9. Oktober 2017

Politik, insbesondere die Lokalpolitik, ist mitunter ein hartes Brot. Die jeweilige Thematik ist für Außenstehende oft kaum zu verstehen, ja selbst Insider blicken immer wieder mal nicht durch. Das Thema Parklizenzzonen in Bogenhausen ist dafür ein explizites Beispiel. Nach Ende eines Abstimmungskuriosums zu den Parklizenzzonen war Gremiumsvorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) sichtlich verzweifelt: „Ich bin Ärztin, da müssen jetzt Juristen ran.“ Und nun …? Ein Verfah­rensfehler? – Die Rechtsexperten im Direktorium müssen die Voten überprüfen!

Anlass • „Beschlussentwurf Parkraummanagement in München – Anhörung des Planungsreferats – Stellungnahme des Bezirksausschusses“ lautete der Tagesordnungspunkt. Der städtische Vorschlag: „Die Planungen zur Einführung einer Parkraumbewirtschaftung mit Bewohnerbevorrech­tigung in den Gebieten im 13. Stadtbezirk werden bis auf Weiteres zurückgestellt.“

Hintergrund • In Altbogenhausen, genauer in den Gebieten Holbein- und Mühlbaurstraße, also innerhalb des Mittleren Rings, müssen Autofahrer nichts bezahlen, wenn sie ihr Fahrzeug am Stra­ßenrand abstellen. Beide Areale erfüllen die notwendigen Bedingungen für eine Parklizenzierung. Die Pläne zur Umsetzung liegen in den Schubladen der Stadtverwaltung. Das Kommunalparlament, gestützt durch die CSU-Fraktion sowie die liberalen Vertreter, diese Gruppierungen wiederum ge­stützt durch die überwältigende Mehrheit der Bewohner in Altbogenhausen – Argument Geldschnei­derei der Stadt –, lehnen eine Lizenzierung aber ab.

Problematik • Die Mitglieder des Bezirksausschusses befürchten grundsätzlich eine Verdrängung der Parkplatzsucher, überwiegend Pendler, in die angrenzende Parkstadt, außerhalb der Mittleren Rings gelegen. Die Politiker fordern daher ergänzend, für dieses Gebiet auch einen Lizenzbereich einzurichten. Der Haken: Der Parkdruck ist dort zwar ebenfalls extrem hoch, nicht aber so hoch, dass die Bedingungen fürs Parkwapperl erfüllt sind. Die Stadt lehnt daher die Einbeziehung der Parkstadt kategorisch ab.

Die Gebiete Holbein- und Mühlbaurstraße erfüllen im Gegensatz zur Parkstadt die Voraussetzun-gen fürs Parkwapperl. Der Bezirksausschuss befürchtet bei einer Ausweisung in Altbogenhausen eine Verdrängung der Parkplatzsuchenden in letzteres Viertel. Die CSU-Faktion fordert daher als Lösung vier Anwohnertiefgaragen (hellbalue Punkte). Karte: Planungsreferat / Bearbeitung: hgb

Alternative • „Die Planungen zur Parkraumbewirtschaftung in den Gebieten Holbein- und Mühl­baurstraße werden nicht weiter verfolgt. Stattdessen sollen, wie vom Bezirksausschuss bereits mehrfach einstimmig beantragt, Anwohnertiefgaragen mit je circa 60 bis 70 Stellplätzen geprüft und errichtet werden“, forderte aktuell die CSU-Fraktion in einem Änderungsantrag (!) zur städtischen Vorlage.

Standorte • Vier Anwohnertiefgaragen schlägt die CSU vor, und zwar an der Ecke Mühlbaur- / Röntgenstraße, Ecke Holbein- / Schumannstraße, Hompeschstraße und Ecke Stuntz- / Walpurgis­straße.

Begründung I • „Seit mittlerweile gut einem Jahrzehnt befasst sich die Stadtverwaltung nun schon mit den im sogenannten Parkraummanagement vorgesehenen Gebieten Holbein- und Mühlbaur­straße.

Zweimal wurden bereits Verkehrsdaten erhoben, zweimal wurde auf deren Grundlage die Einführung der Parkraumbewirtschaftung seitens des Referats vorgeschlagen, zweimal wurden die Ergebnisse dem Bezirksausschuss und auch den betroffenen Anwohnern vorgestellt – beide Male wurden sie sowohl von den Anwohnern als auch vom Bezirksausschuss mehrheitlich abgelehnt. Eine weitere Befassung mit diesem nicht mehrheitsfähigen Konzept seitens der Referate erscheint als nicht sinnvoll,“ so die CSU.

Begründung II • „Der Bezirksausschuss machte bereits mehrmals deutlich, dass ein anderer Lösungsansatz favorisiert wird, der insbesondere im Bezug auf der Verdrängungseffekte in benach­barte Gebiete weniger Nachteile mit sich bringt. Mit vier Anwohnertiefgaragen und weiteren circa 20 Stellplätzen, die durch die Einführung von Schrägparkplätzen in der Brucknerstraße geschaffen werden könnten, stellt der Bezirksausschuss ein alternatives Konzept vor. Die Stadt verfügt derzeit über eine Reserve in dreistelliger Millionenhöhe (Robert Brannekämper, Vize-Vorsitzender des Gremiums und CSU-Landtagsabgeordneter: „Das sind rund 100 Millionen Euro“) aus der soge­nannten Stellplatzablöse. Diese Mittel sind zweckgebunden und könnten hier ihrer Bestimmung zugeführt werden.“

Autos soweit das Auge reicht: Einen Stellplatz in der Parkstadt Bogenhausen zu finden, ist jederzeit extrem schwierig, wie beispielsweise hier in der Stuntzstraße. Doch die städtischen Bedingungen für eine Ausweisung als Parklizenzzone sind nicht erfüllt.      Foto: hgb
Autos soweit das Auge reicht: Einen Stellplatz in der Parkstadt Bogenhausen zu finden, ist jederzeit extrem schwierig, wie beispielsweise hier in der Stuntzstraße. Doch die städtischen Bedingungen für eine Ausweisung als Parklizenzzone sind nicht erfüllt. Foto: hgb

Standpunkte • Peter Reinhardt (CSU): „Das Problem immer weiter zu verschleppen, das ist keine Lösung. Eine Parklizenz führt zu einer Verdrängung rundum, von einem Stadtteil in den anderen. Zum Beispiel in Richtung Herkomerplatz. Wir brauchen kleinteilige Lösungen.“ – Martin Tscheu (SPD): „Tiefgaragen sind eine Superidee. Aber sind die Anwohner bereit, 60 bis 80 Euro Miete für einen Tiefgaragenplatz zu bezahlen? Sie wollen ja nicht einmal für eine Parklizenz Geld ausgeben.“ – Andreas Baier (Grüne): „Mehr Parkplätze bedeuten mehr Verkehr.

– Nicola Holtmann (ÖDP): „Tiefgaragen sind ok., ein Parkraummanagement sollte man sich aber offen halten.“ – Xaver Finkenzeller (CSU): „Schluss mit dem Thema Parkraummanagement. Es muss eine sinnvolle andere Lösung gefunden werden. Die Anwohner sind von der Idee Tiefgaragen begeistert.““

Abstimmung I • „Planungen zum Parkraummanagement nicht mehr weiter verfolgen“ – der erste Teil des CSU-Änderungsantrags: Ja mit 17 gegen 16 Stimmen, unter anderem von Holger Machatschek (Grüne).

Abstimmung II • „Prüfung und Bau von vier Tiefgaragen“ – der zweite Teil des CSU-Änderungsan­trags: Ja mit 24 gegen 9 Stimmen von der SPD-Fraktion.

Abstimmung III • Beide Teile des CSU-Änderungsantrags bzw. zur Stellungnahme des Referats: Ablehnung mit 17 gegen 16 Stimmen. Holger Machatschek zögert, blickt sich verunsichert um. Seine Parteikollegin Pilz-Strasser macht klar: Wer sich im Sitzungssaal befindet, der muss abstimmen. Machatschek reckt den Arm in die Höhe, stimmt dagegen, stimmt quasi gegen sich selbst (siehe Abstimmung I).

Ende • Kurios? Absurd? Richter im Ruhestand Wolfgang Helbig (SPD) erklärte: „Der Antrag wurde in zwei Teilen und in dem Gesamtantrag abgestimmt. Der Gesamtantrag hat keine Mehrheit. Wir haben jetzt einfach keine Stellungnahme.“ (Nur) Eine mögliche Ansicht. Denn eine dritte Abstimmung, also zum Gesamtantrag, war eigentlich überflüssig, waren doch beide Einzelanträge befürwortet worden. Ein Verfahrensfehler der Vorsitzenden?

Fazit • Genau das müssen nun die Rechtsexperten im Direktorium klären.