22. November 2016

Öffentliche Toiletten in München sind seit Jahren ein brisantes Thema. Viele Einrichtungen sind sanierungsbedürftig, viele wurden geschlossen. Mitte Dezember 2015 hatte der Stadtrat das Kommunalreferat beauftragt, ein Konzept für die Einführung des Modells Nette Toilette zu erstel­len. Das jetzt von der Behörde präsentierte Modell droht zu scheitern.

Die Bogenhauser Lokalpolitiker sind zwar grundsätzlich für das Vorhaben. Sie – wie auch die Vertreter in mehreren anderen Bezirken – wehren sich aber gegen das konkrete Konzept. Sie sollen nämlich die Umsetzung nicht nur verhandeln, sie sollen auch dafür zu bezahlen.

Die Planung sieht vor, dass Bürger in ausgewählten Gaststätten – und zwar außerhalb des Altstadt­bereichs – die Toiletten kostenfrei benutzen dürfen und die Lokalbetreiber dafür eine Aufwandsent­schädigung für Wasserverbrauch und Reinigung erhalten. Der Bezirksausschuss sah Bedarf für Bogenhausen und hatte seinerzeit elf mögliche Standorte benannt.

Vorgeschlagen wurden folgende Möglichkeiten: Turnerschaft Jahn (Weltenburger Straße 53), Zamila Seestub’n (Fritz-Lutz-Straße 25), Emmeramsmühle (St. Emmeram 41), Dicke Sophie (Johanneskirchner Straße 146), catwalk (Mauerkircher Straße 2), Backspielhaus (Mauerkircher­straße 2), Il Galeone (Hornsteinstraße 18), Pyrsos (Englschalkinger Straße 206), Lohengrins (Cosimastraße 97), Kiosk am Effnerplatz und Café Wimmer im Fidelio-Hochhaus.

Ein Beispiel von vielen in München: Die öffentlichen Toilettenanlagen im Bahnhof-Untergeschoss der U4 im Arabellapark sind schlicht und einfach versifft. Die Stadt will sie erst in frühestens 2018 sanieren.   Foto: hgb
Ein Beispiel von vielen in München: Die öffentlichen Toilettenanlagen im Bahnhof-Untergeschoss der U4 im Arabellapark sind schlicht und einfach versifft. Die Stadt will sie erst in frühestens 2018 sanieren. Foto: hgb

Zum besseren Verständnis für die Notwendigkeit des Vorhabens: rechnerisch kommt in München auf rund 13 000 Einwohner lediglich eine öffentliche Toilette. Zum besseren Vergleich: in Stuttgart sind’s etwa 8 500, in Bremen ungefähr 3200, in Köln nur 22 000.

Die Idee der öffentlichen Nutzung von Toiletten in Gaststätten entstand 2000 in der baden-württem­bergischen Kleinstadt Aalen. Sie wurde dort zusammen mit einer örtlichen Werbeagentur umge­setzt. Das Modell gibt es bundesweit inzwischen bereits in mehr als 200 Städten und Gemeinden.

Für die Nutzung des Logos, für Aufkleber und Plakate werden Lizenzgebühren fällig. In München wären es rund 3500 Euro. Die Aufwandsentschädigung pro Wirt und pro Monat kalkuliert das Kommunalreferat mit 30 Euro. Bei geplanten und offensichtlich stadtweit gemeldeten rund 120 Gasthäusern summiert sich das im Jahr auf knapp 45 000 Euro.

Jetzt aber könnte sich das Projekt als ein Griff ins Klo erweisen, die Bürgervertreter sind stark irritiert. Sie sollen nämlich auf Vorschlag der Verwaltung zur „konkreten Umsetzung“ nicht nur die Verhandlungen mit den vorgeschlagenen Chefs der Gaststätten führen. Die Bezirksausschüsse sollen auch aus ihrem jeweiligen Budget die Aufwandsentschädigungen leisten.

„Für die „Gewinnung der Wirte“ – so die Originalbezeichnung des Referats – sprechen die hervor­ragende lokale Vernetzung und Ortskenntnis der Bezirksausschüsse“, heißt es in einem Schreiben des Kommunalreferats an Angelika Pilz-Strasser, Vorsitzende des Bogenhauser Stadtteilgremiums.

Unter diesem Logo firmiert das Konzept „Nette Toilette“ in mehr als 200 deutschen Kommunen.   Foto: Stadt Esslingen
Unter diesem Logo firmiert das Konzept „Nette Toilette“ in mehr als 200 deutschen Kommunen. Foto: Stadt Esslingen

Pilz-Strasser sah sich wegen der gestellten Abgabefrist einer Stellungnahme vor Abhaltung der November-Tagung des Kommunalparlaments gemäß der geltenden Satzung zu einer Antwort ver­anlasst, ja mehr oder minder genötigt:

„Es gehört nicht zum Aufgabenbereich der Bezirksausschüsse mit Restaurantbetreibern zu verhan­deln, Verträge abzuschließen und Finanzierungen zu übernehmen. Das ist Aufgabe der Verwaltung. Als ehrenamtliches Gremium kann der Bezirksausschuss nur Vorschläge unterbreiten. Die Verwal­tung hat die verwaltungstechnischen Aufgaben zu übernehmen und dem Bezirksausschuss die Ergebnisse vorzulegen“, heißt es in dem Brief.

Und weiter: „Der Bezirksausschuss bittet den Oberbürgermeister die Stelle eines Ansprechpartners für die städtischen Toilettenanlagen als >Beauftragte/n< zu schaffen und dem Direktorium anzuglie­dern. Außerdem lehnt es das Gremium komplett ab, Bezirksausschuss-Mitglieder mit verwaltungs­technischen Aufgaben zu betrauen, zumal diese keine juristische Absicherung in der Bayerischen Gemeindeordnung finden.“

„Selbstverständlich sind wir sehr gern bereit, mit unserer Ortskenntnis zu unterstützen. Die Versor­gung des Viertels mit öffentlichen Toiletten liegt uns sehr am Herzen“, schließt Pilz-Strasser ab.

Bleibt nur mehr abzuwarten, wann und in welcher Form die Beschlussvorlage des Referats ins Rathaus kommt. Und wann und welche Entscheidung der Stadtrat zum Konzept fällt.