21. März 2018

Kaum einer kennt sie, die wenigsten wissen, wo sie steht – und wer sie entdeckt, ist ob ihres Erscheinungsbilds und ihres Umfelds entsetzt: die Odin-Statue im „Wäldchen“ an der Rückseite des Klinikums Bogenhausen am Ende der Odin­straße. Eine Bürgerin hatte sich beim Bezirksausschuss beklagt, dass „die Statue total eingewach­sen, kaum mehr zu erkennen ist und sich in einem erbärmlichen Zustand befindet“. Doch die Ritter­figur wird nicht restauriert, sie wird lediglich „gereinigt und die Fugen werden saniert“.

Im vergangenen November hatte das Kommunalparlament einstimmig vom Baureferat gefordert, dass der fehlende rechte Arm der Statue rekonstruiert, eine neue Lanze sowie ein Informationstafel angebracht werden sollen. Zudem wurden von den Lokalpolitikern angeregt, den Zugang zum Wäldchen zu verbreitern und in der Nähe eine Bank aufzustellen.

Zum Wegwunsch erklärte die Behörde: „Das Wäldchen ist ein geschützter Landschaftsbestandteil gemäß Bundesnaturschutzgesetz, soll dem Schutzzweck entsprechend nicht betreten werden und ist daher nicht als öffentliche Fläche ausgewiesen. Maßnahmen zur Verbesserung der Zugänglich­keit würden den Vorgaben der Schutzverordnung widersprechen.“

Zu einem Informationsschild erläutert die Behörde: „Die Anbringung von Erklärungstafeln an Denkmälern wird in München nicht praktiziert. Stattdessen wurde der KulturGeschichtsPfad für jeden Stadtbezirk erfolgreich eingeführt, um zahlreiche Beschilderung zu vermeiden. Wir schlagen daher vor, dass bei nächster Gelegenheit im Rahmen des KulturGeschichtsPfads auf die Skulptur verwiesen wird.“

Über die Odin-Statue, ein Werk von Heinrich Natter, ein 1892 eingeweihtes Einzeldenkmal, einge­tragen in der Denkmalliste, urteilt das Landesamt für Denkmalpflege:

Die Odin-Statue in einem Hain an der Rückseite des Klinikums Bogenhausen: Der Zahn der Zeit hat kräftig am Gott des Kriegs genagt, der rechte Arm und der Speer fehlen, werden nicht rekonstruiert. Foto: hgb

„Die Zeichnung aus dem Jahr 1874 stellte leider keine geeignete Grundlage für eine bildhauerische Ergänzung des rechten Arms und der Lanze dar. Auch gilt es zu bedenken, dass der Allgemeinzu­stand der Figur auf Grund von Kriegsbeschädigung und von Erosion doch erkennbar fragmentiert ist, so dass sich ein >neuer< Arm doch etwas fremdartig ausnehmen würde.

Nur eine kontinuier­liche Pflege und Wartung führt zum denkmalpflegerischen Ziel. Also lieber mehr Reinigung, Fugen­sanierung und Steinfestigung und weniger Rekonstruktion bzw. Ergänzung.“

Und weiter heißt es in der Einschätzung: „Den Verlust des Armes und der Lanze muss man ertra­gen – er ist den Zeitläuften und dem individuellen Schicksal der Figur geschuldet. Als Kunst- und Geschichtsdenkmal ist die Figur deswegen nicht minder wertvoll.“

Mit der Reinigung und Fugensanierung und „gegebenenfalls der Befestigung loser Substanz“ wird das Baureferat einen Spezialisten beauftragen. Doch Odin, der in Kelheimer Marmor gemeißelte germanische Gott des Kriegs, der Toten, der Dichtung, der Magie und der Ekstase, ist und bleibt in Bogenhausen ein Invalide ohne Waffe.