Bis zu zwölf Mal im Jahr wurde in der Vergangenheit das Grün an den Straßenrändern auf wenige Zentimeter gestutzt. In einem Pilotprojekt der Stadt wurde die Mahdumstellung ab 2022 in Bogenhausen erprobt – auf zwei Mal im Jahr. Ergebnis: Es sprießt, blüht und wuchert – auf mehr als einem Drittel der Flächen hat sich laut Baureferat das Artenreichtum erhöht. Aber: Die Kosten steigen wegen des erhöhten Arbeitsaufwands von zwei auf knapp sechs Millionen Euro. „Ist hohes Gras auch eine größere Gefahr für Zeckenstiche?“ Diesem SPD-Antrag, gerichtet an das Gesundheitsreferat, hatte der Bezirksausschussim Juli mit 14 gegen 13 zugestimmt.
Zum Hintergrund: Es gibt nur mehr eine erste Mahd im Juli nach der Blüte und eine zweite Mahd im Oktober. Die Schnitthöhe wird auf acht bis zehn Zentimeter erhöht. Die Mahd erfolgt mit insektenschonenden Mähgeräten. Das Geschnittene wird mindestens zwölf Stunden auf der Fläche belassen, die Insekten können „fliehen“, ehe es abtransportiert wird.
Lokalpolitikerin Christiane Hacker will wissen: „Ist die Gefahr, durch einen Zeckenstich mit Borreliose oder FSM in München infiziert zu werden, mit einer Verringerung der Mahd-Zeiten höher?“ Denn das Stadtgebiet ist vom Robert Koch-Institut (RKI) als FSME-Risikogebiet eingestuft.
Die Antwort (Auszüge) von Gesundheitsreferat-Chefin Beatrix Zurek: „Zecken sind ab circa acht Grad Celsius aktiv und treten je nach Witterungsverhältnissen hierzulande von Februar / März bis in den Oktober / November auf. Ihre Aktivitätsperiode hängt aber auch von Trockenperioden und dem Vorhandensein von Wirten (Nagetiere, Vögel, kleine und größere Säugetiere) ab. Zecken bevorzugen einen Lebensraum mit Temperaturen von 14 bis 23 Grad Celsius und einer hohen Luftfeuchtigkeit (bis 90 Prozent). Zecken kommen praktisch überall vor, wo es Pflanzen gibt, auch in Gärten oder Parks. Sie leben im Gras, auf Sträuchern und im Unterholz. Beim Vorbeigehen heften sie sich an die Kleidung und suchen nach einer unbedeckten Körperstelle.
Die wichtigsten zeckenübertragenen Erkrankungen sind die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) und die Lyme-Borreliose. Nicht jeder Zeckenstich führt jedoch zu einer durch Zecken übertragbaren Erkrankung.
Die Frühsommer-Meningoenzephalitis wird durch FSME-Viren verursacht. In München – seit 2023 als einer von zurzeit 180 Landkreisen in Deutschland vom RKI als FSME-Risikogebietausgewiesen – sind allerdings nur circa 0,1 bis fünf Prozent der Zecken mit dem Virus infiziert, zudem ist das Virus in den Zecken meist nur in kleinräumigen Bereichen verbreitet. Als ein Naturherd ist in München seit einigen Jahren der Perlacher Forst bekannt.
Die seit Einführung der Meldepflicht 2001 an das RKI übermittelten Meldezahlen für den Stadtkreis München schwanken zwischen 0 bis14 pro Jahr, 2024 waren mit Stand 25.August sieben Fälle zu verzeichnen.
Gegen FSME existiert eine wirksame Impfung, welche nach Maßgabe der Empfehlung der Ständigen Impfkommission Kindern wie auch Erwachsenen anzuraten ist. Bei der Lyme-Borreliose handelt es sich demgegenüber um eine bakterielle Infektion. Etwa zehn bis 20 Prozent der Zecken in Deutschland tragen das Bakterium in sich, weswegen die Erkrankung häufiger auftritt als die FSME.
Die Borreliose ist erst seit 2013 meldepflichtig. In den letzten Jahren variierten auch die an das RKI übermittelten Meldezahlen und lagen für München zwischen 0 und 154 pro Jahr, 2024 waren bis zum 25. August 47 Fälle zu verzeichnen. Gegen die Lyme-Borreliose steht zwar derzeit noch keine Impfung zur Verfügung, sie kann jedoch gut antibiotisch therapiert werden und nimmt –rechtzeitig erkannt – nur sehr selten einen chronischen Verlauf.
Gegen beide Erkrankungen kann man sich zudem sehr gut selbst schützen – und dies ganz unabhängig von den Mahd-Zeiten. So bietet das Tragen geschlossener Kleidung (feste Schuhe, lange Hosen, lange Ärmel) bei Aktivitäten im Freien einen gewissen Schutz. Dadurch wird es Zecken erschwert, eine geeignete Hautstelle für eine Blutmahlzeit zu finden. Die Anwendung von Repellentien auf der Haut kann ebenfalls vor Zeckenstichen schützen. Dieser Schutz ist aber zeitlich begrenzt. Zecken stechen zudem nicht sofort zu, sondern laufen auf der Suche nach einer geeigneten Einstichstelle auf dem Körper bzw. der Kleidung umher. Aus diesem Grund ist das regelmäßige Absuchen des Körpers – gerade nach dem Aufenthalt im Freien – eine weitere Möglichkeit, um die Parasiten frühzeitig zu finden bzw. vor dem Zustechen zu entfernen.
Falls eine Zecke schon zugestochen hat, ist die möglichst rasche Entfernung wichtig. Hierfür sollte ein geeignetes Werkzeug (Zeckenzange) verwendet werden. Zudem ist es gerade zu Beginn der Zeckensaison ratsam, den Impfstatus zu überprüfen und möglicherweise fehlende Schutzimpfungen gegen FSME nachzuholen.
Die verringerten Mahd-Zeiten sollte nicht von der Frage nach Zeckenstichen abhängig gemacht werden. Zecken kommen auch auf privaten Flächen vor, auf denen es Pflanzen gibt, und somit auch auf solchen, in Bezug auf welche keine Mahd-Zeit-Veränderung erfolgt, und die regelhaft zu Aufenthaltsorten der Stadtbevölkerung gehören. Der Grad der von Zeckenausgehenden Gefahr kann erfahrungsgemäß auch bei vermeintlich gleichen Rahmenbedingungen je nach konkreter Situierung unterschiedlich einzuschätzen sein. Das individuelle Risiko, in München durch eine Zecke gestochen und dadurch mit FSME oder Borreliose infiziert zu werden, kann deshalb nicht an einen singulären Faktor wie eine Verringerung der Mahd-Zeit angeknüpft werden, sondern ist letztlich multifaktoriell und hängt inganz entscheidendem Maße vom eigenen Präventionsverhalten ab.
Weitere Informationen gibt’s unter www.muenchen.de/zecken. Die Behörde bietet zudem über die Impfberatungsstelle Aufklärung bei Fragen rund um den Impfschutz an. Diese ist werktäglich von 11 bis 12 Uhr unter 089 / 233-66907 zu erreichen. Impfungen gegen FSME können bei Hausärztin oder Hausarzt, aber auch in der Impfstelle des Gesundheitsreferats durchgeführt werden (www.muenchen.de/impfen). Terminvereinbarung kann unter 089 / 233-66912.
