6. August 2020

Absurd? Kurios? Hirnlos? Was passt eigentlich am besten zu den Planungen und zu den Aussa­gen der Verantwortlichen bezüglich des Neubaus des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums (WHG) im Klima­park am Salzsenderweg?

Am 14. Januar hatte unser-bogenhausen.de berichtet, dass nur eine Dreifachsport­hal­le – so war im Dezember 2019 der Bebauungsplan im Planungsausschuss des Stadtrats verabschiedet worden – vorgesehen ist statt einer notwendigen Vierfachhalle entsprechend des Sportflächenbedarfs fürs G9. Eine „Einfachhalle“ wurde „vergessen“, fehlt also im Komplex des mehr als 40 Millionen Euro (!) teuren Pro­jekts. Und: In den einzelnen Klassenzimmern sind keine Waschbecken einge­plant …

Zu den Waschbecken: Per Antrag der CSU-Fraktion im Bezirksausschuss – einstimmig verab­schie­det – wird das Referat für Bildung und Sport (RBS) aufgefordert, „schnellstmöglich die Pläne für den Neubau des WHG zu ändern und wieder den Einbau von Waschbecken in den einzelnen Klas­senzimmern einzuplanen.“

Man – Lehrerinnen und Lehrer, Eltern, Verwaltungsmitarbeiter, Mädchen und Buben – stelle sich mal vor: Am Ende einer Unterrichtsstunde rennen alle Kinder entsprechend der Hygieneregeln in die Toiletten, um sich die Hände zu waschen. Die folgende Schulstunde, 45 Minuten lang, wäre glatt vorbei!

In der Begründung der Initiative vom Bezirksausschuss-Vorsitzenden Florian Ring (CSU; in der Schulleitung eines Gymnasiums tätig) heißt es: „Die Verlangsamung der Infektionsraten bei der Corona-Pandemie konnte in Deutschland er­folg­­reich erreicht werden. Dies bedeutet aber, dass uns diese Erkrankung mit hoher Wahrschein­lich­keit noch lange begleiten wird. Schon einfache Hygie­ne­maßnahmen, wie regelmäßiges Hän­de­waschen, können helfen, die weitere Verbreitung des Virus einzudämmen. Dies sollte auch außer­halb der Pandemie gelten und den Schülern vermittelt wer­den. Waschbecken in Klassenzimmern sind auch bei einem kreidelosen Arbeiten ein notwendiger und sinnvoller Bestandteil eines Schul­gebäudes.“

Dazu passt eine Forderung der CSU-Fraktion im Stadtrat ans RBS: Bei Schulneubauten und bei Schul­erweiterungen muss künftig den Klassenräumen wieder mindestens ein Waschbecken einge­plant werden.

Seitenansicht des neuen Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums (WHG) am Rand des Klimaparks vom Standpunkt Salzsenderweg gesehen. Visualisierung: Hascher Jehle Architekten

Zum Sporthallen-Debakel: unser-bogenhausen.de liegt ein Schreiben vom 17. Oktober 2018 des Zentralen Immobilienmanagements (ZIM) im RBS an den „RBS Geschäftsbereich“ vor: „Die Beauf­tra­gung des Vorplanungsauftrages vom 05.09.2018 können wir nicht mitzeichnen, da sich auf Grund von G9 die Bedarfe der Sportflächen erhöhen.“ Nämlich eine Dreifachturnhalle und eine Ein­fachhalle. Man hatte also eine Halle nicht „vergessen“ sondern die Fakten schlichtweg ignoriert.

Siegfried Trautmannsberger, Leiter Neubauten im RBS / ZIM, erklärte jetzt im Untergremium Stadt­pla­nung und Bauordnung des Kommunalparlaments: „Die Planung entspricht dem Auftrag des Stadtrats.“ Auch der Bezirksaus­schuss habe dem nie widersprochen. Also ob den Lokalpolitikern die detaillierten Maßgaben fürs G9 vorliegen. Laut Baureferat müssten bei Änderungen an der vorliegenden Planung „einige Planungsschritte wie­­derholt“ werden. Welche Verzögerungen sich dadurch entstünden, „das kann man nicht ein­schät­zen, wir würden aber gewaltig an Zeit verlieren.“ Und das alte WHG im Arabellapark könne nicht mehr weiter genutzt werden, weil dort außer sicherheitsrelevanten Maßnahmen keine Instandhaltungen mehr vorgenommen worden seien.

Zum geplanten Ablauf der Sportstunden: In der neuen Grundschule an der Ruth-Drexel-Straße im Prinz-Eu­gen-Park bestehe „eine Ausweichmöglichkeit zur Mitbenutzung“. Zum Einwand von Robert Branne­kämper, CSU-Landtagsabgeordneter, dass der Weg dorthin „elf Minuten beträgt und der Rückweg ebenfalls elf Minuten plus Zeit zum Umziehen“ und so von einer Doppelstunde gerade mal eine Stunde Sport übrig bleibt, hieß es: Sportstunden würden bevorzugt an den Beginn oder das Ende eine Schultags gelegt, so dass die Wegzeit für eine Sporteinheit nur einmal anfällt. Nun denn. Ob das alles so einfach zu planen ist? Petra Cockrell (Grüne) war empört: „Die Schüler tingeln durch den halben Stadtbezirk. Im Winter würde das extrem problematisch“.

Brannekämper kommentierte: „Das ist eine zweitklassige Planung. Das ist eine suboptimale Lö­sung. Wollen wir sehenden Auges mit solch einer Planung ins Verfahren starten? Und in 30 Jahren zu hören bekommen, warum die Politik damals die Planung nicht gestoppt hat? Das ist ein großes Pro­blem.“ Zudem wies er darauf hin, dass es möglicherweise bedingt durch eine zweite Corona-Welle zu Verzögerungen kommen könnte, die Stadt eventuell zu Einsparungen gezwungen ist. Daher sei ein Plan B, eine alternative Planung, notwendig.

Ausschnitt der Fassade eines von drei ovalen Komplexen am neuen Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium. Visualisierung: HascherJehle Architekten

Christiane Hacker (SPD) unterstützte diese Forderung und erklärte: „Wir brauchen auf jeden Fall eine vierte Halle, denn die Halle an der Ruth-Drexel-Schule wird über kurz oder lang von den Vereinen besetzt.“ Architekt Lutz Heese (CSU): „Eine vierte Halle ist eine reine Planungsaufgabe.“ Dazu ergänzend CSU-Stadtrat Jens Luther: „Eine Umplanung ist gut investiertes Geld.“

Der Beschluss der Bezirksausschusses: Der WHG-Neubau ist „sehr dringlich, jedoch hält er die Planungen in der aktuellen Form für nicht akzeptabel.“ Die Referate sollen ausreichend Sporthal­lenflächen „auf dem Gelände in unmittelbarer Nähe schaffen, zum Beispiel durch Tieflage der Halle oder an Stelle der Hartplatzes an der benachbarten Knappertsbuschschule.“

Notiz am Rand aus dem Umweltgremium: Für den Gymnasiumsbau ist die Fällung von 62 Bäumen vorgesehen, davon 39 unter Baumschutz stehende; 58 Nachpflanzungen sind angesetzt. Das akzeptieren die Lokalpo­li­tiker nicht so einfach, sie wollen „konkrete Details zu Lage, Art und Größe der betroffenen Bäume“ von der Stadtverwaltung.