Das als Denkmal geschützte, zweigeschossige Gebäude an der Muspillistraße 8 bei der Kirche St. Lorenz – um 1873 erbaut, bis 1979 von der Freiwilligen Feuerwehr Oberföhring als Gerätehaus genutzt – ist vor mehr als fünf Jahren von der Stadt verkauft, das Grundstück geteilt, das kleine Haus vom Erwerber inzwischen saniert worden. Um den Aufbahrungsraum im Erdgeschoss gab es immer wieder Diskussionen. Das mündete nun in einem Antrag der CSU-Stadträte Jens Lut­her (Bogenhausen), Fabian Ewald (Berg am Laim) und Michael Dzeba (Schwabing) an SPD-Ober­bürgermeister Dieter Reiter.

Rückblick ins Jahr 2016: „Als Mindestkaufpreis für das Anwesen samt 470 Quadratmeter großem Grundstück sind 670 000 Euro aufgerufen“ – das war damals auf der Internetseite des Kommunal­referats zu lesen: Und: „Das Bewerbungsende ist Montag, 23.Mai 2016, 12 Uhr“.

Zur Grundstücksbeschreibung und zu den Nutzungsrechten war angeführt: „Das Grundstück ist mit einem derzeit nicht bewohnbaren, leerstehenden Wohngebäude bebaut. Im Erdgeschoss werden zwei Zimmer, zusammen rund 35 Quadratmeter, als Aufbahrungsräumlichkeiten für die auf dem angrenzenden Kirchfriedhof St. Lorenz stattfindenden Bestattungen genutzt und sind zu die­sem Zweck an die Städtische Bestattung unentgeltlich zu überlassen.“

Gemäß Ausschreibung wurde das Haus „mit Satteldach, nicht unterkellert, circa 1928 umgebaut. Es weist massive Schäden, insbesondere Schimmelschäden auf. Ein Teil des ersten Geschosses ist einsturzgefährdet.“ Laut Sachverständigen-Gutachten „vom Juli 2014 ergab eine überschlägige Schätzung Restaurierungskosten von rund 710 000 Euro.“ Sollten tatsächlich besagte 670 000 Euro als Kaufpreis erzielt worden sein, summiert sich der Aufwand also auf rund 1,4 Millionen Euro.

Bis 1979 diente das Gebäude Muspillistraße 8 als Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr Oberföhring. Unten befindet sich der Aufbahrungsraum – die Nutzung war beim Verkauf des Hauses verankert worden.

Der Käufer kann aber lediglich die Fläche über dem Leichenraum im ersten Stockwerk und die Fläche unter dem Dachstuhl nutzen – geschätzt maximal 100 Quadratmeter. Mit anderen Worten: Wohl etwa 14 000 Euro Kosten pro Quadratmeter Wohnfläche. Und: Wer wohnt schon gern über Aufbahrungszimmern?

Das CSU-Rathaus-Trio nun in seiner Initiative: „Die Stadt erhält den Aufbahrungsraum in der dauerhaft. Es muss alles unternommen werden, um die Streichung der vertraglich vereinbarten Dienstbarkeit im Grundbuch zu verhindern und der Kirchengemeinde weiterhin die Nutzung des Aufbahrungsraums zu ermöglichen.“

In der Begründung dazu wird ausgeführt: Die Möglichkeit einer Aufbahrung direkt am Friedhof im alten Ortskern von Oberföhring hat eine lange Tradition, die bis in das Jahr 1873 zurück reicht. Eine Tradition, die jetzt durch das Gesundheitsreferat komplett aufgegeben werden soll. Der Raum ging mit der Eingemeindung Oberföhrings 1913 in städtisches Eigentum über. Er stellt – genauso wie die Freiwillige Feuerwehr im Ortskern Oberföhring – einen wichtigen Teil der ehemaligen örtli­chen Dorfstrukturen und Bräuche dar, die es auch nach der Eingemeindung zu erhalten galt. Der Erhalt der unentgeltlichen Nutzung als Aufbahrungsraum wurde dementsprechend gegenüber der Kirchengemeinde auch beim Verkauf des Gebäudes 2016 / 2017 erneut zugesichert. Um diese Zusicherung umzusetzen, wurde die Dienstbarkeit für die Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Gebäudes zum Vertragsbestandteil gemacht.

Januar 2022: Das aufwändig sanierte Haus an der Muspillistraße. Wird der Aufbahrungsraum im Erdgeschoss erhalten? Das fordern zumindest drei CSU-Stadträte in einem Rathaus-Antrag. Fotos: hgb

Und weiter heißt es: Da nun im Nachgang zum Verkauf mit dem neuen Eigentümer Uneinigkeit bezüglich der von der Stadt zu übernehmenden Renovierungskosten entstanden ist, steht die Option im Raum, dass die entsprechende Dienstbarkeit aus Kostengründen aus dem Grundbuch gestrichen und damit die Bestattungstradition am Friedhof Oberföhring unwiederbringlich beendet wird.

Dass der Erhalt des Aufbahrungsraums wirtschaftlich nicht profitabel gestaltet werden kann, stand bereits vor dem Verkauf des Gebäudes fest und darf auch nicht Maßstab der Erwägungen sein. Ein würdevolles und wohnortnahes Abschiednehmen von Verstorbenen muss weiterhin möglich sein. Die Alternative der Stadt für die trauernde Gemeinde ist die Aussegnungshalle am Nordfriedhof. Dieser Weg ist aber gerade für ältere Mitbürger sehr beschwerlich und somit nicht zuzumuten.