23. Juli 2019
München baut seit einigen Jahren vermehrt Kunstrasenplätze, da diese durch die ganzjährige Bespielbarkeit überzeugen. Bezüglich Umweltverschmutzung durch Mikroplastik aus Gummigranulat sowie eine mögliche gesundheitsschädigende Wirkung von eingesetztem Gummigranulat, vor allem aus Altreifen, gibt es aber auch kritische Stimmen.
Hintergrund für Bogenhausen: Auf der Sportanlage des 1922 gegründeten FC Rot-Weiß Oberföhring an der Johanneskirchner Straße soll ein Kunstrasenplatz angelegt, auf dem Areal der Bezirkssportanlage an der Fritz-Lutz-Straße soll der Kunstrasenplatz erneuert werden.
In Abstimmung mit dem Baureferat und dem Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) nahm Beatrix Zurek, Chefin des Referats für Bildung und Sport (RBS), Stellung zu einer Anfrage im Stadtrat. Nachfolgend redaktionell bearbeitete Auszüge.
Frage: Welche Form von Kunstrasen setzt die Stadt derzeit auf ihren Sportanlagen ein?
Abgesehen von wenigen Vollkunstrasenplätzen (ohne Füllung) für Hockey setzt die Stadt bei Modernisierungen und Neubauten von Kunstrasenplätzen für Fußball den Kunstrasenplatztyp der dritten Generation mit einer Füllung aus Quarzsand und Granulat ein.
Frage: Welche Anbieter mit welchen Produkten gibt es derzeit am Markt und durch welche Eigenschaften unterscheiden sich die Produkte?
Nach unserem Kenntnisstand existieren in Deutschland derzeit drei bis vier, europaweit circa ein Dutzend Anbieter, die Kunstrasenbeläge für den Einsatz auf Sportanlagen herstellen. Die Produktpaletten der einzelnen Firmen ähneln sich. Überwiegend werden Kunstrasenbeläge für unterschiedliche Sportarten angeboten. Die elastischen Verfüllmaterialien werden in der Regel zugeliefert und werden nicht von den Produzenten der Kunstrasenbeläge selbst hergestellt. Nach der jeweiligen Art des Füllstoffs (Recycling-Granulat, Granulat aus Neumaterial oder Kork) gibt es mehrere entsprechend spezialisierte Unternehmen in Europa.
Frage: Welche Verfüllmaterialien kommen auf den städtischen Plätzen zum Einsatz? Gibt es derzeit Plätze mit Verfüllmaterial, welches aus Altreifen hergestellt wurde? Frage: Bis wann soll Verfüllmaterial aus Altreifen ausgetauscht werden?
Seit ca. zehn Jahren werden zur Verfüllung von Kunstrasen Quarzsand und neues, unrecyceltes EPDM-Granulat (Anm. d. Red.: Ethylen-Propylen-Dien-Monomer – ein synthetischer Kautschuk) verwendet. Derzeit gibt es noch zwei Plätze im städtischen Unterhalt, auf welchen Recycling-Granulat mit Bestandteilen aus Altreifen vorhanden ist.
Das Granulat auf den beiden verbliebenen Plätzen wird bis Ende 2019 ausgetauscht.
Frage: Welche anderen Verfüllmaterialien gibt es auf dem Markt?
Neben einer Füllung aus reinem Quarzsand (ohne Granulat) werden Produkte aus Naturmaterialien, Kunststoffen und Kombinationen aus beiden Materialien erprobt.
Frage: Hat sich die Stadt schon mit Kork als Verfüllmaterial auseinandergesetzt? Wenn ja, zu welcher Einschätzung ist sie gekommen?
Kork als Verfüllmaterial ist uns bekannt. Auf Grund der nicht ausreichenden Erfahrungen in der Praxis kann jedoch keine abschließende Einschätzung abgegeben werden.
Frage: Wie wird / wurde bisher entschieden, welcher Belag und welches Verfüllmaterial ausgewählt wird?
Gemäß dem Beschluss des Schul- und Sportausschusses vom 22. September 2010 kommen Kunstrasenplätze auf städtischen Sportanlagen – ergänzend zu Naturrasenplätzen – dort zum Einsatz, wo Plätze so intensiv genutzt werden, dass ein Naturrasenbelag dem Nutzungsdruck nicht standhalten kann.
Die Entscheidung, welche Art von Kunstrasenplatztyp im konkreten Fall eingesetzt wird, ist abhängig davon, welche Sportart auf dem Platz schwerpunktmäßig ausgeübt wird. Für Hockey ist ein Vollkunstrasenplatz (ohne Füllung) von Verbandsseite vorgeschrieben. Für Fußball ist dieser Typ nicht geeignet. Hier weist der Kunstrasenplatz der dritten Generation (Füllung aus Quarzsand und Granulat) aktuell die besten Spieleigenschaften auf. Da auf den städtischen Freisportanlagen Fußball mit Abstand die am meisten ausgeübte Sportart ist, wird hier aktuell überwiegend der Kunstrasenplatztyp der dritten Generation (Füllung aus Quarzsand und Granulat) eingesetzt.
Frage: Wie viel Verfüllmaterial muss jährlich auf den städtischen / den an die Sportvereine übergebenen Plätzen nachgefüllt werden?
Auf den städtischen Sportanlagen werden auf einem Großspielfeld circa 0,5 Tonnen EPDM-Granulat pro Jahr nachgefüllt.
Frage: Hat die Stadt darüber Kenntnis, in wie weit das Verfüllmaterial verweht oder durch die Sportler „ausgetragen“ wird?
Dazu gibt es keine gesicherten Erkenntnisse.
Frage: Führt die Stadt regelmäßige Kontrollmessungen durch?
München führt auf bestehenden Kunstrasenplätzen keine Kontrollmessungen durch.
Frage: Wer entscheidet welche neuen Formen von Kunstrasen ausgewählt werden und nach welchen Kriterien wird ausgewählt?
Die Entscheidung, welcher Sportplatzbelag wo eingesetzt wird, liegt im Aufgabenbereich des RBS und wird in Abstimmung mit dem Baureferat getroffen.
Frage: Welche Bedeutung haben ökologische und gesundheitliche Kriterien bei der Auswahl von Kunstrasen?
Soweit der Verwaltung konkrete Anhaltspunkte oder Erkenntnisse vorliegen, werden bei der Auswahl der Platzbeläge neben sport- und baufachlichen sowie ökonomischen Kriterien insbesondere ökologische und gesundheitliche Gesichtspunkte berücksichtigt. Ein Beispiel hierfür ist der Verzicht auf Recycling-Granulat, da dieses bereits vor einigen Jahren wegen möglicher Gesundheitsgefahren in die Kritik gekommen ist.
Aktuell liegt das Thema einer möglichen Umweltverschmutzung durch Granulat in städtischen Kunstrasenplätzen zur federführenden Bearbeitung im RBS auf dem Tisch. Das Referat führt hierzu gemeinsam mit dem Baureferat und dem RGU eine fachliche Recherche durch und wird dem Stadtrat die Ergebnisse mit einer belastbaren Handlungsempfehlung – voraussichtlich Ende 2019 – zur Entscheidung vorlegen.
Frage: Hat sich die Stadt bereits mit Hybridrasen auseinandergesetzt? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Das Thema >Hybridrasen – eine nachhaltige Alternative für Münchens Sportplätze?“< wurde im Rahmen des letzten Sportbauprogramms im Sportausschuss am 10.September 2018 behandelt. Das RBS und das Baureferat haben hier erläutert, warum Hybridrasen aus sport- und baufachlicher Sicht derzeit keine adäquate Alternative für Kunstrasen darstellt. Hybridrasen wurde bereits vor einigen Jahren als mögliche Alternative für Kunstrasen auf einem städtischen Rasennebenplatz der Bezirkssportanlage Demleitner Straße in besonders strapazierten Bereichen (zum Beispiel Torraum) zu Testzwecken eingesetzt. Sowohl die Rückmeldungen des städtischen Anlagenpersonals als auch die der Nutzer waren jedoch negativ. Daher wurde von einem weiteren Einsatz von Hybridrasen Abstand bisher genommen.
Frage: Können die derzeit eingesetzten Rasenbeläge am Ende ihrer Lebenszeit recycelt werden?
Ausgebaute Kunstrasenplätze werden einer Wiederverwertung zugeführt. Nach unserer Kenntnis gibt es Verfahren, die den Kunstrasen und das Füllmaterial aufbereiten und die Stoffe verwerten.