12. Juli 2019

Selten zuvor ist von den Lokalpolitikern ein Bauvorhaben derart in seine Bestandteile zerlegt und einstimmig regelrecht abgeschmettert worden wie jenes der Phorms Bavaria gGmbH, eine Schule am Bogenhauser Kirchplatz, Adresse Maria-Theresia-Straße 35: der Bau einer unterirdischen Turnhalle in Höhe von drei Etagen ohne ein einziges Fenster, ohne Oberlicht – die Baugrube würde laut Architekt Johannes Dotzauer zehn Meter tief – samt zwei jeweils rund 50 Quadratmeter großen Nebenräumen unter der Erde sowie auf dem Baukörper vier Fachsäle, Gesamtlänge circa 30 Meter. Eine Entscheidung muss nun die Lokalbaukommission (LBK) im Planungsreferat treffen.

Im Untergremium Planung des Bezirksausschusses erläuterte Phorms-Geschäftsführerin Patrizia von Möller den Anlass für das Projekt: „Wir stehen vor einer Herausforderung. Wo soll künftig der Sportunterricht für die rund 650 Kinder und Jugendliche stattfinden? Die Nutzung der Halle im HVB-Club am Tucherpark wurde ebenso beendet wie jene in einer kleinen Aula auf dem Dachboden in einem Gebäude am Schatzbogen. Also was tun, wenn wir von niemanden eine Zusage für den Sportunterricht bekommen? Unsere Lösung: eine unterirdische Turnhalle auf Areal unserer Schule.“

Dotzauer zum Projekt, für das bei der Stadt ein Bauantrag gestellt worden ist: „Wir wollen eine Einfach-Turnhalle wie am Wilhelmsgymnasium an der Thierschstraße, Größe 20 mal 30 Meter, mit Treppenhaus etwa 40 Meter breit, rund acht Meter hoch. Dazu kommen zwei Nebenräume für Gymnastik und Turnen sowie Umkleide- und Sanitärräume.

Das Gebäude der Phorms-Schule – Gymnasium, Grundschule, Krippe und Kindergarten – am Bogenhauser Kirchplatz. Foto: hgb

Es wird davon nichts oberirdisch sicht­bar sein. Über der Halle sollen ein wenig seitlich versetzt vier Fachlehrsäle auf einer bestehenden Granitfläche gebaut werden – das sind keine zusätzlichen Klassenzimmer.“

Auf Nachfrage versicherte Dotzauer den Lokalpolitikern und anwesenden Nachbarn der Schule dann noch, „dass kein Baum angetastet wird.“ Die Bauzeit – der Erdaushub beträgt mehr als 6000 (!) Kubikmeter – veranschlagt er mit „etwa 18 Monaten“. In dieser Phase wäre dann der Pausen­bereich entsprechend reduziert. Zu Beeinträchtigungen durch Baulärm äußerte er sich nicht.

Robert Brannekämper, Vize-Vorsitzender des Bezirksausschusses, Chef des Planungsgremiums und CSU-Landtagsabgeordneter, der vorweg betont hatte, „dass er die Schule mag“, war ob des Vorhabens schlichtweg entsetzt: „Der Standort ist für eine Schule eigentlich nicht wirklich geeignet, denn das Grundstück mit dem ehemaligen Verwaltungsgebäude ist dafür zu klein. Das Projekt Sporthalle wäre eine brutale Vollversiegelung der Fläche, die maximale Ausnutzung des Areals, die maximale Bebauung. Was bleibt vom Pausenhof, vom Grün denn noch übrig? Das Grundstück wird vollgeballert mit Nutzung. Dazu kein Licht, keine Luftzufuhr für die Halle – das ist im Prinzip eine Bunkeranlage. Und dafür werden zehn Millionen Euro in die Hand genommen. Das geht in dieser Form nicht.“

Probleme sieht Brannekämper überdies hinsichtlich des Denkmalschutzes – „durch den Gebäude­riegel Fachsäle wird der Blick auf die Arkaden des Hauses versperrt“ – und (nach wie vor) des Verkehrs trotz der eingerichteten Kurzparkzone an der Maria-Theresia-Straße. Denn die Neuberg­hauser Straße ist „auch heute noch zeitweise dicht“.

Auf der Außenanlage der Phorms-Schule will der Betreiber eine unterirdische Turnhalle bauen. Foto: hgb

Der Bogenhauser Vertreter im Maximilianeum bretterte im Kommunalparlament aufgebracht: „Wenn von der Stadt dieses Projekt genehmigt wird, dann kann man die LBK auflösen!“

Und an Dotzauer gewandt: „Je länger ich die Pläne, ihre paar Grundrisse anschaue, desto größer wird meine Skepsis. Warum gibt es keine 3D-Präsentation? Das ist mit dem bestehenden Bebauungsplan nicht in Deckung zu bringen. Machen Sie ihre Hausaufgaben und kommen Sie dann noch mal!“

Christiane Hacker (SPD), vormals beruflich als Sportlehrerin tätig, assistierte: „Ohne Fenster, künst­lich belichtet, ein >Sportbunker<, Belüftung per Klimaanlage, also durch eine Viren- und Bakterien­schleuder – das ist doch völlig unmöglich, unzumutbar, so kann man mit Kindern nicht so umgehen. Das schlechte Beispiel Wilhelmsgymnasium muss man doch nicht wiederholen. Es geht auch anders wie in der Gebeleschule. Dort ist die Turnhalle zu zwei Drittel in der Erde versenkt, ein Drittel mit Oberlichtern ist oberirdisch.“ Und Bezirksausschuss-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser meinte: „Das Ganze ist äußerst problematisch.“

Auch die Anwohner – 28 haben ein Protestschreiben unterschrieben und Rechtsanwalt Benno Ziegler engagiert – wehren sich vehement gegen das Vorhaben. „Es gibt kein Konzept, wo die Schüler in den Pausen hinsollen. Eine Refinanzierung ist doch nur durch mehr Schüler – vier Säle bedeuten 100 Schüler mehr – und höhere Beiträge möglich, “ so ein Mann. Gleichwohl versicherte von Möller: „Es wird nicht mehr Schüler geben, wir können nicht mehr aufnehmen, der Verkehr wird nicht zunehmen.“

Der Zuweg zur Phorms-Schule an der Maria-Theresia-Straße 35. Foto: hgb

Gerade der Bring- und Holverkehr der Schüler durch Eltern ist – wie von Brannekämper moniert – nach wie vor ein Problem. „Die Hälfte der Schüler kommt aus München, die andere Hälfte aus dem Großraum von Freising bis Starnberg.

Jeden Morgen gibt’s in der Neuberghauser Straße eine Stun­de lang Staus, es muss sehr oft rangiert werden. Die Turnhalle würde den Gebietscharakter ändern, er würde gesprengt“, so ein Nachbar. Überdies sei „eine geräuschlose Belüftung der unterirdischen Halle nicht möglich.“

Ziegler verwies auf den Bebauungsplan, der vorsieht, dass der südliche Teil des Geländes, „eine parkähnliche Landschaft“, freizuhalten ist, forderte eine Ablehnung des Antrags. Die LBK solle für rechtskräftige Zustände sorgen. „Wird der Bauantrag genehmigt, so ist der Bebauungsplan 627 b ab absurdurm geführt. Keinem Bürger kann dann mehr erklärt werden, warum er sich an Bebauungspläne halten soll“, so der Jurist.

Es dürfte spannend werden, wie die LBK den Bauantrag angesichts des Präzedenzfalls Wilhelms­gymnasium entscheidet.