27. November 2017

Gewiss, die Thematik des Antrags, den die CSU-Fraktion im Bezirksausschuss einbrachte, war ungewöhnlich: „Schutz der Singvogelpopulation in Bogenhausen stärken“ .Was sich daraus im Plenum aber entwickelte, war ebenso ungewöhnlich. Zwar knisterte es in der Vergangenheit in der Jamaika-Koalition immer mal wieder, doch nun gab’s einen ersten dicken Knick zwischen Schwarz und Grün. Gelb, ein anwesender Lokalpolitiker, blieb da außen vor. Ganz offensichtlich: Die Lager befinden sich bereits im Landtagswahlkampf-Modus.

Es war der erst seit wenigen Monaten amtierende Grünen-Sprecher Andreas Baier – er will sich im kommenden Jahr um ein Mandat im Maximilianeum bewerben – , der grinsend die Vorlage für die Auseinandersetzung lieferte. „Es freut mich, dass sich die CSU jetzt so um die Umwelt sorgt“. Dies vor dem erklärten Hintergrund, dass sich die Partei für eine dritte Startbahn am Flughafen einsetze, die mit ihrem Landesentwicklungsprogramm den Flächenfraß im Freistaat ermögliche, die den Schutz der Vögel als >Deckmäntelchen“ nutze.

Die Replik folgte prompt, und zwar – erstens – durch Peter Reinhardt, der sich um ein Mandat im Bezirkstag von Oberbayern bewirbt: „Bayern hatte als erstes Bundesland ein Umweltministerium, da gab’s die Grünen noch gar nicht.“ In der Tat: das Bayerische Staatsministerium für Landesent­wicklung und Umweltfragen wurde am 8. Dezember 1970 ins Leben gerufen. Die Grünen gründeten sich im Januar 1980; im Mai 1993 folgte die Fusion zu „Bündnis 90/Die Grünen.

Dann wetterte – zweitens – CSU-Fraktionssprecher Xaver Finkenzeller kurz und knapp: „Eine Unverschämtheit“.

Falten und Schatten in der Bogenhauser Jamaika-Koalition: Die CSU will den Schutz der Singvogelpopulation gegen Raben und Elstern im Stadtbezirk stärken, die Grünen verstiegen sich bei der Diskussion in eine „Obergrenze für Raben“.      Fotos: Tierwelt/hgb
Falten und Schatten in der Bogenhauser Jamaika-Koalition: Die CSU will den Schutz der Singvogelpopulation gegen Raben und Elstern im Stadtbezirk stärken, die Grünen verstiegen sich bei der Diskussion in eine „Obergrenze für Raben“. Fotos: Tierwelt/hgb

Dann war – drittens – der vormalige Grünen-Chef im Kommunalparlament, Holger Machatschek, an der Reihe. Er bezog sich auf den fünften Punkt des Antrags „Artgerechte Reduktion des Rabenvo­gelbestands in davon besonders betroffenen Bereichen, vorwiegend unter Einsatz von Lebendfallen und Übernahme der Kosten durch die öffentliche Hand, ggf. durch den Bezirksausschuss in Höhe von bis zu 1000 Euro.“ Der Hintergrund: Zum Schutz „unsere Siedlungsvögel, beispielsweise Rot­kehlchen, Amseln und Meisen“, sollen Raben und Elstern reduziert werden.

Machatschek schoss verbal in aufgebrachter Piepmatz-Manier den Vogel ab: „Der Antrag ist gut, aber nicht in allen Punkten: Killen von Raben … ich mache bei einer Obergrenze für Raben nicht mit. Es sind ja nicht nur die Raben, es sind ja auch die Eichhörnchen.“

Entrüstete Wortwogen – viertens – aus den Reihen der Christsozialen folgten. „Stopp der gegensei­tigen Beschimpfungen“ mahnte – fünftens – Gremiumsvorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) an, beantragte erfolgreich die Vertagung des Antrags in den Unterausschuss, um dort Experten anhören zu können. Das Zwitschern war damit beendet. Kein Pieps war mehr zu hören.

Übrigens: Piepsen wird es wohl bald kaum mehr entlang des bestehenden Hubschrauberlandeplat­zes am Klinikum Bogenhausen neben dem Cosima-Wellenbad, wenn dort für den geplanten Anbau Bäume gefällt werden müssen. Eine Zahl war dazu in den präsentierten Planunterlagen nicht zu finden, vielmehr viele, kleine, rote Pünktchen für jeweils einen Baum. Geschätzt waren es weit mehr als 100!

Zur Vollständigkeit der Thematik die weiteren Forderungen der vertagten CSU-Initiative:

  • Ökologische Aufwertung der vorhandenen Grünflächen in Bogenhausen mit einer naturnäheren Gestaltung durch heimische Pflanzenarten, die einen deutlich höher Nutzwert für Insekten und Vögel haben als gebietsfremde Arten.
  • Flächensparende Planung von Bauvorhaben und zurückhaltende, nur sehr moderate Nachver­dichtung bestehender Gartenstadtquartiere, um empfindliche Biotope zu schonen, Baumbestände zu erhalten und die weitere Bodenversiegelung zu minimieren. Bei der Grünplanung ist auf eine strukturreiche, regionaltypische Bepflanzung zu achten, Rückzugsorte für Tiere sind vorzusehen.
  • Umwandlung von Flächen in städtischen Grünanlagen mit artenarmem Vielschnittrasen in arten­reiche Wildblumenwiesen, um ein ausreichendes Nahrungsangebot sicherzustellen.
  • Konsequente Einhaltung der Vogelschutzzeit vom 1. März bis 30. September, die der §39 BNatSchG vorsieht, durch das Baureferat der Stadt.