5. Mai 2018

Die Debatte über die Qualität der Architektur in München verschärft sich. Die meisten Neubauten seien nicht kreativ, es gebe derzeit fast nur mehr architektonischen, hässlichen Einheitsbrei, so Manuel Pretzl, Fraktionschef der CSU im Rathaus. Auch das Planungsreferat kritisierte er massiv: Überall entstünden in der Stadt die gleichen Riegel – Erdgeschoss, plus drei, vier Stockwerke, Flachdach.

Zuletzt kam es zu heftigen Diskussionen um die Pläne zu einem zwölfstöckigen Hochhaus an der belebten Ridlerstraße 35 im Stadtbezirk Schwanthaler Höhe. Die in sich verdrehte Form, vielwinklig, cool und ein wenig futuristisch, hatte den Stadtrat und viele Bürger begeistert. Doch bei den Expert­en der Stadtgestaltungskommission war der Entwurf durchgefallen – es sei zu verdreht, ja geradezu gedrungen. Der Architekt musste nachbessern, ja stark korrigieren, musste das Gebäude auf Linie bringen. Die Macht der Fachleute hatte einmal mehr obsiegt, der Entwurf soll nun dem Stadtrat als Beschlussvorlage präsentiert werden. Der Konflikt mit der Kommission ist programmiert – und das ist gut so. Die Politik soll sich, so wünscht sich’s Pretzl, die Entscheidung zurückholen.

Wie sieht’s nun mit dem „Einheitsbrei“ in Bogenhausen aus? Zum Beispiel im Prinz-Eugen-Park (PEP) an der Cosimastraße, ein Quartier mit künftig rund 1800 Wohnungen für 4000 bis 4500 Be­wohner.

Im Bezirksausschuss präsentierter Gewofag-Plan mit Blick in den Innenhof, der den Lokalpolitikern nicht gefällt. Foto: hgb

Rückblick auf eine Tagung des Untergremiums Planung im Bezirksauschuss im Januar 2017. „So etwas habe ich in 30 Jahren nicht erlebt. Ich bin irritiert, ich bin mit den Fassaden überhaupt nicht zufrieden.

Das wirkt wie Plattenbau, wirkt simpel und eintönig, eine Struktur fehlt, sieht aus wie >Griechenland-nicht-fertig<. Das hat mit dem Wettbewerbsergebnis rein gar nichts mehr zu tun. Ich fühle mich als Mitglied der Jury des Wettbewerbs für dumm verkauft!“

So vernichtend hatte Robert Brannekämper, Vize-Chef des Kommunalparlaments und CSU-Land­tagsabgeordneter, die Ansichten von vier L-förmigen Gebäuden der städtischen Baugesellschaft Gewofag am nördlichen PEP-Quartierseingang entlang der Cosimastraße bewertet. Zum besseren Verständnis: „Griechenland-nicht-fertig“ war eine Anspielung auf den Rohbau der griechischen Schule in Berg am Laim.

Entwurf Gewofag-Gebäude für den Bauabschnitt 9 im Prinz-Eugen-Park, Vorlage April 2018. Foto: hgb

„Ich teile die Meinung von Robert Brannekämper komplett. Ich frage mich, warum wir vor der Ent­scheidung ewig überlegt und erörtert haben, was entstehen und wie es aussehen soll.

Der Eingang muss die Wertigkeit des Viertels wiedergeben, er ist die Visitenkarte des Quartiers“, hatte seinerzeit Angelika Pilz-Strasser, Vorsitzende des Kommunalparlaments, assistiert.

Brannekämper hatte weiter erklärt: „Ich bin von der Gewofag anderes gewöhnt. Die Vorgaben wur­den nicht erfüllt. So geht’s nicht. Man kann die Öffentlichkeit nicht an der Nase herumführen. Ich rate dringend, dem Anspruch des Wettbewerbsergebnisses gerecht zu werden. Ich fordere eine Überarbeitung der Fassaden.“

Die Gewofag hatte damals zur Fassadengestaltung angeführt: „Wir mussten uns den Kostenfakto­ren anpassen. Wir bewegen uns aber innerhalb des Gestaltungsleitfadens.“ Gemäß Präsentations­plan waren Glatt-, Rau-, Kreuz- und Kammputz vorgesehen sowie Klinker und bläulich schimmern­des Profilbauglas.

April 2018: Wieder sahen sich die Lokalpolitiker mit einem Gewofag-Projekt, dieses Mal Bauab­schnitt 9 im PEP, konfrontiert. Modern, mutig, frisch oder praktisch, eckig, quadratisch, gut? Jeder kann für sich selbst beurteilen, ob er sich in einer derartigen Kastenbauweise wohlfühlen würde.

Im Bezirksausschuss präsentierter Gewofag-Plan zur Fassadengestaltung, der scharf kritisiert wurde. Foto: hgb