver­einigung des Englischen Gartens ermöglicht würde, klar begrenzt. Geld könne nur für eine bessere Anbindung der Ifflandstraße an den Mittleren Ring und für die Grünarbeiten an der Oberfläche flie­ßen, heißt es in dem Brief. Und: „Weitergehende Überlegungen für eine finanzielle Beteiligung des Freistaats bestehen derzeit nicht.“

Genau letzteres ist der Knackpunkt. Der Stadtrat hat nämlich den Bau der etwa 375 Meter langen Unterführung – als Tunnel bezeichnet man eine Passage erst ab 400 Meter Länge – von einer wesentlichen Förderung des Freistaats, der Eigentümer des Englischen Gartens ist, abhängig ge­macht, und zwar unabhängig von Verkehrsfragen.

So könnte die Unterführung des Isarrings aussehen – der Englische Garten wäre wieder vereinigt. Visualisierung und Foto: Bürgerinitiative „Ein Englischer Garten“
So könnte die Unterführung des Isarrings aussehen – der Englische Garten wäre wieder vereinigt.
Visualisierung und Foto: Bürgerinitiative „Ein Englischer Garten“

Seitens der Staatsregierung hatten Finanzminister Markus Söder und Kultusminister Ludwig Spaen­le das Vorhaben gutgeheißen und auch eine Förderung in Aussicht gestellt. Eine konkrete Zusage indes hat es seitens der Regierung bis dato nicht gegeben. Mit Ausnahme der Allianz-Umweltstif­tung fehlen auch private Sponsoren

Der Bezirksausschuss Bogenhausen hatte Mitte September auf Antrag der CSU-Fraktion von der Stadt gefordert, „im Rahmen des Handlungsprogramms Mittlerer Ring den Tunnel auf Höhe des Englischen Gartens in Zusammenhang mit dem Richard-Strauss-Tunnel bei der Priorisierung der weiteren Maßnahmen vorne einzubringen“, um die verkehrliche Entlastung hinreichend zu berück­sichtigen.

Kurzum: Den Tunnel vorrangig errichten.

Robert Brannekämper, stellvertretender BA-Vorsitzender und CSU-Landtagsabgeordneter, hatte bei der Tagung des Kommunalparlaments klar gemacht: „Wenn der Stau bis zum Innsbrucker Ring reicht, dann fahren die Autofahrer eben oben.“ Beobachtungen auf der Richard-Strauss-Straße während des Berufsverkehrs morgens und nachmittags untermauern diese Aussage. Die Aufwen­dungen für den Tunnelbau seien „gut investiertes Geld, denn man kann ein Stück Park zurückge­winnen und der Verkehr fließt flüssiger.“

Zu den Baukosten – die Stadt schätzt ca. 100 Millionen Euro, die Bürgerinitiative „Ein Engli­scher Garten“ geht (bei offener Bauweise) von rund 80 Millionen Euro. Dem Freistaat möge ein konkretes Projekt vorliegen, dann wird er über die Zuschüsse befinden. „Ich werde mich dafür einsetzen, dass der Freistaat eine möglichst hohe Förderung für den Tunnel bereitstellt, aber dazu braucht man konkrete Pläne. Wie diese Förderung genau aussieht, wird man erst am Schluss sehen“, so Brannekämper.

Doch wie dem auch sei. Jetzt hagelt es gegenseitige Schuldzuweisungen zwischen Christsozialen und Sozialdemokarten sowohl auf Rathaus- als auch auf Landesebene. Jetzt liegt die Vision erst mal auf Eis.

Zu all dem muss man wissen: 1966 wurde der Englische Garten durch den Bau des Mittleren Rings zweigeteilt. Mit Eröffnung des 1500 Meter langen Richard-Strauss-Tunnels Mitte Juli 2009 hatte sich die Verkehrsbelastung auf dem Ring-Abschnitt wesentlich erhöht, Experten schätzen die Zu­nahme auf mehr als 40 Prozent. Bei einer Zählung vor vier Jahren wurden in 24 Stunden mehr als 110 000 Fahrzeuge registriert.

Die Tunnelidee stammt von der Bürgerinitiative „Ein Englischer Garten“ unter Führung des Architek­tenehepaars Petra Lejeune und Hermann Grub. Sie plädieren seit langer Zeit für eine Klärung der Finanzierungsfragen und parallel dazu für Untersuchungen und Planung des Vorhabens. Eine schnelle Einigung auf politischer Ebene vorausgesetzt, könnte aus heutiger Sicht frühestens 2020 der Startschuss fallen. Für den Bau selbst kalkulieren Fachleute mit einer Dauer von vier Jahren.