9. Juni 2016

Anfang Februar hatte unser-bogenhausen.de exklusiv berichtet, dass die Postbank ihr Finanzcenter in der Raulino-Passage an der Ecke Ismaninger-/Wehrlestraße am Freitag, 30. Juni, schließt. Davon betroffen sind auch die Kunden der Post, die in denselben Räumen Briefe und Pakete aufgeben und abholen können, denn zwischen Postbank und Post gibt’s eine Kooperations­vereinbarung. „Wir gehen davon aus, dass es mit einem Ersatzstandort klappt“, hatte seinerzeit Dieter Nawrath von der Post-Pressestelle Süd versichert. Nun, wenige Tage vor dem Aus: „Leider war die Suche nicht erfolgreich.“ Das bedeutet für die Kunden künftig wesentlich längere Wege.

Die Ankündigung der Schließung hatte bei Bürgern und unter den Vertretern im Bezirksausschuss für massiven Unmut gesorgt. Robert Brannekämper, stellvertretender Vorsitzender des Kommunal­parlaments und CSU-Landtagsabgeordneter, und CSU-Bundestagsabgeordneter Wolfgang Stefin­ger hatten daher umgehend, Mitte Februar, intensive Gespräche mit Post-Vertretern geführt. Sie erhielten die Zusage, dass es keinen ersatzlosen Wegfall der Filiale gebe.

Laut Brannekämper hatte die Deutsche Post erklärt, dass man „kurz vor Vertragsabschluss mit einem Einzelhändler in der Umgebung stehe, um dort Postdienstleistungen anzubieten.“ Auch ein nahtloser Übergang von der Schließung des Finanzcenters zu diesem Angebot wurde zugesagt. Ein unglaublicher Wortbruch!

Einmal mehr wird damit klar, dass kaum kein Gebäude- oder Raumbesitzer der Post Flächen ver­mieten will, da es stadtweit seit Jahren immer wieder massive Probleme gegeben hatte und auch bis dato noch gibt. „Interessenten aus dem Einzelhandel können sich gerne bei uns melden, wir sind für Gespräche nach wie vor offen.“

Diese aktuelle schriftliche Nawrath-Angabe zeugt von Hilflosigkeit, ja verbunden mit ein wenig Naivität. Denn wer rennt der Post schon hinterher – außer Kunden, die auf die Post angewiesen sind. Mütter mit Kindern, Senioren, gehbehinderte Menschen, Personen ohne Auto – sie alle müssen demnächst weite Wege gehen oder mit Bus und/oder Tram zurücklegen. Und das in einem Bezirk mit mehr als 87 000 Einwohnern, ein Stadtteil, der größer ist als beispielsweise Bamberg.

Postbank Finanzcenter und Post-Filiale in der Raulino-Passage an der Ismaninger Straße 136 schließen zum 30. Juni. Räume für eine zugesagte Ersatzfiliale in der Umgebung wurde bis dato nicht gefunden.     Foto: hgb
Postbank Finanzcenter und Post-Filiale in der Raulino-Passage an der Ismaninger Straße 136 schließen zum 30. Juni. Räume für eine zugesagte Ersatzfiliale in der Umgebung wurde bis dato nicht gefunden. Foto: hgb

Zur Anfrage, warum die Post eigentlich nicht die Räume des Postbank Finanzcenters an der Isma­ninger Straße 136 übernimmt – die Möglichkeit hätte dem Vernehmen nach bestanden – führt der Sprecher aus: „Die Deutsche Post AG betreibt keine eigenen Filialen mehr, sondern bietet ihre Leistungen in Kooperation mit Einzelhändlern an.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Stärkung des örtlichen Einzelhandels, deutlich längere Öffnungszeiten und unsere Kunden können mehrere Dinge des täglich notwendigen Bedarfs in einem Geschäft erledigen.“ Groteske Ausführungen, purer Hohn, ja angesichts der Fakten ein Slapstick.

Ausgelöst wurde die Misere durch die Postbank. Pressesprecherin Iris Laduch-Reichel erläuterte schriftlich: „Die Postbank legt ihr Dienstleistungsangebot in der Ismaninger Straße mit dem Finanz­center in der Orleansstraße 52 zusammen. Damit kann die Postbank ihre Dienstleistungen vor Ort weiterhin wirtschaftlich anbieten. Für die Kunden bedeutet dies zwar einen Wechsel von Standort und Ansprechpartnern, die Dienstleistungen von Postbank und Post können sie aber wie gewohnt in Anspruch nehmen. Hierzu plant die Deutsche Post zeitgleich die Eröffnung einer Partnerfiliale in unmittelbarer Nähe des aktuellen Standorts.“

Weiter führte die Sprecherin des Konzerns mit Sitz in Bonn aus: „Den Kunden der Postbank stehen zusätzlich der Geldautomat der HypoVereinsbank, Oberföhringer Straße 2, und die Shell-Station, Grillparzerstraße 15, zur kostenfreien Bargeldversorgung zur Verfügung. “

Ausgangspunkt Ismaninger Straße 136: Die Postbank und die Post in der Orleansstraße nahe beim Ostbahnhof in Haidhausen sind je nach Route mit dem Auto 4,1 bzw. 5,7 Kilometer  entfernt; zum Postbank-/Poststandort Meistersingerstraße in Englschalking sind’s 3,6 Kilometer.

Ausgangspunkt Ismaninger Straße 136: Die nächsten Postfilialen befinden sich im Sheraton-Tower im Arabellapark, Arabellastraße 5 (Abholfiliale für benachrichtige Briefe gemäß Karte im Briefkasten; Entfernung laut Google Maps zwei Kilometer), in der Buschingstraße 4 in der Parkstadt Bogenhausen sowie in Haidhausen in der Einsteinstraße 129 (Abholfilialen für benachrichtige Pakete gemäß Karte im Briefkasten; Entfernung jeweils 1,6 Kilometer).

„Bei ausreichend vorhandener Nachfrage knüpfen wir unser Filialnetz dichter und betreiben mehr Filialen als gesetzlich vorgeschrieben. Siehe hierzu auch www.postfinder.de“, so Nawrath im Zusammenhang mit dem Stichwort >Pflichtstandort<, also dem Ersatz für die Ismaninger Straße. Dazu führt der Presssprecher aus:

„Laut Postuniversaldienstleistungsverordnung (Anm. d. R.: Abkürzung PUDLV) muss die Deutsche Post in Gemeinden mit mehr als 4000 Einwohnern in zusammenhängend bebauten Gebieten für die Kunden in maximal 2000 Metern eine Postfiliale erreichbar sein, Diese gesetzliche Vorgabe halten wir in ganz Deutschland und somit auch in München ohne Wenn und Aber ein.“ Kurzum: Die Post ist nach dieser Auslegung nicht (gesetzlich) verpflichtet, den Standort in Altbogenhausen zu ersetzen.

Übrigens I: In der Verordnung aus dem Jahr 1999 ist nicht definiert, wie sich besagte „maximal 2000 Meter“ berechnen – Luftlinie? Gehweg? Fahrtweg Auto? Fahrtweg Bus/Tram?

Übrigens II: Gibt man in der Postfinder-Seite bei der Filialsuche unter „Ort“ Bogenhausen ein, aber keine Straße, werden die Entfernungen vom Standpunkt Wimmerstraße aus berechnet …