1. August 2018
„Wir sind nicht gegen eine Kulturnutzung. Die muss aber verträglich organisiert und geregelt werden. Ich lasse mich nicht von Herrn Nöth (Anm. d. Red: Wolfgang Nöth, 75, Münchner Partykönig, Betreiber der Neuen Theaterfabrik an der Musenbergstraße 40 in Johanneskirchen) an der Nase herumführen.“ So kommentierte Robert Brannekämper, Vize-Vorsitzender des Bezirksausschusses und CSU-Landtagsabgeordneter, die beantragte Nutzungsänderung einer Lager- zu einer Veranstaltungshalle mit maximal 1400 Personen, befristet auf zehn Jahre.
Das Kommunalparlament beschloss mit einer Gegenstimme des Grünen Holger Machatschek – „der Platz ist ideal, München ist eine Großstadt, bei der Allianz Arena funktioniert’s doch auch“: Der Bezirksausschuss lehnt den Antrag auf Nutzungsänderung ab, bittet den Antragsteller und die Fachdienststellen der Stadt, sich mit dem Stadteilgremium ins Benehmen zu setzen, um praktikable Besucherzahlen und Veranstaltungskonzeptionen zu entwickeln.
Brannekämper machte klar: 1400 Personen in der Halle und 650 Gäste im angrenzenden, so genannten Spiegelsaal, mehr als 2000 Personen gleichzeitig – „das kann ich mir nicht vorstellen, das gibt massive Probleme bei der An- und Abfahrt und beim An- und Abmarsch der Besucher, das wäre ein Schlag ins Gesicht der Anwohner. Der Spielplan ist bis Februar 2019 fest terminiert, die Stadt darf keine Vorabgenehmigung erteilen.“
CSU-Fraktionssprecher Xaver Finkenzeller blockte die Ausführungen von Machatschek ab: „Die Arena mit der Theaterfabrik zu vergleichen, das ist doch absurd. Keine Sonderausnahmen mehr, wir brauchen ein gscheites Konzept, sonst sind die Anlieger die Deppen.“ Wie übrigens auch im Umfeld der Arena, wo bei Spielen bislang alles zugeparkt war.
Wegen der prekären Verkehrssituation hatte der Bezirksausschuss das Kreisverwaltungsreferat (KVR) gebeten, die Abwicklung des Verkehrs nach einem Konzert Mitte Mai zu beobachten. Bei dem Ortstermin waren auch zwei Vertreter der Branddirektion anwesend.
Fazit der durchgängig fast sechsstündigen Beobachtungen mit Brannekämper und Polizeihauptkommissar Andraes Kneißl, Verkehrsexperte der Polizeiinspektion 22 Bogenhausen: Mehr als eine halbe Stunde vor und in erster Linie nach dem Konzert herrschte in der Temop-30-Zone dichter Verkehr. In der schmalen Straße blockierten sich Fahrzeuge mehrfach. Polizei, Rettungswagen und Feuerwehr hätten kaum eine Chance gehabt, zügig zu und von der Theaterfabrik zu fahren.
Musikalische „Belästigungen“ waren aber nicht zu vernehmen, hingegen stark der Lärm der vorbeirauschenden Züge. Der Sound des Jazzkonzerts und die Besucherzahl – etwa 800 junge Leute – war ein anderer als fünf Wochen zuvor beim Auftritt der Liverpooler Band „The Wombats“ mit mehr als 1000 Besuchern. Die wummernden Wombats-Bässe waren in 150 bis 200 Meter Entfernung vor dem Halleneingang deutlich und klar zu hören, vergleichbar in etwa mit Radio auf Zimmerlautstärke.
Insofern können die beiden Veranstaltungen – Rock- und Jazzkonzert – sowohl hinsichtlich der Besucherzahl und der Stimmung der Fans sowie der Musiklautstärke nicht verglichen werden. Der Check vor Ort fand quasi zu einem falschen Termin statt.
Gleichwohl heißt es in der KVR-Stellungnahme zu den Beobachtungen: „Die erteilten brandschutztechnischen Auflagen wurden augenscheinlich umgesetzt. Im Zufahrtsbereich von der Musenbergstraße zum Veranstaltungsgelände sind derzeit temporäre Beschilderungen zur Freihaltung der Rettungswege aufgestellt.
Die Rettungswege waren vollumfänglich von Fahrzeugen freigehalten, eine hindernisfreie An- und Abfahrt von Rettungs- und Einsatzfahrtzeugen wäre im o. g. Zeitraum jederzeit möglich gewesen.“
Und weiter: „Der Abfluss der Besucherströme mit Personenwagen nach Ende der Veranstaltung war im Bereich der Musenbergstraße im Hinblick auf die Befahrbarkeit der Straße und der Erreichbarkeit der Veranstaltungsgeländes durch Rettungs- und Einsatzfahrtzeuge im o. g. Zeitraum augenscheinlich unauffällig.“
Aber: Zum >o. g. Zeitraum< ist lediglich der Veranstaltungstag 18. Mai angegeben, keine Uhrzeit. Und: Die KVR-Ausführungen decken sich nicht mit den Beobachtungen von unser-bogenhausen.de. Fotos belegen das.