23. Juli 2016

Der Antrag der CSU-Fraktion im Bezirksausschuss sah ursprünglich ein Moratorium, einen Auf­schub, vor. Doch das war nicht mehr möglich. Denn es waren bereits Fakten geschaffen: Weite Strecken der Spazierwege im Denninger Anger West sind asphaltiert worden. Daher verabschiede­ten die Lokalpolitiker den durch die CSU-Fraktion erstellten-Fragenkomplex an die Stadt, ergänzt durch die Forderung, bei der geplanten Bearbeitung der Wege im Anger Ost, entlang der Friedrich-Eckart-Straße, keine Asphaltbeläge aufzubringen. Bei der Erörterung zuvor gab’s im Gremium einen Eklat.

Der Beschluss, gefasst gegen die Stimme von Holger Machatschek (Grüne): „Der Bezirksaus­schuss fordert die Stadt auf, für die nicht nachvollziehbare Teerung der Geh- und Radwege im Den­ninger Anger eine Begründung zu geben, bei der insbesondere folgenden Fragen geklärt werden:

  1. Auf welcher rechtlichen Grundlage wurde die Teerung der Wege vorgenommen und liegen hier­für entsprechende Genehmigungen vor?
  2. Welchen Sinn und Zweck erfüllt die Teerung der Wege? Handelt es sich dabei um rein finanzielle Vorteile, welche sich die Landeshauptstadt dadurch erhofft, dass durch die Teerung nun 20 bis 30 Jahre keine weiteren Arbeiten notwendig sind?
  3. Wie soll mit den durch die Teerung auftretenden Nutzungskonflikten zwischen Radfahrern, Fuß­gängern, Mütter mit Kinderwagen und Hundebesitzern künftig umgegangen werden?
  4. Welche Lösungen gibt es, die durch die Teerung vorgenommene Beeinträchtigung der Natur und des Naherholungscharakters des Denninger Angers wieder auszugleichen?
  5. Dieser Punkt wurde auf Anregung von Wolfgang Helbig, Vize-Sprecher der SPD-Fraktion, dem Antrag angefügt: Eine Asphaltierung der Wege im Denninger Anger Ost, entlang der Friedrich-Eck­art-Straße, ist zu unterlassen. Sämtliche Pläne für die Gestaltung müssen dem Bezirksausschuss vorgelegt werden.

Helbig meinte dazu, man „muss dringend einen Riegel vorschieben, dass das Baureferat nicht macht was es will.“ Er forderte ein „gemeinsame Sitzung“ mit den Stadtvertretern, um die Sache zu klären.

Mit schweren Baumaschinen wurden die Wege im Denninger Anger geteert beziehungsweise zur Asphaltierung vorbereitet.  Foto: hgb
Mit schweren Baumaschinen wurden die Wege im Denninger Anger geteert beziehungsweise zur Asphaltierung vorbereitet. Foto: hgb

Hintergrund für den Hinweis ist ein Schreiben des Baureferats/Gartenbau, Unterhalt Nordost, vom 17. Februar 2016, in dem es heißt: „Im östlichen Teil des Denninger Angers Ost werden wir in die­sem Jahr den Hauptweg asphaltieren.

Da dies allerdings sehr kostenintensiv ist und von vielen na­turliebenden Bürgern aus ökologischen Gründen sogar abgelehnt wird, bleiben die restlichen Wege weiterhin wassergebunden.“ Wassergebunden bedeutet: ein gewalzter Kiesbelag, der Feuchtigkeit aufnimmt, Wasser wird aber an den Wegrand und weiter ins Gelände abgeführt.

Warum die Bogenhauser Lokalpolitiker über die erfolgten Maßnahmen im Denninger Anger West derart verärgert sind, erschließt sich aus einer Mitteilung der Rathaus-Umschau vom 8. April 2016 unter den Überschrift >Baureferat saniert Rad- und Gehwege am Denninger Anger<: „Das Baureferat saniert ab Montag, 11. April, Rad- und Gehwege am Denninger Anger, zwischen der Richard-Strauss- und der Weltenburger Straße. Dort werden auf Schotterwegen die Trag- und Deckschicht ausgebessert sowie Hauptrouten asphaltiert. Wegen der Arbeiten, die voraussichtlich Ende Juni abgeschlossen werden, müssen einzelne Wege vorübergehend gesperrt werden.“

So denn begründen Robert Brannekämper, stellvertretender Vorsitzender des Stadtteilgremi­ums un CSU-Landtagsabgeordneter, und Fraktionssprecher Xaver Finkenzeller in dem Antrag: „Die östlich asphaltierte Straße im Denninger Anger soll erneuert und geteert werden – so wurde es dem Bezirksausschuss mitgeteilt. Damit war man auch einverstanden, denn die Versiegelung der Flächen war bereits gegeben. Nun stellt sich heraus, dass die Stadt aber weitaus mehr Flächen – ohne den Bezirksausschuss vorher anzuhören – überteert hat. Das Straßennetz gleicht nun eher einer Teerlandschaft als vielmehr einem harmonischen Weg, der sich in die Grünanlage unterord­net. Die Stadt begründet diese Aktion mit fadenscheinigen Argumenten. Die Teerung diene dem Ausbau des Radwegenetzes und die Stellen wurden geteert, damit nicht – wie derzeit notwendig – ständig jedes Jahr Reparaturarbeiten an den Wegen vorgenommen werden müssten.“

So sieht das Wegenetz im Denninger Anger West jetzt aus: Die blau markierten Strecken sind asphaltiert, rot sind die gewalzten Kieswege, die grünen Abschnitte waren im städtischen Plan nicht enthalten, wurden eingefügt.     Karte: Stadt München/Bearbeitungen und Ergänzungen: hgb
So sieht das Wegenetz im Denninger Anger West jetzt aus: Die blau markierten Strecken sind asphaltiert, rot sind die gewalzten Kieswege, die grünen Abschnitte waren im städtischen Plan nicht enthalten, wurden eingefügt. Karte: Stadt München/Bearbeitungen und Ergänzungen: hgb

Weiter heißt es: „Diese Argumentation ist indes nicht überzeugend. Ein sinnvoll gut ausgebautes Radwegenetz kann unabhängig von den geteerten Straßen errichtet werden, auch bei zusätzlicher Belastung. Dass dabei Reparaturarbeiten vorgenommen werden müssen ist selbstverständlich, kann aber nicht dazu führen, dass aus diesen Gründen die Wege nun in großen Teilen geteert werden. Im Übrigen sind die Teerwege auch kontraproduktiv.

Allein aus Kostengründen und Zeitersparnis wurde eine Teerung vorgenommen, die eine Verschandelung der Landschaft darstellt. Für Jogger stellen diese eine weitaus intensivere Belastung der Gelenke dar und Fahrradfahrer animieren diese Straßen zum schnelleren Fahren.“

In seinen Ausführungen im Kommunalparlament bewertete Finkenzeller die städtischen Begründun­gen als „lustig bis lächerlich, die sind erstunken und erlogen. Es handelt sich um einen eklatanten Eingriff. Und wieder einmal hat man den Bezirksausschuss nicht gehört.“

Es folgte der gestenreiche Auftritt von Machatschek: „Der Antrag ist einer der allmonatlichen Heißluftballons. Er ist von vorn bis hinten falsch. Das ist eine aufgeblasene Empörung. So einen Antrag habe ich in gut 22 Jahren nicht gehört. Die Wege sind da, die Arbeiten sind abgeschlossen.“ Und zur Gelenkbelastung von Joggern: Der Stadtmarathon findet auch auf Asphalt statt.“

„Mein lieber Holger“ – Finkenzeller holte tief Luft, legte dann los: „Man muss sich fragen, ob du noch geeignet bist, der Unterausschuss Stadtgestaltung zu leiten. Die Kritik ist unter aller Sau. Für jede Baumaßnahme im Außenbereich muss man an anderer Stelle einen Ausgleich schaffen. Das müsstest auch du wissen“

Holger Machatschek (Grüne) versucht seiner Parteikollegin Angelika Pilz-Strasser, der Vorsitzenden des Bezirksausschusses, sein Ansinnen zu erklären. Unterdessen hatten die Mitglieder der CSU-Fraktion nach Machatscheks Anschuldigungen den Tagungssaal geschlossen verlassen, ihre Stühle (hinten) blieben bis nach einer Sitzungspause frei.      Foto: hgb
Holger Machatschek (Grüne) versucht seiner Parteikollegin Angelika Pilz-Strasser, der Vorsitzenden des Bezirksausschusses, sein Ansinnen zu erklären. Unterdessen hatten die Mitglieder der CSU-Fraktion nach Machatscheks Anschuldigungen den Tagungssaal geschlossen verlassen, ihre Stühle (hinten) blieben bis nach einer Sitzungspause frei. Foto: hgb

Dazu Machatschek: „Nette Vorstellung.“ Und grinsend: „Der Antrag ist ein Beispiel für populisti­schen Aktionismus.“ Die Folge der Konfrontation, die ihresgleichen in der Härte in den vergangenen Jahren sucht: Die CSU-Vertreter erhoben sich und verließen geschlossen den Tagungssaal. Daraufhin „verordnete“ Bezirksausschuss-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser eine Sitzungspause.

Anwohner Roland Stolz, der die Initiative angestoßen hatte, erklärte: „Die Wege wurden beim Asphaltieren um mehr als einen Meter verbreitert. Das Ganze ist ein Unding hoch zehn. Die Leute sind entsetzt, fragen, wann Temposchilder aufgestellt werden, wann weiße Mittellinien aufgetragen werden. Das darf nicht noch einmal passieren.“

Er zitierte einige Aussagen von Passanten: „Eine bodenlose Frechheit, den Park so zu zerstören.“ – „Das war bisher eine der schönsten Jogging-Runden im Münchner Osten.“ – „Wo werden denn die Parkplätze für die Autos gebaut? – „Hoffentlich wird die Autobahn nicht dreispurig.“ – „Die Stadt hat wohl zu viel Geld, wenn sie diesen Schwachsinn finanzieren kann.“

„Einer gegen alle“ – so das Ergebnis der Abstimmung nach der Unterbrechung. Machatschek konnte es nicht fassen, er registrierte das Ergebnis mit verzerrten Gesichtszügen.

– Titelbild: hgb –