1. Februar 2018

Das (nächste) Verkehrschaos ist programmiert, doch die Mitglieder des Bezirksausschusses stem­men sich mit aller Macht dagegen: Ab Montag, 7. Mai, plant die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) in „vier Hauptphasen mit jeweils sechs Wochen Dauer“ auf einer Länge von knapp zwei Kilo­meter in der Ismaninger Straße bis Herkomerplatz neue Schienen für die Straßenbahn zu verlegen. Dadurch wäre der Abschnitt (zunächst) stadtauswärts eine Einbahnstraße. In den Sommerfreien müsste der Herkomplatz komplett gesperrt, von und nach St. Emmeram der Trambetrieb eingestellt werden.

Die Lokalpolitiker forderten nach einem Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion die Stadt einstimmig auf, die Maßnahme nicht durchzuführen.

Und: Die Stadt soll umgehend den Beschlüssen des Kommunalparlaments nachkommen, „die Ismaninger Straße – insbesondere für Fahrradfahrer – auszubauen. Die Anträge wurden bisher da­mit zurückgewiesen, dass eine Neukonzeptionierung nur im Rahmen von Gleisbauarbeiten möglich wäre – dies ist jetzt die Chance. Auch könnten an einigen Stellen zusätzliche Parkplätze gewonnen werden. Einzelmaßnahmen sollen mit dem Bezirksauschuss zeitnah besprochen werden.“

In der Begründung des von Robert Brannekämper, stellvertretender Vorsitzender des Bezirksaus­schusses und CSU-Landtagsabgeordneter, Fraktionssprecher Xaver Finkenzeller und Peter Rein­hardt gezeichneten Antrags wird ausgeführt:

Seit Jahren bemühen wir uns um die Verbesserung der Situation für Radfahrer auf dieser wichtiger Verbindungsstraße. Die Herstellung eines durchgängigen Radwegs war bisher unter dem Hinweis auf die Anordnung der Gleise nicht möglich, weswegen der Bezirksausschuss darum gebeten hat, im Fall einer Gleiserneuerung frühzeitig mit einbezogen werden, um Verbesserungspotentiale zu eruieren.

Eine Überlegung der Lokalpolitiker zur Überplanung der Ismaninger Straße: Bei der Haltestelle Stenwartstraße könnte eine Verlegung der Gleise sinnvoll sein, da dort der Gehweg auf der einen Straßenseite sehr schmal, dafür auf der gegenüberliegenden Seite (Foto) überdimensional breit ist. Foto: hgb

Eine umfassende Überplanung böte gemäß CSU-Argumentation gleichzeitig an einzelnen Stellen, wie zum Beispiel auf Höhe der Kreuzung Wehrlestraße, die Möglichkeit, zusätzlichen Parkraum zu schaffen.

Auch Bürgeranträge für eine Straßenquerung auf Höhe der Haltestelle Holbeinstraße könnten überprüft werden. Und im Bereich der Haltestelle Stenwartstraße könnte eine Verlegung der Gleise sinnvoll sein, da in diesem Bereich der Gehweg auf der einen Straßenseite sehr schmal, dafür auf der gegenüberliegenden Seite überdimensional breit ist.

Bezüglich des Radwegausbau konstatierte zustimmend Martin Tscheu (SPD), Vorsitzender des Unterausschusses Verkehr: „An der Ismaninger Straße muss etwas passieren!“

Als „Pfusch“ kanzelte Holger Machatschek (Grüne) die ausgeführten Gleisarbeiten in Vergangenheit ab. „Es ist nicht sauber gearbeitet worden“, meine Reinhardt, „es gibt jetzt aber die Möglichkeit, die Situation zu verbessern, die Ismaninger Straße städtebaulich attraktiver zu machen. Es muss eine vernünftige Überplanung her, ohne Parkplätze zu streichen.“

Warum muss die Schienenerneuerung eigentlich sein? Dazu hatten sechs (!) MVG-Fachleute bei der Besprechung des Untergremiums Verkehr Stellung genommen.

  • Den Angaben zu Folge sind die Gleise etwa 19 Jahre alt, haben sehr wenig Erschütterungsschutz; daher ist die Tram sehr laut, was tatsächlich so ist. Mit den neuen Schienen komme ein wesentlich besserer und auch teurer Erschütterungsschutz. Überdies bedürfe der Straßenbelag einer Überho­lung, „der Unterbau entspricht nicht mehr der neuesten Bautechnik“. Das MVG-Fazit: Es muss alles von Grund auf erneuert werden. Damit könnten auch die Unterhaltskosten gesenkt werden
  • Da die Ismaninger Straße „zu eng ist“, können die Arbeiten nur halbseitig durchgeführt werden, man brauche deshalb den doppelten Zeitaufwand. Maschinen und Baustelleneinrichtung benötigten viel Platz, „was den Wegfall von Parkplätzen bedingt und auch Fuß- und Radwege beeinträchtigt.“
  • Während der Maßnahmen wird es laut MVG einen so genannten Schienersatzverkehr (SEV) geben, also Busse eingesetzt, wobei der Verlauf noch nicht feststeht. Es werde unter anderem überlegt, den SEV durch die Maria-Theresia-Straße zu führen, die dann eine Einbahnregelung bekommt.
  • Die Vier-Phasen-Unterteilung ist notwendig, da die Gleise am Herkomerplatz nur in den sechs Wochen während der Sommerferien ersetzt werden können. In diesen eineinhalb Monaten soll der Herkomerplatz komplett gesperrt werden. Und: „Kein Trambetrieb von und nach St. Emmeram möglich.“
  • Zum geforderten Radweg hat die MVG – sie hatte sich dafür als nicht zuständig erklärt – beim Planungsreferat nachgefragt. Die protokollierte Antwort: Es gibt für einen zusätzlichen Radweg auf der Strecke der Schienenbaumaßnahme keinen Bedarf. Und: Die MVG ist laut Planfeststellungs­verfahren zum Austausch der Schienen am gleichen Ort verpflichtet. Andernfalls, wenn eine Verschwenkung des Schienenwegs zu Gunsten eines zusätzlich Radwegs gewünscht wird, müsste das Planfeststellungsverfahren geändert werden. Dies würde die Maßnahme um drei bis vier Jahre verzögern.
  • Warum der Bezirksausschuss nicht früher in das Projekt eingebunden worden ist – darauf erhielten die Lokalpolitiker von den MVG-Leuten keine Antwort.

Ein Tramexperte in Reihen des Stadtteilgremiums – Karl Nibler (Grüne), von Beruf Straßenbahn­fahrer – überraschte bei der Beratung mit einer Erläuterung, die keinem bekannt war: „Sind die Gleise abgefahren, zu stark abgefahren, dann besteht die Möglichkeit der Einführung einer Tempo­begrenzung der Tram auf 20 km/h.“

Wie auch immer, bis Anfang Mai ist nicht mehr all zu viel Zeit den Komplex kompakt zu planen, eine Entscheidung pro oder kontra Schienenerneuerung zu treffen. Für Aufregung ist gesorgt!

Auf einer Länge von knapp zwei Kilometer auf der Ismaninger Straße bis Herkomerplatz plant die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) ab 7. Mai die Gleise zu erneuern. Der Bezirksausschuss fordert von der Stadt, die Maßnahme nicht durchzuführen, will eine Überplanung mit Bau der längst geforderten Radwege. Foto: hgb