26. April 2017

Ob „Perlenkette“ (Entwicklungsachse entlang der S8), „Neue Quartiere am Hüllgraben“ (Brücken­schlag nach Riem) oder „Küstenlinie“ (Landschaft und Stadt werden dabei verzahnt) – keine der drei Planungsvarianten für die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) auf dem knapp 600 Hektar großen Gebiet jenseits der S-Bahnlinie zum Flughafen konnte die Bürger und die Lokalpoliti­ker so richtig überzeugen. Kaum verwunderlich ist daher, dass die CSU-Fraktionen im Bezirksaus­schuss und im Rathaus von der Stadt fordern, „echte Planungsvarianten“ zu erarbeiten.

Im Bogenhauser Antrag heißt es: „Die Landeshauptstadt wird aufgefordert, neben den vorliegenden drei Planungsvarianten noch weitere Entwicklungskonzepte durch die Auslobung eines städtebau­lichen Ideenwettbewerbs für die weiteren Planungen der Siedlungsentwicklung Nord-Ost (SEM) zu erarbeiten.“

Und: Dabei sind die im Rahmen der Bürgerbeteiligung gewonnen Erkenntnisse und die besondere Topographie dieses besonderen Landschaftsraums, der bis heute einen Erholungs- und Lebens­raum darstellt, mit einzubeziehen, die Ergebnisse mit der Bürgerschaft vor Ort zu diskutieren und dem Bezirksausschuss sowie dem Stadtrat vorzustellen.“

Zur Begründung der Initiative wird angeführt: Mit der Überplanung von nahezu 600 Hektar Fläche soll eines der größten zusammenhängenden Gebiete in der Stadt in den nächsten Jahren einer Siedlungsentwicklung zugeführt werden. Dabei sind die vielen Anregungen und Überlegungen der Bürgerinnen und Bürger aus dem Nordosten mit einzubeziehen. Die bisherigen Anhörungen haben ein großes Interesse der Bevölkerung, aber auch sehr vielfältige Vorstellungen ergeben. Den spezi­fischen Anforderungen dieser besonderen Kulturlandschaft werden allerdings die drei Varianten nicht gerecht.

Abschließend wird argumentiert: Das ergänzende Verfahren soll weitere Alternativen und Entwick­lungsmöglichkeiten für das Planungsgebiet aufzeigen. Was der Stadtteil wirklich braucht sind echte Alternativen, die den Bürgerwillen auch tatsächlich abbilden.

Im Vorstoß der CSU-Stadträte steht abweichend vom Bogenhauser Text, der im Bezirksausschuss mit einer Gegenstimme gebilligt worden war: „Die durch das Planungsreferat vorgelegten Varian­ten haben nicht abschließend überzeugt.“

CSU-Fraktionssprecher Xaver Finkenzeller hatte schon im März im Kommunalparlament moniert: „Wahnsinnig neue Ideen wurden uns bei den Workshops ja nicht präsentiert.“

Die drei präsentierten Planungsvarianten für die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) auf dem knapp 600 Hektar großen Gebiet jenseits der S-Bahnlinie zum Flughafen: Perlenkette (orange), Hüllgraben (grün) und Küstenlinie (lila).    Entwürfe: Planungsreferat / Foto: hgb
Die drei präsentierten Planungsvarianten für die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) auf dem knapp 600 Hektar großen Gebiet jenseits der S-Bahnlinie zum Flughafen: Perlenkette (orange), Hüllgraben (grün) und Küstenlinie (lila). Entwürfe: Planungsreferat / Foto: hgb

Robert Brannekämper, stellvertretender Vorsitzender des Bezirksausschusses und Planungs-Chef des Gremiums, kritisierte jetzt: „Es gab bei den Planungen auf weißer Fläche zumindest kritische Stimmen. Die drei Varianten nehmen auf die Belange der Örtlichkeiten leider wenig Rücksicht.

Bei jedem kleineren Grundstück in München gibt’s zehn, elf und zwölf Planvarianten, bei 600 Hektar gerade mal drei. Das ist wenig überzeugend. Der Bürgerwille muss abgebildet werden.“

Christiane Hacker (SPD) assistierte Brannekämper: „Beim Prinz-Eugen-Park waren 64 Architekten im Wettbewerb. Die haben uns wirklich gefordert.“ Ihre Forderung zur SEM: „Das Bessere ist der Feind des Guten.“

Holger Machatschek (Grüne): „Bei allem ist ein Wirrwarr von sich zum Teil widersprechenden Anregungen herausgekommen. Die Leute vom Planungsreferat haben da rumgefummelt, eine Planung aus einem Guss erkenne ich nicht. Ich sehe da keine Stadtgestaltung, und das bei einem Volumen von 30 000 bis 60 000 Einwohnern.“ Letztere Zahl konterte Machatscheks Parteikollegin, Bezirksausschuss-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser, aufgebracht: „Noch sind wir bei 30 000 Einwohnern!“ Ein Besucher kommentierte: „Noch …“

Peter Reinhardt (CSU) polterte: „Es ist eine absolute Unverschämtheit, so etwas den Bürgern vorzusetzen. Nichts ist an einer praxisnahen Struktur orientiert. Die Bürgerbeteiligung war ein Witz.“ Pilz-Strasser reagierte sauer auf diese Aussagen: „Ich fand die drei Planungen nicht willkürlich, es sind Ansätze. Ich hoffe, dass nun aus den Varianten und den Anregungen eine ganz andere Variante entsteht, aus denen dann bis Juli ein Strukturkonzept entwickelt werden kann. Es war eine intensive Bürgerbeteiligung, dafür bin ich dem Planungsreferat dankbar.“

Brannekämper zum Abschluss: „Ich kann Frau Hacker nur zustimmen. Muss der Vorsitzenden aber widersprechen.“ Dazu erläuterte er die Entwicklung der Zahlen bezüglich der Einwohner in den vergangenen Jahren von einst 5000 bis nunmehr 30 000. „Es muss geklärt werden, was verträglich ist, welche Dichte möglich ist. Denn der Stadtteil muss klasse werden, muss mit der U-Bahn erschlossen werden.“