Keine 80, keine 85, auch keine 90 Prozent, es waren vielmehr – an Abstimmungen in sozialistischen Staaten erinnernde – rund 96 Prozent der Bürgerinnen und Bürger, die sich bei der ersten von drei Einwohnerversammlungen in diversen Anträgen gegen die Einführung eines Parklizenzgebiets in Bogenhausen ausgesprochen haben: 272 Anwesende aus dem geplanten Lizenzgebiet Mühlbaurstraße zeigten der Stadt beim Treffen in der Aula des Max-Josef-Stifts die Rote Karte. Eine saftige Ohrfeige für das Mobilitätsreferat.

Gleich vorweg: Die Einwohnversammlungen zwei und drei finden am Mittwoch, 26. März, 18.30 Uhr für das Gebiet Holbeinstraße (ebenfalls in der Aula des Max-Josef-Stifts an der Mühlbaurstraße 15, Zugang über die Beetzstraße 4) sowie am Montag, 7. April, 18.30 Uhr, für das Gebiet Parkstadt (Saal von Johann v. Capistran, Gotthelfstraße 3) statt.

Siehe da, geht doch: Georg Dunkel – seit 25 Jahren bei Stadt, seit Januar 2021 Chef des Mobilitätsreferats – hat, mit Anhang, den Weg nach Bogenhausen gefunden, nachdem er und auch kein Vertreter der Behörde bei der Sondersitzung des Bezirksausschusses Anfang November anwesend war. Dafür hatte der „Münchner Verkehrswender“ von Oberbürgermeister Dieter Reiter eine verbale Klatsche kassiert.

Protest von Anwohnern gegen das geplante Parklizenzgebiet Mühlbaurstraße.

„Eine Unverschämtheit“: So kommentierte ein Lokalpolitiker auf Nachfrage von unser-bogenhausen.de die Antwort von Dunkel auf eine Bemerkung einer Bürgerin. Die hatte es gewagt, das Fehlen eines Vertreters bei der erwähnten Sondersitzung zu monieren. Der Referatsleiter behauptete: „Das war mit dem Bezirksausschuss abgesprochen.“ Ob dieser Worte verzerrte sich blitzartig das Gesicht von Florian Ring, Vorsitzender des Bezirksausschusses, er presste die Lippen zusammen, um nicht zu explodieren. Einige anwesende Vertreter des Kommunalparlaments, gleich welcher Couleur, zuckten zusammen, andere schüttelten entsetzt den Kopf. Einer von ihnen machte hernach zu Dunkels Angabe eine so herbe Aussage, auf die wir an dieser Stelle verzichten.

Eröffnung: „Ich freue mich von Herzen, dass Mobilitätsreferent Dunkel da ist. Das wird heute ein Ringen auf bekanntem Niveau …“, so Ring eingangs. Dunkel an die Besucher: „Es ist im Stadtrat noch nichts beschlossen. Wird der Stadtrat die Einführung von einem, zwei oder drei Parklizenzgebieten beschließen …“ – „Oder auch keines“, funkte Robert Brannekämper, Landtagsabgeordneter und CSU-Fraktionssprecher in der Stadtteilvertretung, dazwischen. Dunkel guckte verdutzt. Pause – fügte dann an: „Ein Drittel aller Wege in München legen die Menschen zu Fuß zurück.“ Verständnislose Blicke rundum – was hat das bitte mit der Einführung eines Parklizenzgebiets zu tun? Die folgenden Präsentationen des Referats priesen – wen verwundert’s – nur Vorteile eines Parklizenzgebiets an.

Schlange bei der Stimmkartenausgabe gegen Vorlegung eines Ausweises.      Fotos: hgb

Meinungen und Statements von Betroffenen im geplanten Lizenzgebiet Mühlbaurstraße

„Parkraumbewirtschaftung – da steht ja schon drin, was Sache ist. Man will Geld erwirtschaften. Bis jetzt hat Bogenhausen noch den Standortvorteil, dass man parken kann“, erklärte eine Frau, Gewerbetreibende aus der Possartstraße, auch in Bezug auf ihre Mitarbeiter (Anm. d. Red.: Firmen, Praxen, Kanzleien usw. erhalten nur einen Ausweis, gleich wie viele Mitarbeiter sie haben). „Denken Sie an Besuche – Familie, Freunde, Arzt, Apotheke. Wir alle wollen hier parken.“

„Es gibt Münchner Stadtviertel, wo Parkplatznot herrscht. Ich kenne das aus Erfahrung. Aber wir leben hier nicht in so einem Gebiet, die Vorträge des Referats sind aus dem Kontext unseres Wohngebiets gerissen “ meinte ein Mann und verglich das Ganze aus unternehmerischer Sicht: „Das bislang investierte Geld hätte viel sinnvoller ausgegeben werden können.“

„Es gibt keinen Parkplatzmangel in Bogenhausen. Das Mobilitätsreferat versucht die Parklizenz hier durchzudrücken. Bogenhausen soll so bleiben, wie es ist,“ so ein Mann, der die Initiative >Keine Parklizenz in Bogenhausen< mit ins Leben gerufen hat.

Eine Frau, Mitstreiterin der Initiative: „Wir haben schon 1000 Unterstützer. Wir haben Feldforschung betrieben, sind an sieben Tagen, auch nachts, die Straßen in den Gebieten Mühlbaur- und Holbeinstraße abgefahren, haben 700 Videos gemacht, haben die Parkplätze gezählt: Durchschnittlich 20 Prozent der rund 3000 Stellplätze waren frei, im Umkreis von etwa 210 Metern zu jedem Haus gab‘s einen freien Parkplatz. Die Einführung eines Parklizenzgebiets wäre rechtswidrig. Wir würden dagegen vorgehen, Wir wollen nicht zwangsbeglückt werden.“

Ein Anlieger: „Ich wohne seit 30 Jahren hier. Ich spaziere viel durch Bogenhausen. Ich bin verwundert, wie viele freie Parkplätze es hier gibt. Die grüne Maßregelung bei der Verkehrspolitik ist in Bogenhausen nicht notwendig. Ich stelle daher den Antrag: >Ablehnung der Parklizenzorgie.<“

„Ein Parklizenzgebiet Mühlbaurstraße ist völlig unnötig. Ich habe seit mehr als 40 Jahren kein Problem, einen Parkplatz zu finden“, so ein Anwohner.

„Ein Mann, wohnhaft in der Prinzregentenstraße 111, wo auf Haidhauser Seite eine Parkwapperl notwendig ist, klagte: „Die Situation ist mittlerweile unerträglich. Auch wegen der Gäste eines Lokals hat man keine Chance, einen Parkplatz zu finden. Habe vor kurzem gegen 19 Uhr zwei Stunden einen Stellplatz gesucht.“ Seinen Antrag für Ausweisung eines Lizenzgebiets auf Bogenhauser Seite unterstützten gerade einmal 18 Besucher.

Fast alle Plätze waren beim Einwohnertreffen zur Einführung eines Parklizenzgebiets belegt.

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Hintergrund: Aktuell gibt es in München 76 Parklizenzgebiete, zusätzlich die Altstadt, den Hauptbahnhof, den Domagkpark und die Messestadt Riem mit rund 100 000 Parkplätzen. Die Ausdehnung der Gebiete darf gemäß den Vorgaben 1000 Meter nicht überschreiten. Dadurch lassen sich in Einzelfällen Zonengrenzen in Straßen mit geringerer Trennwirkung nicht vermeiden. In den meisten dieser Fälle wird die gegenüberliegende Straßenseite miteinbezogen.

Ausgangslage: Der Stadtrat hat im Dezember 2017 sowie im Januar 2022 der Umsetzung der Lizenzgebiete einstimmig beschlossen. Somit wurde die Verwaltung beauftragt, das Parkraummanagement in Bogenhausen zu überprüfen und dem Stadtrat Umsetzungsvorschläge vorzulegen. Die größten Anziehungspunkte für Pendler und Besucher der geplanten Parklizenzgebiete sind die sehr gute ÖPNV-Anbindung (Tram- und U- Bahnhaltestellen Böhmerwaldplatz und Richard-Strauss-Straße), die Nähe zu kulturellen Einrichtungen und Sportstätten sowie zum Klinikum rechts der Isar, internationalen Konsulaten und die unmittelbare Nähe zum Mittleren Ring.

Regelung Bewohnerparken: Straßenabschnitte mit Bewohnerparken sind für Bewohner reserviert, die über einen entsprechenden Parkausweis verfügen. Die Reservierung ist werktags zwischen 9 und 23 Uhr beschränkt. Nachts sowie an Sonntagen und Feiertagen ist in diesen Bereichen das Parken für alle Verkehrsteilnehmer gestattet.

Regelung Mischparken: In Straßenabschnitten mit Mischparken dürfen Bewohner mit einem Parkausweis kostenfrei parken. Besucher müssen an den Parkscheinautomaten oder mit Hilfe der HandyParken München-App ein Parkticket erwerben. Ebenfalls kann ein Tagesticket erworben werden, das das Parken für 24 Stunden ermöglicht. Die Parkgebühr beträgt zwei Euro / Stunde, aber höchstens elf Euro / 24h. Abhängig vom Parkdruck wird in einzelnen Stadtteilen das kostenpflichtige Parken durch eine Parkscheibenpflicht für Besucher ersetzt. Das Mischparken mit Parkschein oder Parkscheibe ist in der Regel ebenfalls auf Montag bis Samstag und die Zeit zwischen 9 und 23 Uhr beschränkt. Nachts sowie an Sonntagen und Feiertagen ist das Parken in der Regel frei.

Regelung Kurzzeitparken: In Straßen mit Kurzzeitparken ist das Parken für alle kostenpflichtig und in der Regel auf höchstens zwei Stunden begrenzt. Die Gebühr beträgt zwei Euro / Stunde. In einzelnen Abschnitten wird das Kurzparken auch durch eine Parkdauerbegrenzung mittels Parkscheibe umgesetzt.

Grenzen für das Gebiet Holbeinstraße: Possartstr. – Scheinerstr. – Wehrlestr. – Törringstr. – Möhlstr. – Maria-Theresia-Str. – Prinzregentenstr.

Mischparken mit Gebührenpflicht: Maria-Theresia-Str., Höchlstr., Möhlstr., Hompeschstr., Siebertstr., Ismaninger Str., Sternwartstr., Rauchstr., Cuvilliésstr., Holbeinstr., Friedrich-Herschel-Str., Schumannstr., Trogerstr., Prinzregentenstr., Lamontstr., Possartstr., Scheinerstr.

Mischparken mit Parkscheibe (vier Std.): Neuberghauser Str., Törringstr., Wehrlestr., Besselstr.

Bewohnerparken: Händelstr., Weberstr., Friedrich-Herschel-Str., Laplacestr., Besselstr., Merzstr., Geibelstr., Kopernikusstr., Siebertstr.

Kurzzeitparken: Ismaninger Str., Schumannstr., Cuvilliesstr.

Sonderregelungen: Die bestehenden Behindertenstellplätze, Lieferzonen und die Ladeinfrastruktur mit entsprechender Regelung bleiben erhalten.

Grenzen für das Gebiet Mühlbaurstraße: Richard-Strauss- Str. – Prinzregentenstr. – Possartstr. – Scheinerstr. – Donaustr.

Mischparken mit Gebührenpflicht: Prinzregentenstr., Possartstr., Scheinerstr., Innstr.; Röntgenstr., Delpstr., Mühlbaurstr., Brucknerstr., Zaubzerstr., Richard-Strauss-Str., Böhmerwaldplatz, Scheinerstr.

Mischparken mit Parkscheibe (vier Std.): Donaustr.

Bewohnerparken: Laplacestr., Gaußstr., Ebersberger Str., Delpstr., Arberstr., Osserstr., Lusenstr., Zwieseler Str., Rachelstr., Keplerstr., Kopernikusstr., Shakespeareplatz, Holbeinstr., Beetzstr., Wilhelm-Tell-Str., Zaubzerstr., Stuckstr., Brucknerstr., Brahmsstr., Lisztstr.

Sonderregelungen: Die bestehenden Behindertenstellplätze, Lieferzonen und die Ladeinfrastruktur mit entsprechender Regelung bleiben erhalten.

Grenzen für das Gebiet Parkstadt Bogenhausen:  Gotthelfstr. – Prinzregentenstr. – Richard-Strauss-Str. – Schreberweg

Mischparken mit Gebührenpflicht: Richard-Strauss-Str., Stuntzstr., Steinhauser Str., Wagenbauerstr., Vogelweidestr., Franz-Fischer-Str., Buschingstr.

Mischparken mit Parkscheibe (vier Std.): Gotthelfstr.

Bewohnerparken: Beblostr., Buschingstr., Morgenrothstr., Hörselbergstr., Walpurgisstr., Max-Zenger-Str., Steinhauser Str., Zaubzerstr., Pfistermeisterstr.

Kurzzeitparken: Richard-Strauss-Str., Stuntzstr., Wagenbauerstr.

Sonderregelungen: Die bestehenden Behindertenstellplätze, Lieferzonen und die Ladeinfrastruktur mit entsprechender Regelung bleiben erhalten.

Schlagworte, die nicht alle zum geplanten Parklizenzgebiet Mühlbaurstraße passen.