9. März 2018

Ende 1997 zu Ende 2017 – ein Vergleich. In diesen 20 Jahren ist die Einwohnerzahl in Deutsch­land um knapp ein Prozent auf rund 82,5 Millionen Menschen gewachsen. Die Bewohner von München haben um etwa 13 Prozent auf rund 1,53 Millionen zugelegt – Tendenz bis 2037 fast 1,9 Millionen. Und Bogenhausen verzeichnet zwischen 1997 und 2017 ein Plus von etwa 25 Prozent auf fast 88 000 Bürger – Tendenz bis 2037 auf Grundlage laufender und geplanter Wohnbau­projekte rund 110 000 Personen.

Letztere Zahl für Bogenhausen ist wohlgemerkt ohne den geplanten neuen Stadtteil (Städtische Entwicklungsmaßnahme / SEM) jenseits der S-Bahn vom und zum Flughafen, wo nach heutigem Stand frühestens ab 2037 mindestens weitere 30 000 Bürger leben sollen. Summa summarum also rund 140 000 Menschen. Bogenhausen ist in 20 Jahren dann mit Sicherheit einer der größten Stadtbezirke der Millionenmetropole, wenn nicht gar der größte.

2037 dürfte somit, bezogen auf 1997, die Zunahme 100 Prozent, bezogen auf 2017 rund 60 Pro­zent betragen! Werte, die nachdenklich machen, ja erschrecken.

Die zwangsläufige Frage aus diesen Zahlen für den 13. Stadtbezirk: Bogenhausen – quo vadis? Wohin gehst du? Zu beachten ist dabei: Bogenhausen ist vielteilig – Altbogenhausen, Oberföhring, Daglfing, Denning, Englschalking, Joahnneskirchen, Steinhausen und Zamdorf; dabei mit diversen Wohn- und / oder Büroquartieren wie dem Arabellapark, der Parkstadt Bogenhausen, dem Zamilapark, dem Herzogpark und anderen mehr.

September 2014: das Café Wiedemann mit Freifläche im längst abgerissenen HDI-Riegelblock. Foto: hgb

Die Dynamik der Entwicklung des Bevölkerungswachstums zieht schier unlösbare Herausforderun­gen bezüglich der Infrastruktur nach sich – bezahlbarer Wohnraum, Senioreneinrichtungen (Bogen­hausen hat heute schon mit 43 Jahren den zweithöchsten Altersdurchschnitt aller 25 Stadtbezirke) Schulen jeglicher Art, Sporthallen, Kindertagesstätten, Spielplätze, Straßen, Öffentlicher Personen­nahverkehr (ÖPNV), Feinstaubbelastung, Grünflächen und, und, und.

Schon heute bereiten die Infrastrukturprobleme im Großen wie im Kleinen Kopfzerbrechen – siehe die vermutlich zu klein geplante Ruth-Drexel-Grundschule und die nicht rechtzeitig nutzbaren Kindertagesstätten im neuen Stadtteil Prinz-Eugen-Park mit 1800 Wohnungen für rund 4500 Menschen oder beispielsweise die katastrophale Personalsituation in der Kita Else-Laser-Schüler-Straße.

Wäre alles auf Kante genäht, ja dann ginge es gerade noch, dann wäre es vielleicht zu handhaben. Doch die Fakten sprechen dagegen. Den Menschen wird es täglich vor Augen geführt; alle vier Wochen suchen die Mitglieder des Bezirksausschusses Auswege, überlegen Maßnahmen, wie man Chaos halbwegs managen kann.

Chaos – den Schwarzen Peter hat die Stadt. Sie blockiert sich regelmäßig, immer wieder werden Fehl- und / oder halbherzige Entscheidungen getroffen. Die Stadt? Das ist die Verwaltung, das sind die Referate, die sich untereinander kaum einmal abstimmen. Geschweige denn sich mit den gewählten Bogenhauser Vertretern zusammensetzen, die die Situationen vor Ort am besten beurteilen können. Das Motto www – wir wursteln weiter – bleibt als Eindruck.

März 2018: Rohbau des rund 150 Meter langen Riegels mit 129 Einheiten entlang der Englschalkinger Straße – ohne den einstigen Freiraum . Foto: hgb

Für eine Boom-City wie München, die heute schon mit 4920 Einwohnern je Quadratkilometer die am dichtesten besiedelte Großstadt der Republik ist, und so auch für Bogenhausen einfach verheerend.

Bei all dem verändert sich das Stadtbild, nach um nach, jeden Tag wird ein Stück quadratisch, praktisch, „gut“ mehr zubetoniert. Zwischen gediegenen, zumeist niedrigen Häusern werden – vorwiegend aus Renditegründen – hohe Kästen errichtet. Und Blockbauten entstehen an allen Ecken und Enden, jeder Meter wird mit städtischer Genehmigung (aus-)genutzt.

Beispiele gibt’s zuhauf. Ein Fall: der Bau von 129 Wohnungen an der Ecke Vollmann- / Englschal­kinger Straße auf dem einstigen HDI-Areal. Riegel mit Büroräumen ersetzt nun Riegel mit Wohnun­gen – vier Stockwerke hoch plus zurückversetzte Terrassengeschosse. Licht- und Luftschneisen oder gar Freiraum? Fehlanzeige! Gerade dass noch am Rand zur Fahrbahn hin – quasi zur Abschirmung – ein Streifen Platz für ein paar Bäume und Büsche bleibt. Wie Hohn wirkt da die Werbebande an der Baustelle: „Urban wohnen mit der Natur als Nachbar“.

Aber immerhin: Wo einst 37 Jahre lang das Café Wiedemann war, wird wieder – wenn auch derzeit im Rohbau nicht erkennbar – ein Café eingerichtet. Das versicherte Stefanie Lux, Marketing Managerin der Bauherrin Concept Bau.

Aufsicht des Projekts an der Ecke Vollmann- / Englschalkinger Straße ohne eine einzige Schneise in dem langgestreckten Trakt. Die Grundstücksfläche wurde voll „ausgereizt“. Foto: Concept Bau