Ein Tag der Weltpolitik, ein Tag der Bundespolitik – und ein Tag der Lokalpolitik: Sondersitzung des Bezirksausschusses Bogenhausen zur Einführung von Parklizenzzonen in den Gebieten Holbeinstraße, Mühlbaurstraße und in der Parkstadt. 350 Bürger, darunter zwei Vertreter der Polizeiinspektion 22, waren bei der Tagung im Max-Josef-Stift dabei. Gemessen am Applaus für die Statements der Stadtteilvertreter waren – wie in den Versammlungen in der Vergangenheit – etwa 90, wenn nicht 95 Prozent gegen die geplante Einführung. Zu 100 Prozent lehnt die CSU Lizenzzonen ab, dafür ist / sind die SPD, die Grünen und die ÖDP.
Erstes Ergebnis der Tagung: Es sollen für die drei Gebiete getrennte, also einzelne Einwohnerversammlungenstattfinden. Mit einer Gegenstimme von der SPD wurde der CSU-Antrag angenommen. Gleichwohl: Der Stadtrat muss, wenn die Initiative Sinn machen sollte und die Betroffenen endlich gehört werden, die auf dem Tisch liegende Beschlussvorlage verschieben.
Zweites Ergebnis der Tagung: Die von der CSU-Fraktion verlangte Prüfung für den Bau von drei Anwohnertiefgaragen – eine je vorgesehene Lizenzzone – wurde gegen die Stimmen der Christsozialen abgelehnt.
Florian Ring, Bezirksausschuss-Vorsitzender, CSU: „Es ist kein Vertreter des Mobilitätsreferats anwesend. Das passt nicht, ich bin schon irritiert. Es kann nicht sein, dass Fachexpertise nicht dabei ist.“ Er bedankte sich bei Oberstudiendirektorin Kristina Kalb-Heubisch, dass sie kurzfristig die Aula für die Versammlung zur Verfügung gestellt hat. Und bei den Schülerinnen, die die Technik betreuten und den Rednern das Mikrofon reichten.
Robert Brannekämper, CSU-Landtagsabgeordneter und CSU-Fraktionssprecher war geradezu überwältigt von der Zahl der Besucher. „Die Parkraumnot in der Umgebung ist unstreitig aufgrund der historischen Bebauung. Ich halte es für einen absoluten Skandal, dass die Stadt einen jahrzehntelangen Brauch gebrochen hat, vor einer Entscheidung ein Meinungsbild der Bürger abzufragen. Parklizenzzonen sind hier das falsche Instrument. Es wird quasi mit Kanonen auf Spatzen geschossen.“
Und weiter: „Wir fordern drei Einwohnertiefgaragen und für jedes Gebiet eine extra Einwohnerversammlung. Denn jedes Gebiet ist anders, man kann nicht in einer Sitzung alle drei Areale für >verhackstücken<. Man stelle sich vor, jeder Haushalt kann nur eine Lizenz beantragen. Wer einen privaten Stellplatz besitzt, kriegt keine Lizenz. Und es ist ja nicht sicher, dass Sie, wenn Sie eine Lizenz haben, einen Stellplatz finden. Zudem können Sie nicht zwischen den einzelnen Lizenzgebieten wechseln. Das Ganze ist ein bürokratisches Monster. Man muss bedenken, dass viele Menschen – Senioren oder Gehbehinderte – das Auto brauchen und vor ihrer Haustüre parken müssen. Schauen Sie sich auf den Karten die dünnen roten Linien ein, zum Beispiel in der Delpstraße, wo das Gehwegparken dann verboten ist. Bei einer Umsetzung würde das zur Streichung von hunderten Parkplätzen führen. Und letztendlich würde wegen der Suche nach einem Stellplatz ein erhöhter Druck auf Nachbarquartiere ausgelöst.“
Samuel Moser, Grünen-Fraktionssprecher, Leiter des Untergremiums Verkehr: „Der Parkdruck besteht, weil es zu wenig private Stellplätze gibt. Dazu kommen Pendler und wochenlang abgestellte Wohnmobile und Anhänger. So entsteht – je nach Gebiet – ein Defizit von 350 bis 1575 Stellplätzen. Das Ganze bist auch eine Kostenfrage, denn eine Parklizenz kostet nur 30 Euro im Jahr, ein Tiefgaragenplatz jährlich etwa 1500 Euro.“ Folgend widersprach er Brannekämper: „Ein Ehepaar, das zwei Autos und einen privaten Stellplatz besitzt, kann eine Lizenz beantragen. Ein Parkplatzentfall ist zum Teil richtig, weil das halbseitige Gehwegparken nicht erlaubt ist. Eine Lizenzzone – in München gibt es 76, die meisten Bürger sind damit zufrieden – ist netto ein Gewinn für die Anwohner. Und Anwohnertiefgaragen sind baulich, nicht möglich.“
Karin Vetterle, SPD-Fraktionssprecherin: „Parklizenzgebiete sind ein erfolgreich erprobtes Konzept in der Stadt. Deshalb Ja zu Parklizenzgebieten in Bogenhausen. Wir sind gegen Park-and-Ride-Plätze für Pendler in den Wohngebieten unseres Stadtbezirks. Es kann nicht sein, dass Pendler beispielsweise in der Parkstadt ihre Autos abstellen, um dann mit der U-Bahn in die Stadt zu fahren, wo das Parken viel teurer ist. Wir plädieren für Parkmöglichkeiten für die Anwohner durch klar geregelte Flächen, damit weniger Parksuchverkehr entsteht. Gehwegparken ist Zweckentfremdung des halben Gehwegs. Insgesamt wird durch Lizenzzonen mehr Sicherheit und mehr Ordnung geschaffen. Und stets freie Fahrt für die Feuerwehr und dem Notarzt.“
Jens Luther, Stadtrat, stellvertretender CSU- Fraktionssprecher entlarvte Vetterle: „Ich bin bei der Freiwilligen Feuerwehr. Ich habe noch nie Schwierigkeiten gehabt, mit einem 14-Tonner durchzukommen.“ Und zum Gehwegparken: „Wo‘s wirklich nicht mehr geht, werden die Fahrzeuge abgeschleppt. Aber man darf nicht alle Autofahrer in Zwangshaft nehmen.“
Petra Cockrell, weitere Grünen-Fraktionssprecherin: „Gehwegparken ist verboten. Lizenzgebiete werden durch die Kommunale Verkehrsüberwachung kontrolliert. Das ist eine Entlastung für die Bogenhauser Polizei.“
Peter Reinhardt, CSU-Verkehrssprecher: „Mir sind keine Beschwerden bekannt, dass Notfall- oder Müllfahrzeuge in den Straßen nicht durchgekommen sind. Es werden viele Argumente aus anderen Stadtbezirken angeführt, die hier nicht zutreffen. Warum will man hier die Leute >zwangsbeglücken<. Sie haben für den öffentlichen Parkraum bereits bezahlt – mit ihrer Kfz-Steuer.Die genannten Defizitangaben sind nicht die Grundlage für die Parklizenzzonen. Basis ist die Zahl der privaten und öffentlichen Stellplätze im Verhältnis zu den im Gebiet angemeldeten Fahrzeugen. Es gibt wohl Zählungen – aber wo sind bitte die Zahlen?“
Anne Huebner, SPD-Stadträtin, Haidhausen: „Am 11. Dezember steht das Thema im Mobilitätsausschuss des Stadtrats auf der Tagesordnung. Wir werden nichts beschließen, bis sie nicht hier vor Ort ordentlich angehört wurden.“
Bürgermeinungen • Wir, 50 Anlieger, haben vor fünf Jahren eine Untersuchung gemacht mit dem Ergebnis, dass im Umkreis von 200 Meter vor der jeweiligen Haustür ein Parkplatz zu finden ist. Wir werden demnächst die Untersuchung wiederholen. Für die Parklizenzzone Holbeinstraße ist die gesetzliche Grundlage nicht gegeben. Wir kämpfen gegen die Maßnahme. Mit Schildern >Parken nur für Pkw< könnte man das Problem der vielen abgestellten Anhänger und Busse lösen.
• Ein 20-Euro-Strafzettel interessiert die Besitzer der Wohnmobile und Wohnwagen nicht. Die müssen abgeschleppt werden. Dann hätten wir massig Raum. Dazu Verkehrsexperte Andreas Kneißl von der PI 22: Wir kontrollieren laufend, aber man kann nicht einfach abschleppen lassen.
• Ich hatte noch nie ein Problem, hier einen Parkplatz zu finden, musste nur ab und zu mal um den Block fahren. Das Ganze ist ein Geschäft für die Stadt, so ein Mann, der in der Geibelstraßewohnt.
• Ich freue mich, dass Parklizenzzonen eingeführt werden – aber erlebe ich das noch? Wann kann ich einen Antrag stellen? fragte einen Anwohner der Mühlbaurstraße.
• Ich arbeite in Schwabing, muss dort oft lange nach einem Stellplatz suchen. Hier habe ich in maximal 100 Meter Entfernung immer einen Parkplatz gefunden.
• Ein Rollstuhlfahrer klagte: Wegen halbseitig auf dem Gehweg parken Autos komme ich manchmal nicht mehr durch. Deshalb bin ich für die Lizenzen.
• Das Ganze ist doch absurd. Muss man denn alles regeln, muss man den Bürgern denn unbedingt etwas <überstümpeln>?