Im Zug der Modernisierung von drei Münchner Bezirkssportanlagen (BSA), darunter die an der Westpreußenstraße 60, Heimat des SV Helios Daglfing, hatte das Referat für Bildung und Sport (RBS) unter Leitung von Florian Kraus (Grüne), eine Vorlage „Sportbauprogramm“ im Rathaus eingebracht, die Ende Dezember einstimmig verabschiedet worden war. Darin verankert, was offensichtlich von allen Stadträten übersehen worden war: Es „werden künftig keine Gaststätten mehr geplant, die dort vorhandenen Gaststätten werden ersatzlos wegfallen. Die bestehenden Pachtverträge werden rechtzeitig vor Baubeginn beendet.“

Im Klartext Bogenhausen betreffend: Abriss und ersatzlose Streichung des Vereinslokals Taverna Pyrsos. Diese Nachricht samt Mail-Ansage der Kündigung schockierte Andreas Papadimitriou und seinen Bruder Asimakis, die Pyrsos-Pächter, löste beim SV Helios, bei Bürgern und Lokalpolitikern eine Welle der Empörung aus. Anlass für Robert Brannekämper, Landtagsabgeordneter und CSU-Fraktionssprecher im Bezirksausschuss, für eine Unterschriftenaktion:

Morgen, Samstag, 20. Januar, kann sich jeder mit seiner Unterschrift gegen den Abriss und den ersatzlosen Wegfall der Taverna Pyrsos, aussprechen. Von 11 bis 14 Uhr gibt‘s dazu zwei Infostände vor dem Lokal (Englschalkinger Straße 206) sowie vor der Bäckerei Wimmer (Englschalkinger Straße 245, Ecke Freischützstraße).

Brannekämper klipp und klar: „Sportgaststätten sind nicht nur eine wichtige Institution für die Mitglieder der Sportvereine. Bei der Taverna Pyrsos handelt es sich um ein beliebtes Lokal und einen Treffpunkt für die Anwohner. Dieser darf nicht – wie vom Sportamt angekündigt – wegfallen!“

Er wirft Kraus, berufsmäßiger Stadtrat für Bildung und Sport, vor, der Öffentlichkeit die Unwahrheit aufgetischt zu haben. So habe das Sportamt am 4. Dezember 2023 den Pächtern der Gastroflächen auf den drei BSA die Kündigung bereits als Tatsache angekündigt, zitiert:

„Im Rahmen der Modernisierungsmaßnahmen auf den Bezirkssportanlagen Demleitner Str. 2, Feldbergstr. 65 und Westpreußenstr. 60 werden künftig keine Gaststätten mehr geplant. Das bedeutet, dass die dort aktuell vorhandenen Gaststätten ersatzlos wegfallen werden. Es ist daher erforderlich, die bestehenden Pachtverträge rechtzeitig vor Baubeginn zu beenden. […] Sobald wir wissen, wann mit dem Baubeginn bei den einzelnen Maßnahmen zu rechnen ist, werden wir Sie informieren und die Verträge entsprechend kündigen.“

Gleichwohl heißt es in einer RBS-Pressemitteilung (Rathaus Umschau vom 12. Januar 2024):

„Ein grundsätzlicher Wegfall der gastronomischen Versorgung wurde nicht vorgeschlagen. Aufgrund des enormen Flächenbedarfs und unter Berücksichtigung der bekannt schwierigen Gastronomiesituation wurden dem Stadtrat alternative Modelle zur Großgastronomie vorgeschlagen, die es in Einzelfällen auch schon gibt. Aber auch das Fortführen der bisherigen Gastronomie wurde in Ausnahmefällen als Möglichkeit im Beschluss benannt. Genau das soll nun bei jeder der drei genannten Bezirkssportanlagen – auch unter Prüfung der möglichen Ausschöpfung des Baurechts – geprüft werden. Zum zeitlichen Horizont: Die Auftaktgespräche mit den betroffenen Vereinen sind für Januar und Februar angesetzt. Auch die Bezirksausschüsse werden mit einbezogen.“

Kommentar des Bogenhauser Vertreters im Maximilianeum: „Das ist eine glatte Irreführung und Täuschung der Öffentlichkeit. Statt dass das Sportamt zugibt, dass dieser Beschluss revidiert werden muss, wurde es nun im Nachhinein so dargestellt, als sei noch alles offen. Man muss sich wirklich fragen, ob Kraus so in Zukunft noch tragbar ist!“

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Das Thema löste bei der Tagung des Bezirksausschusses teils lautstarke Diskussionen aus. Brannekämper drehte das RBS und Kraus, Chef von mehr als 15 000 Mitarbeitern, durch die Mangel: „Die Vorlage ist der absolute Hammer. Sie hätte so nicht auf den Tisch kommen dürfen. Es wurde vom Referat mit niemanden geredet. Hätte von Kraus erwartet, dass er sagt, das war ein Fehler, ich habe das falsch eingeschätzt. Was soll die Mär von Ausnahmen? Dann brauche ich doch keine Kündigungen aussprechen.“

Karin Vetterle (SPD-Fraktionssprecherin) wetterte: „Es ist eine Hinterfotzigkeit des RBS – oder Absicht? Dummheit? – drei BSA anzuführen, damit dann kein einzelner Stadtteilbezug gegeben ist und keine Anhörung des jeweiligen Bezirksausschusses erfolgen muss. Leider hat kein Stadtrat die Vorlage gelesen. Unser aller Ziel ist die Taverna Pyrsos auf alle Fälle zu erhalten.“

Jens Luther (CSU, Stadtrat) erklärte: „Wenn die Stadt Ausnahmen machen will, dann darf sie doch keine Kündigungen aussprechen. Es darf keine Hin-und-Her-Interimslösung wie bei der Grillstation in Johanneskirchen geben (Anm. d. Red.: im Zusammenhang mit dem gestoppten Bau der Tram-Trasse zum S-Bahnhof).

Brannekämper machte klar: „Ich erwarte, dass der Pyrsos-Pächter in den kommenden Tagen eine Mail erhält und die Kündigung zurückgezogen wird. Es geht ja auch um Arbeitsplätze, um die Sicherheit der Menschen. Und beim Bau der Sportanlage muss ein Gaststättenersatz, eine Interimslösung beispielsweise mit Container, auf dieser Fläche stehen, nicht einen halben Kilometer weit weg.“

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Vor der Abstimmung war es zu einer „Hängepartie“ gekommen, die es so in den vergangenen zehn Jahren nicht gegeben hat. Der Hintergrund: Tage zuvor hatte der Unterausschuss Bildung und Sport – Leitung Elisabeth Pangerl (CSU) – einen Grünen-Antrag „Erhalt der Gastronomie“ beraten mit dem Ergebnis: „Vertagung ins Plenum; der Antrag wird überarbeitet und interfraktionell gestellt (einstimmig).“ Interfraktionell, also von allen Fraktionen gemeinsam.

Im Plenum lag dann ein Papier – überschrieben „Interfraktioneller Antrag“ – vor. Aber: Im Briefkopf stehen nur die Logos von Bündnis 90 / Die Grünen, SPD und Linke. Keine CSU, keine FDP, keine ÖDP, keine Freie Wähler! Von wegen interfraktionell. Da Brannekämper den Antrag zur Gegenzeichnung nicht bekommen hatte, reichten er und Pangerl einen eigenen Antrag, einen CSU-Antrag, ein. Sozusagen gab’s ein Patt. Pangerl leitete die Wende ein: „Wir haben zwei Antragstexte mit dem gleichen Ziel.“ Nach einer Sitzungsunterbrechung wurde über beide Initiativen abgestimmt – jeweils keine Gegenstimme!

In den Beschlüssen enthalten: „Der Bezirksausschuss (BA) fordert im Rahmen einer Änderung der BA-Satzung, die Anhörungsrechte auszuweiten, sodass die BAs bei weiteren Fortschreibungen des Sportbauprogramms vorab angehört werden. Die BA-Satzungskommission ist damit baldmöglichst zu befassen.“ Und: „Der BA fordert, dass das Sportbauprogramm – genau wie das Schulbauprogramm – zukünftig den Bezirksausschüssen zur Anhörung vorgelegt wird.“

Die Taverna Pyrsos, Vereinslokal des SV Helios Daglfing, an der Englschalkinger Straße, muss erhalten werden. Dazu findet am Samstag, 20. Januar, 11 bis 14 Uhr vor dem Lokal sowie vor der Bäckerei Wimmer (Ecke Freischützstraße) eine Unterschriftenaktion der CSU statt. Foto: hgb