Kaum einer kennt sie, die wenigsten wissen, wo sie steht – die Odin-Statue, das Standbild des Göttervaters Wotan, des Odin. Der gemeißelte germanische Gott des Kriegs, der Toten, der Dichtung, der Magie und der Ekstase, befindet sich versteckt zwischen dürren Bäumen und dichtem Gestrüpp, neben dem Höchl-Schlössl und der Kleingartenanlage, an der Rückseite des Klinikums Bogenhausen.
Im Zweiten Weltkrieg war das Denkmal beschädigt worden. Eine 2018 von einer Bürgerin geforderte Reparatur der aus Kelheimer Marmor geschaffenen Figur war seinerzeit vom Landesamt für Denkmalschutz verworfen worden.
Odin wurde aber von Mitarbeitern des Baureferats / Gartenbau samt Sockel und den umliegend schützenden Steinbrocken gründlich gereinigt, schadhafte Fugen saniert, viele Risse verschlossen und die Statue komplett versiegelt worden, so dass sie besser vor Verschmutzung geschützt ist. Auch rundum wurden Moos, Müll und sogar Bretter entfernt. Die Kosten für die Arbeiten damals betrugen knapp 4000 Euro. Der einäugige Kriegsgott, an dem der rechte Arm und der Speer fehlen, war nunmehr sozusagen ein sauberer Invalide – aber ohne Waffe.
In der November-Tagung des Kommunalparlaments regte ein Mann nun erneut eine Renovierung an. Die Lokalpolitiker verwarfen dies mit Hinweis auf den Landesamt-Entscheid vor sechs Jahren. Das Baureferat / Gartenbau wird um eine erneute Säuberung gebeten.
Der Bürger in seinem Schreiben: Bei einer Besichtigung habe ich Beschädigungen festgestellt, die das öffentliche Bild eines pflegenden Stadtbezirks entstellen. Ein derart seltenes kulturelles Monument sollte gehegt werden. Meine Frage: Kann eine Restaurierung in Betracht gezogen werden? Die Reparaturen wären wohl aber nicht ohne größeren Aufwand zu machen. Denn es handelt sich bei den Beschädigungen um abgebrochene Teile und teilweise um aufgesprühte Farbe. In einer kulturlebenden Stadt wie München sollten solche Monumente besser gepflegt werden.
Gleichwohl: Der Autor von unser-bogenhauen.de konnte bei einem Check keine aufgesprühte Farbe finden. Die Statue selbst ist sauber, die Versiegelung zeitigt Wirkung. Lediglich die Steinbrocken am Sockel sind ein wenig vermoost.
Über die Odin-Statue – ein Werk von Heinrich Natter, ein 1892 eingeweihtes Einzeldenkmal – hatte das Landesamt für Denkmalpflege 2018 geurteilt: „Eine Zeichnung von 1874 stellte leider keine geeignete Grundlage für eine bildhauerische Ergänzung des rechten Arms und der Lanze dar. Auch gilt es zu bedenken, dass der Allgemeinzustand auf Grund von Kriegsbeschädigung und von Erosion erkennbar fragmentiert ist, so dass sich ein >neuer< Arm etwas fremdartig ausnehmen würde.
Nur eine kontinuierliche Pflege und Wartung führt zum denkmalpflegerischen Ziel. Also lieber mehr Reinigung, Fugensanierung und Steinfestigung und weniger Rekonstruktion bzw. Ergänzung.“ Und weiter heißt es in der Einschätzung: „Den Verlust des Armes und der Lanze muss man ertragen – er ist den Zeitläuften und dem individuellen Schicksal der Figur geschuldet. Als Kunst- und Geschichtsdenkmal ist die Figur deswegen nicht minder wertvoll.“
Übrigens I: Abgelehnt wurde vor sechs Jahren zudem der Wunsch des Bezirksausschusses für eine Erklärungstafel. Laut Behörde sei das aber „in München nicht üblich“. Es wurde angeregt, die Odin-Statue in den Leitfaden >KulturGeschichtsPfad< des 13. Stadtbezirks aufzunehmen. Auch der von den Lokalpolitikern angeregte Weg samt Bank zum Denkmal wurde verworfen. Denn der Hain, der letzte Rest des einstigen Priel-Walds, befindet sich „in einem geschützten Landschaftsbestandteil, ist keine öffentliche Fläche, sollte möglichst nicht betreten werden“.
Übrigens II: Die Götter-Statue, eine Auftragsarbeit des vermögenden Kunstmalers und Ziegeleierben Anton Höchl – sein angrenzender „Landsitz“ ist das heute so bezeichnete Höchl-Schlössl – war einst, im April 1873, auf der Weltausstellung in Wien von Tausenden bewundert worden, ehe es ein Jahr später auf einen Sockel neben dem Höchl-Wohntrakt montiert worden war.