21. Dezember 2020
Bezirksausschuss: Grünes Geschwurbel
Es ist eine Zumutung, anders kann man es einfach nicht benennen, wie sich die Fraktion der Grünen, offiziell „Bündnis 90 / Die Grünen“, gegenüber Bürgern, Lokalpolitikern und Pressevertretern bei Tagungen des Bezirksausschusses präsentieren. Zum dritten Mal binnen weniger Monate heizten sie mit ausführlichen Statements, mit Geschwurbel – statt kurz und knackig gerade in Pandemie-Zeiten und so mit Rücksicht auf die Anwesenden – die Stimmung vor Beginn der Sitzungen unter dem Punkt „Allgemeines“ an, sorgten im Gremium für reichlich Verdruss.
Im ersten Fall ging „Radio Grün“ mit der Debatte um die künftigen Sitzungslokale auf Sendung. Dauer: 92 Minuten. Im zweiten Fall ging’s 70 Minuten darum, wie man sich in Zeiten der Corona-Pandemie bespricht, ob man ab einem bestimmten Inzidenzwert auf öffentliche Zusammenkünfte verzichten soll. Und bei der Dezember-Tagung verbissen sie sich (Dauer knapp eine Stunde) in einem Brief von Bezirksausschuss-Chef Florian Ring (CSU) „an die Bürgerinnen und Bürger des Stadtbezirks 13 Bogenhausen.“ Hintergrund des Schreibens: Da Corona bedingt ja keine Bürgerversammlungen stattfinden können, informierte Ring über die wichtigsten Themen im Stadtbezirk.
Ganz offensichtlich kommen die Grünen nicht damit klar, dass sie nicht wie in der vergangenen Legislaturperiode den Bezirksausschuss (an-)leiten, sprich: den / die Vorsitzende(n) stellen, so dass sich weder CSU noch SPD noch FDP mit ihnen eine Zusammenarbeit vorstellen konnten und können. Stattdessen besagte ellenlange Ausführungen. Als ob es in Bogenhausen keine anderen Probleme gibt…
Grünen-Fraktionssprecher Samuel Moser (22, Student) hatte – in Abwesenheit seiner wortgewandten und wortgewaltigen Co Petra Cockrell – moniert, dass „der Vorsitzende, nicht wie in anderen Münchner Bezirksausschüssen erfolgt, vorab mit den Fraktionen zum Inhalt des Schreibens an die Bürger Rücksprache gehalten hat“. Es war klar, was Moser bestätigte, dass ein Haushaltsbrief versandt wird. Gleichwohl im sechsköpfigen Vorstand mit Gunda Krauss (zweite Stellvertretende Vorsitzende) und Mariam Grottenthaler (zweite Beisitzerin) ein Grünen-Duo vertreten ist.
Martin Düchs (ÖDP), wie Moser neu im Bezirksausschuss: „Das hätte man vorher per E-Mail verteilen können. Im Brief sind Positionen mit CSU-Handschrift. Die CSU macht Kasperltheater.“
Christiane Hacker (SPD; vormals 13 Jahre lang Chefin des Kommunalparlaments, danach Stadträtin) zum Haushaltsbrief: „Das ist doch unsäglich. Der Rechenschaftsbericht des Vorsitzenden muss niemanden vorgelegt werden. Auch bei einer Bürgerversammlung ist das nicht der Fall. Es geht nicht an, den neuen, frischgebackenen Vorsitzenden zu demontieren.“
Peter Reinhardt (CSU) sprach Klartext: „Herr Moser, Sie können’s nicht wissen, Sie gehören dem Gremium ja erst seit einigen Monaten an. Der Vorsitzende ist nicht verpflichtet, den Haushaltsbrief abzustimmen. Sprechen Sie doch mal ihre Mitglieder im Vorstand an. Herr Moser, Sie machen aus dem Gremium ein Kasperltheater, Sie treten immer öfter Themen breit.“
Xaver Finkenzeller (CSU-Fraktionssprecher) >glühte<: „Lieber Kollege Moser, Sie sollten doch mal die Geschäftsordnung und die Satzung lesen, die Sie bei Ihrer Vereidigung erhalten haben. Ihre Aussagen sind völlig absurd und überzogen. Man kann auch die Reden von Söder und Merkel nicht vorher lesen. Das alles regt mich elementar auf. Ich hab’s langsam satt. Welcher Satz in dem Brief ist eigentlich falsch? Keiner! Welchen Satz finden Sie problematisch? Keinen! Also alles eine heiße Luftnummer, ein Kindergarten, ein Affentheater.“
Robert Brannekämper (CSU-Landtagsabgeordneter) konnte es kaum fassen: „Ich bin erschüttert. Solch eine Diskussion hatten wir in den vergangenen 20 Jahren nicht. Der Inhalt eines Rechenschaftsberichts wurde noch nie abgestimmt. In Ihrer Fraktion herrscht zu viel Ahnungslosigkeit.“
Florian Ring versuchte zu besänftigen: „Ich stehe zu meiner Meinung. Demokratie ist und bleibt unbequem. Man darf bei jedem Punkt auch anderer Meinung sein. Und das ist gut so.“ Als er dann erzählte, welche Reaktionen neben Anregungen er bekomme, wurde es ganz still im Saal: „Du Idiot“ (Ring: >das nehme ich einfach mal so hin<). Und: „Ich warte, bis ich dich abends mal erwische…“ Schweigen in der Runde, die Themen der Tagesordnung konnten endlich behandelt werden.
Zum besseren Verständnis der Text des Rundschreibens von Ring: