13. Mai 2016

Ein wenig belächelt von seinen Kollegen im Bezirksausschuss wurde Holger Machatschek, Elder Statesman der Grünen, im März vergangenen Jahres ob seines trotzdem einstimmig befürworteten Antrags, Nobelpreisträger Thomas Mann, der in Bogenhausen gelebt hatte, mit einem Denkmal zu ehren. Jetzt hat der Kulturausschuss des Stadtrats auf Initiative der CSU-Räte Marian Offman und Richard Quaas beschlossen, eine Würdigung nach einem künstlerischen Wettbewerb vorzunehmen – mit einem „Familie-Mann-Denkmal“. Mehr als 200 000 Euro werden dafür bereitgestellt.

Ein Arbeitskreis soll nun den Standort für das Kunstwerk klären. Angedacht wurde bereits ein Platz am Isarhochufer oder im Garten des Hildebrandhauses an der Maria-Thesia-Straße, in dem das städtische Literaturarchiv Monacensia untergebracht ist. Eine weitere Möglichkeit besteht am Prinz­regentenplatz.

Die Mann-Villa im Jahr 1925   Foto: Thomas-Mann-Förderkreis e.V., Sammlung Anita Naef
Die Mann-Villa im Jahr 1925 Foto: Thomas-Mann-Förderkreis e.V., Sammlung Anita Naef

Im Bogenhauser Kommunalparlament hatte seinerzeit Tassilo Strobl (CSU) die Initiative von Machatschek unterstützt, hatte zwei Vorschläge genannt: „Vorstellbar ist die Grünfläche an der Montgelasstraße zwischen Thomas-Mann-Allee und Mauerkircherstraße.

Möglich wäre es auch auf der Wiese an der Poschinger- zwischen Pienzenauerstraße und Thomas-Mann-Allee.“ Macha­tschek indes hatte „eine Diskussion um Standorte nicht für Ziel führend bezeichnet“. Denn zuerst müsse der Stadtrat entscheiden „und dann sehen wir weiter.“

Da es bereits ein halbes Dutzend Thomas-Mann-Gedenktafeln sowie ein nach ihm benanntes Gym­nasium gibt und mehrere seiner in München geborenen Kinder literarisch und künstlerisch tätig gewesen sind, kam im Kuturreferat auf die Idee, die ganze Familie zu würdigen.

Stimmt der Stadtrat dem Vorschlag zu, kann der Gestaltungswettbewerb ausgeschrieben und danach ein Künstler beauftragt werden. Bis dahin sollte die Entscheidung gefällt sein, wo das Denkmal installiert wird.

Thomas Mann – sein Leben, sein Wirken, sein Vermächtnis
Mann wurde am 6. Juni 1875 in Lübeck geboren, er entstammt einer reichen Kaufmannsfamilie. 1891 hatte er das Gymnasium in der Obersekunda verlassen und war seiner Mutter und den Geschwistern nach München gefolgt, wo er 39 Jahre lang gelebt hatte. Zunächst hatte er als Volontär gearbeitet, war danach als freier Schriftsteller sowie als Lektor und Korrektor bei der satirischen Zeitschrift „Simplicissimus“ tätig.

Im Februar 1905 hatte er Katia Pringsheim, Tochter einer angesehenen Münchner Familie geheira­tet. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor, wobei Erika, Klaus und Golo wie er und sein älterer Bruder Heinrich als Schriftsteller gearbeitet hatten. Die Familie hatte zuerst in Schwabing und anschließend in der Mauerkircherstraße 13 gewohnt. Der leidenschaftliche Spaziergänger Thomas Mann war von hier aus fast täglich mit seinem Hund Bauschan – verewigt in der Novelle Herr und Hund – zu Wanderungen durch die damals unbebaute, teils wilde Landschaft bis nach Unterföhring gestartet. Verewigt ist der Herzogpark mit seiner Aussage: „Das ist kein Wald und kein Park, das ist ein Zaubergarten, nicht mehr und nicht weniger.“

Für die Familie hatte Mann dann ein größeres Zuhause benötigt. Er kaufte das Grundstück Posch­inger Straße 1, ließ eine dreistöckige Villa bauen, die von den Kindern beim Bezug im Januar 1914 liebevoll „Poschi“ getauft wurde. Das Projekt hatte den Schriftsteller finanziell extrem beansprucht, er sah sich nach eigenen Worten „zur allergrößten Sparsamkeit gezwungen.“ Unberührt waren davon die regelmäßigen Abstecher in sein Stammlokal „Restauration Herzogparkquelle“ (Mauer­kircherstraße 40) zu Treffen auch mit Erich Kästner geblieben.

Kurz nach Hitlers Machtergreifung 1933 war die Familie ins Exil in die Schweiz gegangen. Die Villa wurde beschlagnahmt, im Krieg durch Bomben schwer beschädigt. Nach der Rückerstattung ließen Thomas und Katia Mann das Haus 1952 abreißen, das Ruinengrundstück wurde an den Apotheker Otto Roeder verkauft – für 20 000 Mark. Der ließ darauf einen kleinen Bungalow bauen. Roeders Erben veräußerten das Areal Ende der neunziger Jahre an Florian Haffa, der es seinerseits später dem Investmentbanker Alexander Dibelius verkaufte.

Dibelius ließ 2006 für kolportierte zehn Millionen Euro die Thomas-Mann-Villa nach den Originalplä­nen von 1913 durch seinen Cousin Thomas, von Beruf Architekt, rekonstruieren. Das Anwesen hat 1200 Quadratmeter Wohnfläche auf sechs Ebenen. Im Untergeschoss gibt’s sich eine Bade- und Fitnessanlage mit einem direkten Parkzugang sowie eine Tiefgarage für ein halbes Dutzend Fahr­zeuge. Das Prestigeobjekt war Ende Februar 2015 in die Schlagzeilen gekommen. Es hatte nämlich erneut den Besitzer gewechselt – für angeblich mehr als 30 Millionen Euro.