12. August 2020

Das staatliche Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium (WHG) an der Elektrastraße im Arabellapark – das größte Gymnasium Münchens, anno 1974 fertig gestellt, seinerzeit konzipiert für 900 Schüler, zum gerade beendeten Schuljahr von 1350 Jugendlichen besucht, mehr als 100 Lehrkräfte – be­fin­det sich technisch gesehen im Zeit­alter des Röhrenfernsehens, ist eine digitale Wüste. Und das in Corona-Pandemie-Zeiten! Direktor Uwe Barfknecht, Lehrer, Elternbeirat und die drei Schul­spre­cher schlugen jetzt im Bezirksausschuss Alarm. Ein Hilferuf, besser ein Hilfeschrei! Wie soll es nur nach den Ferien, ab 7. September, weiter gehen?

Barfknecht, seit einem Jahr Leiter des WHG: „In Corona-Zeiten zu unterrichten ist schwierig. Oh­ne digitale Ausrüstung ist es eine Zumutung, ist Unterricht nicht möglich. Wir haben nicht einmal ein flächendeckendes WLAN.“ Schon lange vor Corona habe er im Referat für Bildung und Sport (RBS) um einen entsprechenden An­schluss nachgesucht – abgelehnt! Die Begründung: Daten­schutz. „Der Datenschutz ist doch längst hinfällig, weil wir alle von zu Hause arbeiten.

Und weiter: Es gibt keine einzige Webcam, wir haben nicht einmal Headsets“. Videokonferenz-Un­ter­­richt ist also nicht möglich. Private Initia­tiven seien abgeschmettert worden. „Die Leh­rer machen alles auf ihren privaten Geräten, es gibt keine Schul-Laptops für sie. Dieser Zustand macht uns allen, vor allem im Hin­blick auf das kommende Schuljahr, Angst.“

Die Eltern, vertreten durch die Beiräte Nicki Schieb und Dagmar Ruhwandl, „sind verzweifelt, machen sich große Sorgen. Wir befürchten, dass es nach den Ferien noch nicht >nor­mal< weiter gehen wird. Auf alle Fälle wollen wir vorbereitet sein. Wir wollen, dass unsere Kinder sowohl in der Schule als auch zu Hause gut unterrichtet werden können. Das RBS lässt uns im Stich.“ Der Beirat fordert „umge­hend eine digitale Infrastruktur zu schaffen, unverzüglich die Anschaffung von Note­books für alle 116 Lehr­kräfte“ einschließlich einer technischen Ausstattung am WHG.

Die Schülersprecher Klara Tebbe, Julius Reinmann und Bonnie Merien haben zur Tagung des Kommunalparlaments eine Presseerklärung verfasst: „Am 5. März wurden am WHG die ersten beiden Corona-Fälle bestätigt, vom einen auf den anderen Tag wurde unsere Schule geschlossen. Schon nach einer Woche begann der Online-Unterricht – mit provisorischen Lösungen, mit großen Proble­men. Drei vorhandene WLAN-Router decken so gut wie kein Klassenzimmer mit einer ausreichen­den Bandbreite ab. Wir fordern, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer in Zukunft mit dem Online-Unterricht nicht mehr allein gelassen werden und die Unterstützung erhalten, die nötig ist.“

Das Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium (WHG) an der Elektrastraße: ein in die Jahre gekommener Komplex, in dem eine (Corona-) zeitgemäße digitale Infrastruktur fehlt. Foto: hgb

Robert Brannekämper, CSU-Landtagsabgeordneter, war sichtlich verärgert: „Das ist eine Schan­de. Und das in einer der reichsten Städte Deutschlands. Die Datenschutzgründe sind nicht nachvoll­ziehbar. Wenn es das RBS nicht auf die Reihe bringt, macht es der Bezirksausschuss. Dann neh­men wir als städtisches Gremium einfach 10 000 bis 15 000 Euro aus unserem Budget und müssen nicht länger zusehen. Es kann nicht sein, dass wir in die nächste Corona-Krise reinschlittern und dann immer noch so dastehen.“

Diesem Vorschlag stimmte das Plenum ebenso zu wie einem Antrag der Grünen-Fraktion, „das WHG schnellstens digital ausrüsten.“ Deren Sprecherin Petra Cockrell hatte erklärt: „Dass das WHG in einen Neubau umziehen wird, ist für die aktuelle Situation nicht relevant. Für die kommen­den zwei bis drei Jahre müssen die technischen Rahmenbedingungen für den Schulbetrieb sicher­gestellt werden.“