24. November
Radwege: „Wichtiger an anderen Stellen“
Ob als Fußgänger, Auto- oder Radfahrer – wer auf Wegen und Straßen in München unterwegs ist, der lebt im weitesten Sinn gefährlich. Lokal- und Stadtpolitiker versuchen immer wieder, durch Maßnahmen Verbesserungen zu bewirken.
So sollen beispielsweise in der Vollmann- zwischen Denninger- und Englschalkinger Straße 2,30 Meter breite Radwege plus 50 Zentimeter Sicherheitsstreifen zum Verkehr statt der Parkreihe auf der Westseite (ungerade Hausnummern) angelegt werden. Und das obwohl – wenn auch schmale – Radfahrwege beidseits vorhanden sind. Doch warum an diesem etwa 700 Meter langen Abschnitt, wo es doch an anderen Strecken gar keine Fuß- und Radwege gibt?
Bei der Tagung des Bezirksausschusses meinte denn auch ein Lokalpolitiker: „Viel wichtiger wären doch endlich einmal Fußgänger- und Radwege entlang der Eggenfeldener- zwischen Weltenburger- und Friedrich-Eckart-Straße und weiter Richtung Zamdorf anzulegen.“ In der Tat: Gehen und Radfahren in diesen Abschnitten ist nicht nur gefährlich, sondern lebensgefährlich.
Das trifft auch auf das Umfeld der Bushaltestellen an der Schwarzwaldstraße zu. Das Kommunalparlament forderte die Stadt jetzt erneut auf, die Haltestellen „normgerecht auszubauen und sich wegen des Grundstücksstreifens mit dem Freistaat ins Benehmen zu setzen.“ Verbunden ist damit die wiederholte Forderung, „einen Rad- und Fußweg entlang der Eggenfeldener Straße zu errichten.“ Man pocht auf eine „zügige Bearbeitung“.
Zurück zum „Umbau Vollmannstraße“. Da heißt es im Protokoll des Untergremiums Verkehr zu den Plänen:
„Der Bezirksausschuss unterstützt selbstverständlich den Stadtratsbeschluss vom Juli 2019 zum Radentscheid. Die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen soll jedoch mit Augenmaß und unter Einbeziehung der Bürger an den jeweiligen Streckenabschnitten erfolgen. Gerade in der Vollmannstraße sehen wir eine Beteiligung der Anwohner als unumgänglich.“Untergremium Verkehr

Und weiter: Das neu gegründete Mobilitätsreferat soll die hierfür notwendigen Hausaufgaben machen und gemeinsam mit der Bürgern vernünftige Lösungen ausarbeiten. Die Planungen müssen alle betroffenen Verkehrsteilnehmenden berücksichtigen. Keinesfalls darf die Verwaltung über die Köpfe der Bürger und des Bezirksausschusses hinweg in einen Prüfungsprozess eintreten und nicht abgesprochene Vorschläge dem Stadtrat unterbreiten. Insofern wurde ein Antrag zur „Sicherheit in der Vollmannstraße“ bis dahin vertagt – einstimmig!
Zum Antrag hatte Martin Düchs (ÖDP) erklärt:
„Radler werden momentan überall an den Rand gedrängt. Wir brauchen breitere Fuß- und Radwege. Kein Anwohner hat einen Anspruch auf einen Parkplatz vor seiner Haustür. Wir alle haben aber den Anspruch, sicher unterwegs zu sein.“Martin Düchs

Dann wetterte Düchs gegen einen „Ortstermin der CSU“, Corona bedingt Ende Oktober im Freien auf dem Pachmayrplatz abgehalten, hielt die DIN-A-4-Einladung in die Höhe. Darin ist zu lesen: „Auf Ihre Teilnahme freuen sich Robert Brannekämper, Landtagsabgeordneter, Jens Luther, Stadtrat, Fabian Ewald, Stadtrat, Florian Ring, Vorsitzender Bezirksausschuss Bogenhausen.“ Sie zeichnen per Unterschrift als Einlader und Verantwortliche – nicht die CSU.
Gleichwohl wird im Text klar gestellt:
„Unsere Position als CSU ist eindeutig. Auch uns liegt ein guter und sicherer Radverkehr am Herzen, Dieser darf aber nicht zu künstlich geschaffener Parkplatznot in der Vollmannstraße, in der sich auch noch zwei große Kindertagesstätten befinden, und der Nachbarschaft führen. Deshalb hat die CSU dem gesamten Maßnahmenpaket ihre Zustimmung verweigert, da eine seriöse Prüfung der Folgewirkungen dieser geplanten Maßnahmen bislang nicht vorgenommen wurde.“ Einladungsschreiben
Der Hintergrund der Diskussionen: Gemäß dem Bürgerbegehren Radentscheid „soll in München ein lückenloses Netz an Rad-Vorrangrouten entstehen“ – das hat die grün-rote Mehrheit im Rathaus beschlossen und sich vorgenommen, in jedem Quartal zehn Maßnahmen umzusetzen. Der Stadtrat hat die Planer beauftragt, Vorschläge zu erarbeiten, wie bei 18 Straßen neue und breitere Radwege eingerichtet werden können. Dazu werden wieder Autospuren und Parkplätze gestrichen. Im „Maßnahmenbündel“ sind zwei Projekte in Bogenhausen enthalten – eben in der Vollmannstraße und im Abschnitt Englschalkinger – zwischen Freischütz- und Ostpreußenstraße sowie Marienburger- und Barlowstraße.

Wie läuft’s ab? Laut einer Mitteilung aus dem Rathaus werden Anwohner und Bezirksausschüsse in die weiteren Planungen einbezogen, etwa durch Online-Veranstaltungen oder andere Formate. Am Ende entscheidet der Stadtrat über eine Umgestaltung. Laut Jens Luther „soll bis Frühjahr 2021 die Feinplanung stehen“. Und: „Wir sind nicht gegen eine Verkehrswende, aber nicht so, nicht hier, nicht an diesem Abschnitt.“
Und will sieht’s mit der Finanzierung aus? Anne Hübner, Chefin der Rathaus-SPD, in einem „Bild“-Interview:
„2020 ist uns eine Milliarde an Gewerbesteuern weggebrochen. Wir hoffen, dass wir 2021 nicht mehr als 400 Millionen Defizit haben. 2021 werden wir 1,4 Milliarden Schulden aufnehmen. Das Geld brauchen wir für Wohnungs- und Schulbau sowie für U-Bahn-Planungen. Und die neuen Radwege dürfen nicht 1,6 Milliarden Euro kosten.“ Anne Hübner
Übrigens: Das Defizit beträgt inzwischen 549 Millionen Euro …
Sparen ist also angesagt. Am Besten wäre es, beim Vorhaben Vollmannstraße anzufangen.