11. April 2018

Nach rund dreieinhalb Jahren ist die Generalsanierung samt sechsstöckigem „Campus“-Anbau und Aufstockung des Towers um drei Etagen plus Technikgeschoss des wegen seines Grundrisses so bezeichneten Sternhauses an der Arabellastraße 4, die Zentrale der BayWa, abgeschlossen. Der zwischen 1967 und 1969 erstellte Waschbeton-Büro-Turm, einst 60 Meter hoch, misst jetzt exakt 76,1 Meter, hat nunmehr 20 Stockwerke, verfügt über 240 Fahrradstellplätze, hat in der Tiefgarage 600 Parkmöglichkeiten. BayWa inside nach der Rundum-Vitalisierung.

Bereits vor einigen Monaten waren 1200 Mitarbeiter an ihre neuen Arbeitsplätze zurückgekehrt, jetzt folgten weitere 300 Personen von Tochtergesellschaften. Je nach Aufteilung der offenen Büro­strukturen besteht die Platzmöglichkeit für maximal 800 weitere Beschäftigte. Die Nutzfläche beträgt nun sage und schreibe 75 000 Quadratmeter, wovon sich rund 25 000 Quadratmeter für Autos und Technikanlagen unter der Erde befinden.

Das Sahnehäubchen befindet sich gemäß Wortbedeutung im obersten Geschoss: eine moderne, achtfach unterteilte Konferenz- und Veranstaltungszone mit Rundumsicht auf Bogenhausen, mit Blick auf die City und die Alpen. Der mit 200 Quadratmetern größte Saal – „Conference- und Busi­ness-Center“ betitelt – hat die Bezeichnung „München. Alle anderen Räume tragen Städtenamen von Auckland bis Bangkok, wo das 1923 gegründete Handels- und Dienstleistungsunternehmen mit seinen insgesamt rund 17 000 Mitarbeitern Standorte hat.

Das Foyer der BayWa-Zenrale an der Arabellastraße: weitläufig, nüchtern, kalt. Selbst zwei etwa acht mal vier Meter große, pinkfarben bestrahlte Pflanzenwände „wärmen“ nicht auf. Foto: hgb

Der Konzern, etwa 15 Milliarden Euro Umsatz, hat sich die deutlich länger als vormals geplant dauernde Um- und Neugestaltung – bis Ende Mai sollen denn auch die Außen- und Grünanlagen einschließlich der Randstreifen am Effnerplatz sowie an der Englschalkinger- und Arabellastraße wieder angelegt sein – einiges kosten lassen.

Schätzten Fachleute 2014 den Aufwand noch auf etwa 90 Millionen Euro, dürfte sich die Summe – genaue Zahlen wollte man (natürlich) nicht präsentieren – zwischenzeitlich auf einen um etwa 50 Prozent höheren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag erhöht haben.

Die drei zusätzlichen, sich farblich vom Baukörper extrem stark abhebenden Stockwerke wurden ein Stück zurückversetzt, sind gestaffelt, sind verschieden hoch. Dadurch wirkt oder besser soll der Turm optisch schlanker und „leichter“ wirken. Großflächige Verglasungen am Aufbau und nuancierte Verkleidungen in der leicht wellenförmigen Fassade vermitteln oder sollen ein wenig Eleganz vermitteln.

Warum die Einschränkungen? Der Wolkenkratzer mutet jetzt zwar ansprechender an als mit der einstigen Sichtbeton-Fassade. Doch das neue Gesicht ist Geschmackssache. Die einen (wenige) sind angetan bis begeistert, andere (viele) sind enttäuscht, erinnern teils an das Aussehen von Wohn- und Bürosilos in New York in den Sechziger Jahren. Die abgestuft von mattgold, mattmes­sing, kakaobraun bis hin zu beige gehaltenen rechteckigen Wandplatten, die in der Abendsonne teils schimmern, entsprechen nicht jedermanns Ästhetik.

Apropos Ästhetik: Zwar hat sich der Taubenbestand im und um den Arabellapark in den vergange­nen Jahren wohl um 80 bis 90 Prozent verringert. Doch derzeit kreisen diese Vögel wieder vermehrt umher, hinterlassen bereits deutliche, helle Spuren auf den Simsen an den Hochhausfenstern, wo­bei Regen die Verteilung der Hinterlassenschaften noch unterstützt.

In weißer Voraussicht haben die Planer deshalb wie auf dem gegenüberliegenden ArabellaSheraton-Hotel ein Taubenhaus zwecks Bestandsreduzierung installiert. Doch die Wirkung ist offensichtlich beschränkt.

Der sechs Stockwerke hohe „Campus“-Anbau am Sternhaus wirkt düster – zumindest an schattigen Tagen. Für viele unverständlich, wie die Lokalbaukommission diese „Farbgestaltung“ genehmigen konnte. Foto: hgb

Die BayWa sitzt übrigens in ihrer Konzernzentrale nicht mehr als Eigentümer. Um das Projekt finan­ziell stemmen zu können wurde das Sternhaus zunächst anteilig in eine Projektgesellschaft einge­bracht. Nach Fertigstellung gingen 94,9 Prozent des Komplexes in den Besitz des Münchner Immo­bilieninvestors WealthCap – eine Tochter der HypoVereinsbank – über. Laut Pressemitteilung vom März 2016 „orientiert sich der Kaufpreis am Objektwert von rund 280 Millionen Euro.“ Die BayWa hat den Komplex nun auf 20 Jahre zurück- bzw. angemietet.

Gegen die Erhöhung hatten Ende 2014 die Mitglieder des Bezirksausschusses – Grundlage war der von der Stadtgestaltungskommission im Sommer zuvor gebilligte überarbeitete Entwurf für die Rundum-Vitalisierung des Komplexes – im Einklang mit vielen Anwohnern massiv protestiert.

Denn der Bebauungsplan sieht eine Traufhöhe, die Höhe ab Dachoberkante, von 60 Metern vor. Für die Aufstockung hatte die Lokalbaukommission (LBK) im Planungsreferat eine Ausnahmegenehmi­gung, eine so genannte Befreiung, erteilt.

Diese Vorgehensweise und die Konsequenz daraus hatte Robert Brannekämper, stellvertretender Vorsitzender des Bezirksausschusses und CSU-Landtagsabgeordneter, seinerzeit im Kommunal­parlament empört: „Bevor man solch eine Planung genehmigt, müssen Fragen wie Sichtachsen und Verschattung der Nachbarschaft genau geprüft werden. Wenn Immobilienbesitzer in der Umgebung künftig ebenfalls aufstocken wollen, kann die Stadt ihnen das wohl kaum verwehren. Wie sieht dann ein Arabellapark 2.0 aus?“

Stand heute: Die in München einzigartige Skyline rund um das Quartier prägt den 13. Stadtbezirk. Der HVB-Tower mit 27 Etagen und 114 Meter ist das höchste Gebäude, rückt der Sonne am nächsten. Das Arabella-Hochhaus hat 23 Stockwerke, ist 75 Meter hoch, und das Westin Grand Hotel misst 65 Meter. Deutschlands höchstes Kunstwerk, die Mae West am Effnerplatz, ragt 52 Meter gen Himmel. Sämtliche Höhenbeziehungen der Bauten wie auch der Skulptur sind, so der Tenor im Kommunalparlament, aufeinander abgestimmt. Weitere Erhöhungen würden dies stark beeinträchtigen, haben die Lokalpolitiker wiederholt betont.

Die Zentrale der BayWa – noch während der Bauphase – von der Ecke der Englschalkinger Straße aus gesehen – schimmert gelbgold in der Abendsonne. Foto: hgb