„Angesichts von 15 000 unterzubringenden Flüchtlingen ist München dringend auf jeden einzelnen Platz angewiesen“, so Fabian Riedl vom Sozialreferat gegenüber Mitgliedern des Bezirksausschus­ses. Vor diesem Hintergrund wird die Belegungszahl der Asylbewerber in der ehemaligen, fünf Gebäude umfassenden Siemens-Verwaltung an der Richard-Strauss-Straße 76 vorübergehend von rund 500 auf 800 erhöht.

Die Maßnahme erfolgt in zwei Schritten mit jeweils 150 Menschen: Ab 18. bis 31. Januar und ab 1. bis 26. Februar. Ab Monatsende Februar wird diese kurzfristige Erhöhung der Personenzahl dann „nach und nach bis zum 30. Juni wieder auf 500 reduziert“ – dazu verpflichtet sich laut Riedl die Stadt. Da der städtische Mietvertrag mit Siemens ebenfalls zur Jahresmitte ausläuft, muss also – Stand heute – die gesamte Belegung durch die Stadt fristgerecht beendet werden.

Der Erhöhung der Bettenzahl ging kurz vor Weihnachten eine Gesprächsrunde voraus, an der unter anderen Sozialreferentin Brigitte Meier, Angelika Pilz-Strasser, Vorsitzende des Bezirksaus­schusses, und Robert Brannekämper, Vize-Chef des Kommunalparlaments und CSU-Landtagsab­geordneter, teilgenommen hatten.

In Folge der Vereinbarungen gab’s eine Sondersitzung der Untergremien Planung und Bildung/Kul­tur/Soziales/Sport des Bezirksausschusses. Dabei lagen Anträge der CSU- und der SPD-Fraktion auf dem Tisch, die nach sachlichen Diskussionen jeweils einstimmig verabschiedet wurden.  Somit kann das Stadtteilgremium bei der Tagung am Dienstag, 12. Januar, 19.30 Uhr, Gehörlosenzen­trum an der Lohengrinstraße, die Forderungen zur Weiterleitung ins Rathaus beschließen.

Zur temporären Aufstockung der Bettenzahl – „unter der Maßgabe, dass dies sozialverträglich und organisatorisch angesichts der Unterbringungsengpässe von Flüchtlingen und Asylsuchenden im Frühjahr 2016 bewältigt werden kann“ – hat die CSU „eine vertragliche Übereinkunft zwischen der Stadt, den Nachbareigentümern und dem Bezirksausschuss“ beantragt. Darin heißt es:

Nachdem die Firma Siemens ihren Standort an dieser Stelle aufgeben möchte und derzeit Ver­kaufsverhandlungen laufen, ist davon auszugehen, dass es einen Eigentümerwechsel geben wird.

Von rund 500 auf 800 wird ab Mitte Januar die Zahl der Plätze für Asylsuchende im ehemaligen Siemens-Verwaltungstrakt an der Richard-Strauss-Straße 76 vorübergehend erhöht und dann ab Ende Februar kontinuierlich wieder auf 500 reduziert.
Von rund 500 auf 800 wird ab Mitte Januar die Zahl der Plätze für Asylsuchende im ehemaligen Siemens-Verwaltungstrakt an der Richard-Strauss-Straße 76 vorübergehend erhöht und dann ab Ende Februar kontinuierlich wieder auf 500 reduziert.

Für den Fall, dass der neue Eigentümer das gesamte Areal und alle Liegenschaften nicht einer gewerblichen Nutzung zuführen möchte, sondern eine Umwandlung in Wohnbebauung im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens anstrebt, muss die Stadt dem Bezirksausschuss zusichern, dass in der Interimszeit der Aufstellung bis zur konkreten Realisierung des Bebauungsplans, der Standort – auch wenn vom neuen Eigentümer gewünscht – nicht mit einer höheren Kapazität als maximal 500 Personen belegt wird.

Und: Auch die Situierung weiterer Einrichtungen gegebenenfalls durch andere städtische Referate ist nur im Einvernehmen mit den Eigentümern der Nachbarimmobilien und dem Bezirksausschuss vorzunehmen.

In ihrer Initiative führen Brannekämper, Faktionssprecher Xaver Finkenzeller und Brigitte Stengel, Vorsitzende des Unterausschusses Bildung, an:

  • In der Planungsausschusssitzung vom 5. Februar 2015 hat uns das Sozialreferat, vertreten durch seinen Stadtdirektor, darüber informiert, dass das leerstehende Bürogebäude der Siemens AG als wochenweise genutzter Notfall- und Überlaufstandort für 200 Personen genutzt werden soll. Der Bezirksausschuss erklärte sich mit diesem Vorgehen einverstanden.
  • Am Samstag, 12. September, gegen 15 Uhr, wurden die Bezirksausschuss-Vorsitzende und ihr Stellvertreter zu einem kurzfristig anberaumten Ortstermin in der Richard-Strauss-Straße gebeten, wo die Leitung des Sozialreferats mitteilte, dass die bisherige zeitlich begrenzte Belegung mit 200 Flüchtlinge dringend aufgestockt werden müsse.
  • Im Nachgang dazu wurden in einer Gesprächsrunde mit der Sozialreferentin am 17. Oktober die Zahlen für diesen Standort verbindlich festgelegt und seitens des Sozialreferats in Absprache mit den Nachbareigentümern an alle umliegenden Geschäftsinhaber und Mieter kommuniziert.
  • Gerade einmal acht Wochen später kommt das Sozialreferat erneut und bittet zum wiederholten Mal um eine Änderung der Rahmenbedingungen für diesen Standort. Vom Überlauf- und Notfallstandort ist nichts mehr zu hören. Auch die vor kurzem vereinbarte Belegung steht schon wieder zur Disposition. Die Liegenschaft soll unter Zuhilfenahme weiterer Räume und Flächen auf fast 800 Personen aufgestockt werden.
  • Innerhalb weniger Wochen ein erneuter Kurswechsel. Was soll uns die Bogenhauser Öffentlichkeit denn noch glauben? Deshalb sehen wir uns gezwungen, verbindliche Eckdaten für diesen Standort einzufordern und auf deren strikte Einhaltung zu pochen, da die Halbwertszeit städtischer Zusagen extrem kurz ist und diese eine hohe Verfallwahrscheinlichkeit aufweisen. Diese Informationspolitik gefährdet die Akzeptanz und das Verständnis der Bevölkerung für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden.

Brannekämper kritisierte energisch: „Man kann nicht alle sechs bis acht Wochen etwas ändern. So kann’s nicht laufen. Wir brauchen verbindliche Zusagen des Referats. Und der Standort muss endlich fit gemacht werden, es läuft ja nicht einmal bei 500 Personen alles rund.“ Dem schloss SPD-Vize-Sprecher Wolfgang Helbig pauschal an: „So ist es nicht erträglich.“

Die SPD-Fraktion stimmt laut ihrem Antrag der zusätzlichen Belegung mit 300 Menschen unter anderem nur zu, wenn „alle Zusagen, die für die zweite Belegung bis 480 Flüchtlinge zugesagt wurden, sofort erfüllt werden, wobei die Kinderbetreuung erste Priorität haben muss und alle zugesagten Umbaumaßnahmen für eine gute Kinderbetreuung sofort umgesetzt werden.“

Überdies müsse die Unterbringung und hygienische Versorgung von Müttern mit Neugeborenen verbessert werden. Laut Helbig ist eine Kinderbetreuung nicht möglich, „weil die Räume nicht benutzbar sind.“ Fraktionssprecherin Karin Vetterle wetterte: „Die hygienische Versorgung ist unter aller Sau.“