6. September 2017
Sie ist ein Plan mit Fragezeichen, vielen Fragezeichen – und es werden stetig mehr: Die SEM, die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme, im Nordosten auf einem 600 Hektar großen Areal jenseits der S8-Trasse zwischen Daglfing, Englschalking und Johanneskirchen, wo einmal – nach letzten Vorgaben des Planungsreferats – 30 000 Menschen leben und weitere 12 000 arbeiten sollen.
Wie’s weiter gehen soll, dazu hat der Bezirksausschuss auf Antrag der CSU-Fraktion drei Fragen an die Stadt verabschiedet. Unterdessen formiert sich gegen das Vorhaben Widerstand unter den mindestens 400 Grundstücksbesitzern, die weniger als die Hälfte des Geländes besitzen. Der Großteil der Flächen gehört der Stadt.
In dem Fragenkatalog wird angeführt: Für das städtebauliche Vorhaben muss gemäß Baugesetz „die Finanzierung der Gesamtmaßnahme“ gesichert sein. Wie will die Stadt das sicherstellen angesichts notwendiger Millioneninvestitionen nicht nur für die verkehrliche Erschließung durch U-Bahn, Straßenbahn und Busse, sondern auch für die sozialen Infrastrukturmaßnahmen wie beispielsweise Schulen?
„Eine Umsetzung ist nur möglich, wenn die Finanzierung der Gesamtmaßnahme zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses steht. Die Stadt muss sich, Stand heute, bereits Gedanken gemacht haben, wie eine Finanzierung vonstatten gehen soll“, so CSU-Fraktionssprecher Xaver Finkenzeller. Doch wie ist der derzeitige Stand? Im Bogenhauser Antrag wird zur Sache auf einem Beschluss des Stadtrats vom November 2002 verwiesen zur städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme „Bergwachtstraße, die wegen fehlenden knapp 30 Millionen Euro im Haushalt aufgegeben wurde.“ 30 Millionen Euro – mit dieser Summe könnte heute gerade mal der Bau einer Grundschule gestemmt werden.
Auch das Zeitfenster des Vorhabens wird hinterfragt, denn laut „Baugesetz muss eine zügige Durchführung innerhalb eines absehbaren Zeitraums gewährleistet sein, wobei die Rechtssprechung von einer vollständigen Umsetzungszeit von 13 bis 17 Jahren ausgeht.“
Der Kommentar dazu laut Vorlage: „Derzeit ist nicht ersichtlich, wie und in welchem Umfang die Stadt das sicherstellen möchte. Als Beispiel dient das knapp 75 Hektar große Areal für den Bebauungsplan Heinrich-Heine-Gymnasium. Das Projekt ist heute, nach 42 Jahren, noch immer nicht vollständig realisiert“. Bezüglich der SEM müsse die Stadt den Zeitraum „vor jeglichen weiteren Maßnahmen klären.“
Die dritte Frage: Ist es zutreffend, dass auf Grund gesetzlicher Bestimmungen des Baugesetzbuchs die Bodenpreise für landwirtschaftlich genutzte Flächen nicht eingefroren werden?
Denn: „Stets wurde von der Stadt argumentiert, dass die SEM unter anderem deshalb notwendig sei, weil durch das Einfrieren der Bodenpreise den Spekulationen entgegen gewirkt werden kann. Allerdings besteht insofern eine klare gesetzliche Formulierung: Für landwirtschaftlich genutzte Flächen ist nach wie vor der Wert im gewöhnlichen Geschäftsverkehr auf dem allgemeinen Grundstücksmarkt maßgebend. Nachdem im Nordosten knapp 90 Prozent der betroffenen privaten Flächen landwirtschaftlich genutzt werden, fände insofern ein Einfrieren des Bodenpreises nicht statt.“ Damit wäre, so Finkenzeller, eines der Hauptargumente der Stadt in der Vergangenheit unzutreffend dargestellt.
Auch in Feldmoching/Ludwigsfeld/Fasanerie Nord wird auf rund 900 Hektar von der Stadt eine SEM geprüft. Dort taten sich im April mehr als 200 Grundstücksbesitzer, deren Anteil mehr als 40 Prozent beträgt, zusammen und gründeten die Bürgerinitiative „Heimatboden München.“
Bogenhauser Bodenbesitzer nahmen Kontakt auf, installierten in dem Zusammenschluss zwecks Zusammenarbeit eine eigene „Abteilung“. Nun stehen mehrere große, doppelseitige Plakatständer auf den Feldern rund um Johanneskirchen und Daglfing. Die Botschaft ist eindeutig: „Stoppt SEM Wahnsinn. Für Stadt, Land und Mensch.“