27. Juni 2018

Seltene Einigkeit nach einem gemeinsamen Antrag der Fraktionen von CSU und SPD unter allen Mitgliedern des Kommunalparlaments: „Der Bezirksausschuss lehnt ein Heizkraftwerk auf dem Parkplatz des Cosimabads vehement ab. Die Stadtwerke München (SWM) werden aufgefordert, diesen Standort von ihrer Liste der möglichen Kraftwerkstandorte sofort zu streichen.“ Ebenfalls einstimmig verabschiedet wurde eine Initiative der ÖDP: Die SWM sollen in Unterföhring den Bau eines Heizwerks – ohne Stromerzeugung, auf Gasbasis – prüfen.

In der Begründung des CSU-SPD-Dringlichkeitsvorstoßes wird angeführt: „Der Parkplatz (Anm. d. Red.: rund 120 Stellplätze) wird dringend von den Besuchern des Cosimabads benötigt. Nicht alle Bürger haben die Möglichkeit, die Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu tätigen.“

„Zudem ist der Standort, so wird weiter argumentiert, viel zu klein. Wir gehen außerdem davon aus, dass die Alternative >Parkplatz Cosimabad< genauso wie Freimann von der Bundesbehörde abge­lehnt wird, weil der Standort zu nah an Unterföhring liegt“ (Anm. d. Red.: in der Landkreis-Gemein­de befindet sich seit 1964 das Heizkraftwerk, HKW, Nord mit drei Blöcken zur Erzeugung von Elek­trizität, Fernwärme und seit 1991 zur Verbrennung von mehr als 800 000 Tonnen Restmüll pro Jahr mit jährlich etwa 800 000 Tonen Steinkohle). Die Planungen, am Cosimabad ein Heizwerk zu errichten, „sind deshalb sofort einzustellen“, so die Lokalpolitiker.

Warum wird in Bogenhausen eigentlich ein Heizwerk benötigt? Vergangenen November hatten die Münchner in einem Bürgerentscheid dafür gestimmt, den Kohleblock II im HKW Nord bis Jahresende 2022 abzuschalten. Ob er wirklich abgeschaltet wird, das entscheidet letztlich die Bundesnetzagentur (BNetzA). Sollte der Kohleblock systemrelevant sein, bliebe er am Netz. Systemrelevant bedeutet: Die Agentur, die die deutschen Stromnetze observiert, muss sicherstel­len, dass ausreichend Energie ins bundesweite Netz eingespeist wird.

120 Stellplätze gibt’s für die Besucher des Cosimawellenbads. Auf dem Parkplatze prüfen die Stadtwerke den Bau eines Gasheizwerks mit zwei bis zu 40 Metern hohen Schornsteinen. Die Abgase würden den Bewohnern des Hochhauses im Bildhintergrund direkt ins Wohnzimmer geblasen. Foto: hgb

Die SWM-„Lösung“: Um die Kapazitäten des Blocks II in Bezug auf die Fernwärme-Erzeugung – Leistung in etwa 550 Megawatt (MW) – ersetzen zu können, untersuchen die SWM nun vorsorglich zwölf mögliche Standorte für mit Erdgas betriebene Heizwerke im Stadtgebiet.

Vier bis sieben dieser dezentralen, rund 70 Megawatt Wärme erzeugende „Monster“ – teils in Wohngebieten und in Grünanlagen – werden wohl benötigt. „Wir suchen nach Alternativen zur sicheren Versorgung der Bewohner mit Fernwärme“, erklärte Thomas Prein vom Büro des SWM-Technikbüro.

Zur Zukunft: Ist es möglich, dass in Unterföhring bis 2022 eine große Gasanlage installiert wird, um den Kohleblock zu ersetzen? Muss der Bürgerentscheid für etwa ein Jahr ausgesetzt werden, um den Bau zu realisieren? Können die SWM per Geothermie bis in vier, fünf Jahren ökologisch genü­gend Fernwärme produzieren, so dass besagtes Gasheizwerk eventuell überflüssig ist?

Fragen über Fragen, zu denen der Stadtrat von den SWM-Chefs schnell Antworten haben will.

Zur Örtlichkeit und zur Dimension der Pläne im 13. Stadtbezirk: Die Anlage soll auf einer Fläche von etwa 50 mal 60 Metern, also 3000 Quadratmetern, mit zwei bis zu 40 Metern hohen Schorn­steinen entstehen. Und das genau gegenüber einem Hochhaus und weiteren Wohngebäuden.

Die Debatte: „Es gibt keine neuen Erkenntnisse“, antwortete Prein platt im Untergremium Planung des Bezirksausschusses dem CSU-Fraktionssprecher Xaver Finkenzeller bezüglich der vor langem im Plenum gestellten Fragen. Da platzte dem Juristen Finkenzeller der Kragen: „Dann müssten Sie hypothetisch den Marienlatz auch als Standort checken. Es sind drei Monate vergangen, von den SWM wurde kein einziger Punkt geprüft. So kann man nicht arbeiten. Das ist eine Frechheit!“

Bezirksausschuss-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) erklärte: „Das Ganze ist eine extrem ärgerliche Sache, eine komplett irrationale Geschichte. Das ist keine anständige Art.“ Nicola Holtmann von der ÖDP klagte: „Es ist unsäglich zu versuchen, die Stadtteile gegeneinander auszuspielen. Und Christiane Hacker (SPD): „Ein neues Heizwerk in Unterföhring – dass ist doch Augenwischerei. Die sind doch froh, das Kohlekraftwerk los zu werden.“

Manfred Krönauer (FDP) hatte wegen des beabsichtigten Standorts am Cosimabad – unlängst ja für knapp 13 Millionen Euro saniert – an SWM-Chef Florian Bieberbach geschrieben. Aus dem Antwortbrief: „Eine Umnutzung von Parkflächen ist nicht nur für den Bürger sondern auch für den Badebetrieb schmerzhaft.“ Krönauer monierte mit dem Wegfall des Parkplatzes einen hohen finan­ziellen Schaden durch weniger Badegäste. Und: „Die Emissionen aus den beiden Schornsteinen würden den Bewohnern der umliegenden Hochhäuser direkt ins Wohnzimmer blasen. Und landen Hubschrauber am Klinikum, würden die Rotoren alles nach unten und weiter wirbeln, wo Menschen wohnen, wo sich die Jugendfreizeitstätte befindet, wo die Kleingartenanlage, wo das Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium mit seiner Sportanlage ist. Gesundheitliche Schäden wären sicher.“

Prägnante Zusammenfassung eines Lokalpolitikers: „Eine Farce, das ist absurd, das ist doch einfach idiotisch!“