05. Juli 2017

Orange, orange, orange: Wegen der knalligen Frontfarbe – und wegen der Anlage überhaupt – des OBI-Baumarkts mit Gartencenter an der Riemer Straße in Daglfing sahen und sehen viele Bürger und Lokalpolitiker seit Jahren regelrecht rot. Laut Bebauungsplan hätten die Fassaden ohne Werbe­flächen gestaltet und mit Kletterpflanzen begrünt werden müssen. Hätten … Jetzt liegt’s schwarz auf weiß vor: „Die Lokalbaukommission hat in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde mit Bescheid vom 02.05.2017 eine Befreiung erteilt.“

„Riemer Str. 199, Fl.Nr. 50/2, Gemarkung Daglfing, Neubau eines Baumarktes mit Gartencenter und Tiefgarage – Tektur zu 1.1-2005-364931, Aktenzeichen 602-1.112-2017-5006-31“ – unter dieser sperrigen Bezeichnung erhielt Bezirksausschuss-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser einen Antwortbrief zur Juni-Tagung des Kommunalparlaments vom Planungsreferats/Lokalbaukommis­sion (LBK):

„Befreiung von § 14 Abs. 5 Bebauungsplan Nr. 2006 wegen Nichtpflanzung von Kletterpflanzen an Fassadenflächen über 50m2 auf der Nordseite des Gebäudes.

Begründung: Die Befreiung kann nach pflichtgemäßem Ermessen erteilt werden, da durch die Ab­weichung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Die Befreiung ist städtebaulich vertretbar und auch unter Würdigung nachbarlicher Interes­sen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Wegen der beengten Platzverhältnisse an der Feuer­wehrumfahrt waren die Entwicklungsmöglichkeiten der ursprünglich gepflanzten Klettergewächse stark eingeschränkt. Als Kompensationsmaßnahme für die Kletterpflanzen werden ergänzend 6 Bäume (1. Wuchsklasse, H 20-25, Stiel-Eichen) sowie die Innenseite der Lärmschutzwand mit Klet­terpflanzen bepflanzt. Damit sind die Anforderungen an die Grünordnung erstellt.“

Da passt punktgenau, was CSU-Fraktionssprecher Xaver Finkenzeller bezüglich des zwölf Meter hohen Betonwalls statt durchsichtiger Lärmschutzwand an dem im Bau befindlichen Quartier in der Brodersen-/Barlowstraße mit Querverweis auf den OBI-Markt total verärgert gesagt hatte: „So kann man mit dem Bürgerwillen nicht umgehen. Die Bürger werden stetig belogen.“

Die leuchtend orange Fassade des langgestreckten OBI-Baumarkts an der Riemer Straße: So bleibt sie, sie muss nicht begrünt werden, das Planungsreferat hat eine Befreiung erteilt.   Foto: hgb
Die leuchtend orange Fassade des langgestreckten OBI-Baumarkts an der Riemer Straße: So bleibt sie, sie muss nicht begrünt werden, das Planungsreferat hat eine Befreiung erteilt. Foto: hgb

Von heute auf morgen, kurz und einfach wird von der Behörde die Satzung des Bebauungsplans für den Baumarkt in die Tonne gestampft. Unter dem Punkt Grünordnung steht nämlich:

„Große geschlossene Fassadenflächen ab einer Fläche von 50 Quadratmeter, die im Plan festgesetzten Lärmschutzwände sowie Einhausungen von Tiefgaragenrampen sind mit ausdauernden Kletter­pflanzen zu begrünen.“

Zur Erinnerung: 2004 war der Flächennutzungsplan von Grünfläche in ein Sondergebiet Baumarkt mit einer maximalen Verkaufsfläche von 9000 Quadratmetern geändert worden.

Zwei Jahre danach erfolgte die Baugenehmigung. Trotz massiver Proteste war der Bebauungsplan beschlossen worden. Im März 2014 schließlich öffnete das Center seine Pforten. Gegen das Projekt hatte sich die „Bürgerinitiative Lebenswertes Daglfing (BILD) jahrelang vehement gewehrt und auch Klage eingereicht, die jedoch gescheitert war.

Befreiung – letzter Akt? War’s das jetzt?