Eine Einrichtung erhalten und sich gegebenenfalls dafür auch finanziell beteiligen – im Prinzip eigentlich logisch. Doch im Bezirksausschuss kapierten diese Logik vor allem einige grüne Lokalpolitiker nicht. Oder wollten sie es nicht kapieren? Hintergrund ist die Initiative der CSU-Fraktion „Erhalt der Dienstbarkeit für die Aufbahrungsräume am Friedhof St. Lorenz in Oberföhring.“ Nach teils nervenden, teils verwunderlichen Aussagen setzte sich die Vernunft durch: Mit 24 gegen vier Stimmen wurde der Antrag befürwortet und an die Stadt weitergeleitet.
Rückblick: In der Dezember-Tagung des Kommunalparlaments war das Anliegen als >Eilantrag< deklariert worden, die Dringlichkeit mit 18 gegen sechs Stimmen der Grünen bestätigt. Deren offensichtliches Motto: Erst mal ablehnen, was von der Gegenseite kommt Doch nach „Änderungen“ votierten sie auch für den Antrag, man will ja nicht gegen Bürgerinteressen sein. Ergebnis: einstimmig – ein politisches Signal.
Dann lag dann bei der Februar-Tagung des Untergremiums Kultur, Soziales, Vereine ein >Schreiben des Direktoriums< auf den Tischen der Lokalpolitiker. Inhalt offensichtlich geheim, Pressevertreter erhielten trotz Nachfrage keine Einsicht, keine Kopie. Laut Vortrag von Marko Poggenpohl, Leiter des Untergremiums, „eine abschlägige Antwort“. Bei der Erörterung sprachen sich laut Protokoll die Mitglieder des Unterausschusses „aufgrund finanzieller Bedenken gegen eine erneute Beschlussfassung zur finanziellen Unterstützung aus dem Budget 2023 aus. Es wird weiterhin eindringlich auf den Erhalt der Dienstbarkeit bestanden.“
In der Sitzung am 14. Februar des Bezirksausschusses wurde die Angelegenheit dann aber zurück in den Unterausschuss, März-Tagung, zurückverwiesen. Auszug aus dem Protokoll: „Es wird betont, dass alle Fraktionen die Dienstbarkeit erhalten wollen. Es soll kein >Blankoscheck< gegeben werden; erst wenn das gerichtliche Verfahren abgeschlossen ist, und man weiß, um welche Summe es sich handelt, beziehungsweise an wen das Geld vom Bezirksausschuss gehen wird, kann eine Entscheidung getroffen werden. Seitens der CDU wird angemerkt, dass es beim Antrag auch darum geht, die Bereitschaft des Bezirksausschusses für einen Zuschuss zu signalisieren.“ Die Empfehlung des Untergremiums: Vertagung ins Plenum.
CSU-Vertreter Jens Luther im Plenum: „Wir müssen vorbereitet sein, wenn die Entscheidung steht. Wir sollten ein Fenster nennen, einen Rahmen festlegen. Das ist kein Blankoscheck, das ist eine Willensbekundung.“ Dem, und damit dem CSU-Antrag, stimmten die Lokalpolitiker wie eingangs erwähnt, mit 24 gegen vier zu.
Zum besseren Verständnis die im Dezember vorgenommen Antragsänderungen: „Der Bezirksausschuss stellt im Rahmen städtischer Leistungen 50 000 Euro (nur Restmittel aus 2021 und 2022) des Budgets als Zuschuss bereit, um den Erhalt der Dienstbarkeit der Aufbahrungsräumlichkeiten auf Dauer um zu sichern. Hiermit werden anteilig die Kosten für einen etwaigen gerichtlichen Vergleichsschluss bei Beibehaltung der Dienstbarkeit für die Aufbahrungsmöglichkeit übernommen. Dies ist auch die seitens des Kommunalreferats präferierte Lösung.“
In der Begründung dazu wird angeführt: Um die Bestattungstradition auf dem Friedhof St. Lorenz zu sichern, ist der im Schreiben des Kommunalreferats vom 9. November 2022 dargelegte Weg eines Vergleichs bei Erhalt der Dienstbarkeit das einzig akzeptable Vorgehen. Entsprechend der durch die Güterichterin prognostizierten Beteiligungshöhe seitens der Stadt wurde ein Betrag von circa 105 000 Euro angeboten. Die Gegenseite verlangte zuletzt 340 000 Euro. Warum? Zwischen Stadt und Eigentümer besteht Uneinigkeit bezüglich der von der Stadt zu übernehmenden Renovierungskosten.
Der Hintergrund: Das als Denkmal geschützte, zweigeschossige Gebäude bei der Kirche – um 1873 erbaut, bis 1979 von der Freiwilligen Feuerwehr als Gerätehaus genutzt – ist vor mehr als sechs Jahren von der Stadt verkauft, das Grundstück geteilt, das kleine Haus vom Erwerber inzwischen saniert worden. Um den Aufbahrungsraum im Erdgeschoss gab es immer wieder Diskussionen. Die Dienstbarkeit für die Räume im Erdgeschoss des Hauses ist Bestandteil des Kaufvertrags.
Will der Investor die Dienstbarkeit nun loswerden, will er die Räume selbst nutzen? Ein Lokalpolitiker hatte, als seinerzeit die Verkaufsabsicht der Stadt bekannt geworden war, kommentiert: „Es ist doch nur eine Frage der Zeit, bis ein Käufer sich gegen die Aufbahrungsstätte stemmt, die Räume beansprucht. Wer will schon eine Leiche im Erdgeschoss liegen haben?“
Rückblick ins Jahr 2016: „Als Mindestkaufpreis für das Anwesen samt 470 Quadratmeter großem Grundstück sind 670 000 Euro aufgerufen“ – das war damals auf der Internetseite des Kommunalreferats zu lesen:
Zur Grundstücksbeschreibung und zu den Nutzungsrechten war angeführt: „Das Grundstück ist mit einem derzeit nicht bewohnbaren, leerstehenden Wohngebäude bebaut. Im Erdgeschoss werden zwei Zimmer, zusammen rund 35 Quadratmeter, als Aufbahrungsräumlichkeiten für die auf dem angrenzenden Kirchenfriedhof St. Lorenz stattfindenden Bestattungen genutzt und sind zu diesem Zweck an die Städtische Bestattung unentgeltlich zu überlassen.“
Laut Sachverständigengutachten „vom Juli 2014 ergab eine überschlägige Schätzung Restaurierungskosten von rund 710 000 Euro.“ Sollten tatsächlich besagte 670 000 Euro als Kaufpreis erzielt worden sein, summiert sich der Aufwand also auf rund 1,4 Millionen Euro. Geschätzt können maximal 100 Quadratmeter als Wohnfläche genutzt werden. Also Kosten von etwa 14 000 Euro Kosten pro Quadratmeter Wohnfläche.
Die Sache ist stadtintern kompliziert. Einerseits besteht das Kommunalreferat auf der vertraglich vereinbarten Dienstbarkeit, im Grundbuch verankert, und will somit der Kirchengemeinde weiterhin die Nutzung des Aufbahrungsraums ermöglichen. Andererseits will das Gesundheitsreferat die Oberföhringer Tradition beenden, die Aufbahrungen sollen in der Aussegnungshalle im Nordfriedhof an der Ungererstraße erfolgen.