Am Sonntag, 26. Oktober, stimmen die Bürgerinnen und Bürger darüber ab, ob sich München für die Olympischen Sommerspiele 2036, 2040 oder 2044 bewerben (Infos unter www.olympiabewerbung-muenchen.de) und damit gegen die Konkurrenz Berlin, Hamburg und die Metropolregion Rhein-Ruhr antreten soll. Im Untergremium Planung des Bezirksausschusses präsentierte Projektleiter Bernhard Hunzinger vom federführenden Referat für Bildung und Sport (RBS) die städtischen Vorstellungen – und nannte Zahlen. Wie belastbar sind die Angaben?
Laut Hunzinger ist das olympische Budget zweigeteilt. Zum einen für die Durchführung der Wettbewerbe, wobei die Kosten durch Eintrittsgelder, Werbung und Sponsoren komplett refinanziert werden sollen. Und zweitens für die bauliche Infrastruktur. Die Kosten dafür könnten aber nur prognostiziert werden – etwa fünf Milliarden Euro.
Hört sich – Stand Oktober 2025 – eigentlich finanzierbar an. Geht man indes von einer jährlichen Preissteigerungsrate von fünf Prozent aus, sind’s 2040 bereits rund elf Milliarden Euro. Kalkuliert man mit einer jährlichen Preissteigerungsrate von zehn Prozent werden’s 2040 weit mehr als 15 Milliarden Euro. Ob Sanierung des Gasteigs oder des Stadionzeltdachs von 1972 und den damit verbundenen explodierenden Zahlenangaben erscheinen die doppelten beziehungsweise verdreifachten Aufwendungen plausibel.
Robert Brannekämper, CSU-Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Planungsgremiums, hatte vor Wochenerklärt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass der viergleisige Ausbau der Bahnstrecke in einem Tunnel und der Bau des Olympischen Dorfs technisch und zeitlich bis zu den Spielen möglich ist.“ Und überhaupt: Gibt es so viele Baufirmen, um all die Vorhaben umzusetzen?
Nicht genannt hatte er die Verlängerung der U4 über Englschalking zur Messe in Riem – mehr als sechs Kilometer lang. Es war Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der im Oktober vor einem Jahr bei einer Baustellungsbesichtigung der U5 nach Pasing den Betrag pro Kilometer nannte: 200 Millionen Euro. Obendrauf kommen noch die Kosten für die neuen Haltestellen. Ein Bahnhof wird mit rund 250 Millionen Euro angesetzt. Ob’s bei den Beträgen angesichts des Grundwasserspiegels im Nordosten und den damit notwendigen sündteuren Wannen für die U 4 bleibt? Mehr als fraglich. Oder wird die U- gar zur einer O-Bahn, einer oberirdisch geführten Linie?
Die Kosten für die Bewerbung – der Bürgerentscheid und die Pro-Olympia-Kampagne sind mit rund 6,7 Millionen Euro kalkuliert – betragen laut Angaben aus dem Rathaus 8,1 Millionen Euro. Der „Spiegel“ hat nachgerechnet und kommt auf 17 Millionen Euro! Nun denn.
Auszug aus dem Beiblatt zum Bürgerentscheid: „Wichtige Projekte für die Stadtentwicklung kommen schneller voran. Olympische Spiele erzeugen – nicht zuletzt durch die Unterstützung des Freistaats Bayern und der Bundesrepublik– eine neue Dynamik und wirken als Katalysator für wichtige Stadtentwicklungsprojekte. Ein neues Stadtquartier mit Wohnraum für rund 10 000 Bürger im Rahmen der Nachnutzung des Olympischen Dorfs, mögliche Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr wie die Verlängerung der U4 bis zum neuen Stadtquartier und dann zur Messe München in Riem, die Realisierung der U9 und des S-Bahn-Ringschlusses sowie Investitionen in Klima und Umweltschutz könnten wertvolle Impulse für die Stadt liefern. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der konsequenten Umsetzung solarer Energiegewinnung bei der olympischen Infrastruktur.“
Und: bestehende Sportstätten werden saniert, Erweiterungen und temporärere Wettkampfstätten im Olympiapark sind geplant (auf dem Areal des FC Teutonia, rund 600 Kinder und Jugendliche, etwa 250 Erwachsene), Hotel- und Gaststättenverbände erwarten wirtschaftliche Impulse.
Reiter zur Kostenstruktur Mitte September in einem AZ-Interview: „Ich gehe davon aus, dass wir am Ende als Stadt ungefähr 30 Prozent bezahlen würden.“
Gleichwohl: Das Areal zwischen Englschalking und Daglfing, wo das Olympische Dorf entstehen und das später in besagten Wohnraum für rund 10 000 Bürger umgewandelt werden soll, gehört nur zu etwa 80 Prozent der Stadt. Rund 20 Prozent sind in Privatbesitz. Und die Impulse für Hotel- und Gaststätten? Bei den Spielen in Paris war der Nutzeffekt überschätzt worden, denn in Folge und in Summe blieben Gäste von Messen, Museen und Konzerten aus.
Viel hätte, wenn und aber – am Sonntag steht erst mal der Bürgerentscheid an. Bei Zustimmung dann die Durchsetzung im Wettbewerb mit den nationalen Bewerbern. Und schlussendlich mit der internationalen Konkurrenz. Ein langer Weg.
