2. März 2018

Die Stadtwerke München (SWM) prüfen nach dem erfolgreichen Bürgerentscheid „Raus aus der Steinkohle“ – die Wahlbeteiligung betrag knapp 18 Prozent – bezüglich des Heizkraftwerks (HKW) Unterföhring die Möglichkeit, auf dem rund 100 Stellplätze umfassenden Parkareal des Cosima­wellenbads an der Cosimastraße ein Gaskraftwerk zu errichten. Münchenweit werden elf mögliche Standorte für fünf bis sieben derartige Anlagen untersucht.

Zum Hintergrund für die Planungen SWM-Pressesprecher Michael Solić: „Die Bürger hatten in einem Entscheid im November 2017 dafür gestimmt, den Kohleblock im HKW Nord bis 2022 abzu­schalten. Ob er wirklich abgeschaltet wird, entscheidet letztlich die Bundesnetzagentur (BNetzA). Sollte der Kohleblock systemrelevant sein, bliebe er am Netz.“ Systemrelevant bedeutet: Die Agentur, die die deutschen Stromnetze observiert, muss sicherstellen, dass ausreichend Energie ins bundesweite Netz eingespeist wird.

Die SWM müssen sich, so Solić, also auf mehrere Szenarien vorbereiten. So rüsten sie sich auch für eine positive Entscheidung der BNetzA. Um die Kapazitäten von Unterföhring-Nord II in Bezug auf die Fernwärme-Erzeugung ersetzen zu können, „untersuchen die SWM nun mögliche Standorte für Erdgas-betriebene Heizwerke im Stadtgebiet. Es ist davon auszugehen, dass fünf bis sieben dieser Anlagen benötigt werden“. Bei „Gas statt Kohle“ wird stark erhitztes Wasser durch die Fernwärmeleitungen zum Heizen gepumpt.

Das Heizkraftwerk (HKW) Nord in Unterföhring – hier aus dem Blickwinkel der Ringstraße –soll nach dem Bürgerentscheid 2022 stillgelegt werden. In den Anlagen werden täglich 2400 Tonnen Kohle verfeuert, pro Jahr 1,7 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen – mehr als der gesamte Münchner Straßenverkehr. Foto: hgb

Von den „laufenden Untersuchungen“ werden gemäß Solić die betroffenen Bezirksausschüsse in­formiert. Folglich ist der Gaskraftwerk-Plan auch Thema der Tagung des Bogenhauser Kommunal­parlaments am Dienstag, 13. März, 19.30 Uhr, Saal im Gehörlosenzentrum an der Lohengrinstraße.

Dabei wird sicherlich auch zur Sprache kommen, wie groß ein Gaskraftwerk gebaut werden muss und eventuell auch wie viel solch eine Anlage kostet.

Wissenswert zum HKW Nord, das am Rand des Bogenhauser Stadtteils Oberföhring auf Unter­föhringer Flur (Landkreis München) liegt: Es besteht aus drei Blöcken, die von den SWM in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben werden. Dabei wird neben Elektrizität auch Fernwärme zur Versorgung von etwa 150 000 Haushalten produziert. In zwei Böcken wird seit 1992 bzw. seit 1983 Restmüll verbrannt – jährlich mehr als 700 000 Tonnen.

Der Block II, der seit 1991 am Netz hängt, wird pro Jahr mit rund 800 000 Tonnen Steinkohle – überwiegend in den USA, Tschechien und Russland gefördert, täglich von zwei bis drei Güterzügen geliefert – befeuert. Diese irre Menge Brennstoff sind umgerechnet 2400 Tonnen Kohle am Tag oder 100 Tonnen Kohle pro Stunde.

Wie vermeintlich modern und aufwändig die Reinigung, das Filtern der Abgase aus den drei, 130 Meter hohen Schornsteinen im Kraftwerk auch ist oder sein mag: Das HKW Nord ist, wie es ein Bogenhauser Lokalpolitiker unlängst drastisch formuliert hat, „Münchens größte Dreckschleuder“. Tatsächlich verschmutzt das HKW die Luft mehr als der gesamte Münchner Straßenverkehr – die CO2-Emissionen betragen jeweils mindestens 1,7 Millionen Tonnen. Pro Jahr, wohlgemerkt! Dazu kommen „nebenbei“ noch jährliche hochgiftige Quecksilber-Emissionen von rund 70 Kilogramm.

Den Parkplatz am Cosimawellenbad untersuchen die Stadtwerke München als möglichen Standort für eines von Münchenweit fünf bis sieben Gaskraftwerken. Foto: hgb