17. Dezember 2019

Können Sie sich das vorstellen: Einen Zaun um den Olympia-Berg, weil sich unter der meterdicken, bepflanzten Erdschicht jede Menge Schutt befindet? Oder ein Gatter um den 75 Meter hohen Frött­maninger Berg, eine renaturierte Müllhalde mit einem Windrad als Wahrzeichen, winters als Ski­piste genutzt, unweit der Allianz Arena? Kurzum: ein „Betreten verboten!“ Beides eher wohl nicht.

Doch nichts anderes, nur ein paar Nummern kleiner, plant das Baureferat / Gartenbau in der Grün­anlage an der Pühnstraße – kurz Pühnpark, künftige Größe zwischen Denninger-, Weltenburger- und Eggenfeldener Straße rund 50 Hektar –, deren erster, acht Hektar großer Teil bereits im Juni (!) fertig gestellt sein sollte. Nämlich einen 1,2 Meter hohen Zaun, fachmännisch als Forstkoppelzaun bezeichnet, um das rund 6700 Quadratmeter große Waldstück hinter der Neckar- in Richtung Denninger Straße (lesen Sie dazu den nachfolgenden Bericht: „Pühnpark-Wäldchen: 1,2 Mil­lionen Euro“).

Nur schwerlich zu verstehen: Die Mitglieder des Bezirksausschusses stimmten der Behördenvor­lage „Sperrung der Biotopfläche“, also einen Zaun, querbeet mit 21 gegen elf Stimmen aus der CSU-Fraktion und von der Bezirksausschuss-Vorsitzenden Angelika Pilz-Strasse (Grüne) zu. Hingegen lehnten sie die Anlage eines Wegs – momentan besteht etwa mittig ein Trampelpfad – wegen der Teilung des Walds ab.

Robert Brannekämper, stellvertretender Vorsitzender des Kommunalparlaments und CSU-Land­tagsabgeordneter, war „bedient“, hatte vehement für ein „Zurück-ans-Referat“ plädiert, hatte argu­mentiert, „dass dort seit Jahrzehnten die Menschen herumlaufen“, hatte angeführt, dass der „ach so große Referatsplan Grünanlage“ zerstört wird. Er kündigte seinen Einsatz an, „um einen Lattenverschlag – das sieht doch furchtbar aus“ – zu verhindern.

Der Hintergrund des Ganzen: Laut Gartenbau-Vertreter Wolfgang Mesenich im Untergremium Stadtgestaltung, Öffentlicher Raum und Ökologie liegt besagtes Wäldchen in einem mit Schutt, mit kontaminiertem Material aufgefüllten Bereich. Die Kampfmittelsondierung ist abgebrochen worden, weil eben zu viel Metallschrott im Boden steckt. Nur etwa zehn Prozent des Areals konnten daher untersucht werden. Die Aufschüttungen betragen den Angaben zu Folge zwei bis fünf Meter. Ob das „Aufschüttungsmaterial“ Problemmaterial sei, das wisse man nicht.

Das Pühnpark-Wäldchen an der Ecke Neckar- / Spessartstraße aus Sicht des vorübergehend hierher ans Eck verlegten Naturkindergartens Nakibo. Entsprechend den Baugittern soll das Waldstück mit einem Holzzaun abtrennt werden. Foto: hgb

Mesenich führte fünf Punkte für eine Sperrung an:

1. Die Verkehrsicherheit durch Metallschrott wie Nägel, Scheren und ähnliches sei nicht gewährleistet, Menschen könnten sich verletzen. Die Stadt müsse daher vor Klagen geschützt werden. Den ganzen Müll – so steht’s im Protokoll – zu entfer­nen ist zu aufwendig, alles abzuholzen und wegzuräumen stellt den Extremfall und die dritte Alternative dar.

2. Es biete sich an, das Waldstück als Biotop und Artenschutz-Bereich zu deklarieren. Schilder zum Schutz des Gebiets und zur Aufklärung der Bürger könnten angebracht werden.

3. Mit Personen der Wagenburg „Hin und Weg“ und des Naturkindergartens Nakibo, die hierher wieder zurückkeh­ren werden, sind Gespräche geführt worden. Beide Gruppen hätten die Notwendigkeit einer Einzäu­nung des Walds verstanden und für beide bedeute das keine Einschränkungen.

4. Der gewählte Zaun werde so nah wie möglich um das Wäldchen gezogen, so dass sich dazwischen keine Frei­flächen ergeben.

5. Kleine Tiere – keine Hunde – könnten den Zaun durchqueren.

Unterausschuss-Vorsitzender Andreas Baier (Grüne) erklärte: „Entweder einen Zaun installieren oder alles abrasieren und untersuchen.“ Seine Parteikollegin Pilz-Strasser, widersprach: „Man muss die Bäume nicht abschneiden um zu sehen, ob was im Boden steckt. Dazu gibt’s Sondierungen. Ich bin gegen eine Umzäunung. Sonst müsste man ja aus Gefährdungsgründen den ganzen Denninger Anger sperren.“

Künftiger Ausgang des Pühnparks auf Höhe der Turnerschaft Jahn an der Weltenburger Straße. Bereits vor sechs Monaten (!) sollte die Grünanlage fertig gestellt sein. Wann die Freigabe erfolgt – das ist derzeit noch offen. Foto: hgb

Brannekämper kurz und bündig: „Den Schrott kann man rausholen.“ Genau das ist der Knack­punkt. Offensichtlich eine Frage des Willens – und letztendlich des Gelds.

Christiane Hacker (SPD) hingegen stützte das Baureferat: „Es ist doch alles geprüft worden. Aus­räumen ist nur möglich, wenn die Bäume abgeschnitten werden. Ich kann die juristischen Einwände der Stadt verstehen, die Stadt ist verantwortlich.“ Ins selbe Horn stieß ihr Kollege Wolfgang Thom­ma: „Entscheidend ist die Verkehrsicherungspflicht der Stadt.“

Erstaunlich: Weder die städtischen Fachleute noch ein Lokalpolitiker sind auf die Idee gekommen, das Areal ein wenig auszulichten und dann mit einer dicken Erdschicht zu bedecken und anzubö­schen wie am Olympia- oder Fröttmaninger Berg. Klar – einige Bäume und Sträucher würden absterben. Doch das wäre wohl immer noch besser als einzuzäunen oder gar abzuholzen. Spazier­gänger mit oder ohne Hund, Kinder und Eltern des dann wieder zurückverlegten Naturkindergartens könnten nicht nur den mittigen Trampelpfad wieder nutzen, sondern das gesamte Wäldchen-Areal.