2. März 2019
Am Hüllgraben – einst war das eine freie, teils wilde Landschaftsfläche mit dem Hachinger Bach, im Volksmund der „Hüllgraben“, eine mehr als 15 Hektar große Oase bei Daglfing, ehe der Stadtrat vor zehn Jahren trotz massiven Protesten der Bürger und von Lokalpolitikern beschlossen hat, etwa ein Drittel des Areals in ein Gewerbegebiet umzuwandeln. Heute ist die Umgebung verschandelt, es dominieren das riesige Amazon-Logistikzentrum, die Eisbach Studios und die Hasenkamp-Hallen. In Zukunft könnte es aber noch „dicker“ kommen!
Die Deutsche Bahn (DB) Netz AG will nämlich die stark von Güterverkehr frequentierte Daglfinger und Truderinger Kurve ausbauen und so Bahnabschnitte miteinander verknüpfen. Mit dem Daglfinger Teil soll der Eisenbahn-Nordring an den Umschlagbahnhof Riem sowie an die Strecke nach Freilassing angebunden werden.
Für diese Maßnahme soll der Hachinger Bach unter der Erde verschwinden, soll in Rohre verlegt werden, und zwar unter dem Gleistrog! „Ein Schildbürgerstreich“ kommentierte CSU-Fraktionssprecher Xaver Finkenzeller im Kommunalparlament. Kommentar eines Besuchers der Tagung: „Des is idiotisch!“ Die >Verrohrung< lehnen die Mitglieder des Bezirksausschusses strikt ab. Sie wollen vielmehr – und das bereits seit vielen Jahren – eine Renaturierung. Die Lokalpolitiker erachten den Gleisausbau zwar als sinnvoll, fordern aber eine andere als die vorgelegte Planung.
Und: Kurvenausbau (Baubeginn 2026, geplante Fertigstellung 2030) sowie Verlegung der S8, der S-Bahn von und zum Flughafen im Erdinger Moos – gemäß Finkenzeller „wird der Tunnel laut Bahnangaben bei der Projektvorstellung der Daglfinger und Truderinger Kurve Ende Januar nicht vor 2040 fertig sein“ – müssen gleichzeitig erfolgen.
„Nein zur derzeitigen Planung der Daglfinger Kurve“ – so ist ein dreiteiliger Antrag der CSU-Fraktion überschrieben. Im ersten Papier wird die Stadt aufgefordert, „unverzüglich darauf einzuwirken, dass das Projekt Daglfinger und Truderinger Kurve nur gemeinsam, in einem Projekt mit der Untertunnelung des Streckenabschnitts Daglfing bis Johanneskirchen realisiert wird.“
Denn 2030 gegenüber 2040 „führt dazu, dass bis kurz vor der Haltestelle Daglfing eine Troglage entsteht. Am Ende der Troglage, in Daglfing, ist eine erhebliche Schallzunahme zu erwarten. Und unabhängig davon wird die verkehrliche Belastung (Finkenzeller: „mehr Güterverkehr, bis zu 700 Meter lange Züge“) stark in den zehn Jahren zunehmen. Die schon heute oft geschlossenen Schranken werden dann wohl nur noch selten eine Ost-West-Verbindung zulassen“, heißt es in der Begründung der Initiative. Finkenzeller im Plenum: „Die Schranken sind nur noch unten.“
In Teil zwei des Vorstoßes wird die Stadt aufgefordert, im Rahmen der Realisierungsmaßnahme „alle notwendigen Schritte einzuleiten, dass der Hüllgraben / Hachinger Bach nicht, wie die derzeitigen Planentwürfe vorsehen, auf einer Länge von knapp zwei Kilometer unterirdisch >verrohrt< wird, und sicherzustellen, dass Bäume und Sträucher nicht durch einer Veränderung des Bachs beschädigt oder zerstört werden.“ Die Bahn erachtet nämlich die >Verrohrung< wegen sonst entstehenden „erheblichen Zusatzkosten“ als notwendig. Vielmehr müssen die Gräben nachhaltig renaturiert und offen gelegt werden, erklärte Juris Finkenzeller. Und: „Kein Fisch schwimmt zwei Kilometer in einem Rohr.“
Bezirksausschuss-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) assistierte: „Die >Verrohrung< hat Auswirkungen auf die Natur, das Wasser kann dann wohl nicht mehr richtig fließen. Ein Rohrsystem könnte das Ende des Hachinger Bachs sein.“
Im dritten Antrag wird die Stadt aufgefordert, Verkehrszahlen einzuholen und darzulegen. Und zwar bezüglich der zusätzlich verkehrenden Züge durch die Realisierung der Daglfinger und Truderinger Kurve sowie zur „beabsichtigten Verkehrsmehrung zur vollständigen Untertunnelung der Strecke Daglfing – Johanneskirchen.“ Denn laut DB „besteht ein erheblicher Mehrbedarf an Verkehrsbewegungen“.
Das einstimmige Votum zum Antragspaket kommentierte SPD-Sprecherin Karin Vetterle: „Es freut mich, dass wir wieder mal einer Meinung sind, harmonischer geht’s nicht!“