Die neue Asylbewerberunterkunft an der Musenbergstraße 25 bis 27 in Johanneskirchen in einem seit langem geschlossenen Vier-Sterne-Hotel („4mex inn“) – wir haben berichtet – ist fertig umgebaut, die ersten Bewohner sind dieser Tage bereits eingezogen. Der langgezogene Gebäudetrakt wurde von der Regierung von Oberbayern für die Dauer von 15 Jahren angemietet – die Jahresnettopacht beträgt 2,5 Millionen Euro, für die gesamte Laufzeit also 37,5 Millionen Euro! So etwas nennt man wohl Goldgrube.
Apropos Geld: „Mindestens fünf Millionen Euro“, so schätzte unlängst ein Lokalpolitiker, dürften die seit Frühjahr 2021 laufenden, aufwendigen Umbau- und Renovierungsarbeiten für die Anfang der neunziger Jahre errichteten Gebäude verschlungen haben. Die Maßnahme wurde übrigens von der Lokalbaukommission (LBK) im städtischen Planungsreferat „als Sonderbau“ genehmigt.
Und: Im Mietzins sind die üblichen Mietnebenkosten sowie die durch den Betrieb als Asylunterkunft anfallenden Kosten, beispielweise Catering, Kinderbetreuung, medizinische Grundversorgung, tagesstrukturierende Maßnahmen, Sicherheitsdienst und ähnliches, natürlich nicht enthalten. Diese Aufwendungen können erst nach einer mehrmonatigen Laufzeit genauer taxiert werden.
Die Dependance gehört zum ANKER Oberbayern (Anker steht für Ankunft, Entscheidung, Rückführung) und soll die bestehenden Unterbringungsmöglichkeiten – es gibt zehn Standorte in Oberbayern, davon vier im Stadtgebiet – ergänzen. Maximal 340 Personen (in zehn Zweibett-, 104 Dreibett- sowie Sechsbettzimmern) finden (für bis zu sechs Monate) Platz in dem Ex-Hotel – es ist die sechste Gemeinschaftsunterkunft in Bogenhausen.

In der Dependance sollen vorrangig asylsuchende Familien untergebracht werden. „Damit reagiert die Regierung von Oberbayern“ gemäß einer Pressemitteilung „auch auf den seit Jahren steigenden Anteil von Familien unter den Asylsuchenden.“
Regierungspräsident Konrad Schober erklärte: „Mit der neuen Unterkunft tragen wir dem über die Jahre veränderten Zugangsgeschehen und den besonderen Bedürfnissen von Flüchtlingsfamilien Rechnung. Der Standort an der Musenbergstraße bietet schutzsuchenden Eltern und Kindern gute Voraussetzungen für ihre Ankunft und eine gelingende Integration wie beispielsweise eine eigene Kinderbetreuung in der Unterkunft und gut erreichbare schulische Einrichtungen.“
Die vollständig neu möblierten Räume verfügen je nach Größe über zwei bis sechs Metallbetten, Schränke und einen eigenen Raum mit Bad und WC. Einige Zimmer sind zudem barrierefrei ausgestaltet. Im Erdgeschoss befindet sich die Essensausgabe und ein Speiseraum (Platz für 100 Personen) für das angebotene Catering morgens, mittags und abends. WLAN gibt es im ganzen Haus, Gemeinschaftsräume in allen Stockwerken. Ein Sicherheitsdienst ist zum Schutz der Bewohner rund um die Uhr anwesend. Zudem ist Personal der Regierung als Unterkunftsleitung und -verwaltung vor Ort tätig.
Dazu gibt es soziale Angebote, wie die vom Freistaat finanzierte Flüchtlings- und Integrationsberatung, tagesstrukturierende Angebote sowie eine medizinische Grundversorgung mit ärztlichen Sprechstunden. In der Mitteilung heißt es weiter: „Für Kinder wurden Spielmöglichkeiten im Gebäude sowie eine Spielfläche im Freien geschaffen. Schulpflichtige Kinder und Jugendliche besuchen den Unterricht in besonderen Klassen der Regelschulen. Durch die gute ÖPNV-Anbindung sind Behörden und andere Stellen einfach zu erreichen.“

Der Hintergrund der Maßnahme: Auf einem Areal im Euro-Industriepark in Freimann wurden mehrere marode Hallen abgerissen. Auf der einen Hälfte des Areals baut derzeit die Stadt ein Kälteschutzzentrum für Obdachlose. Dadurch entfallen rund 200 Plätze für das bestehende Ankunftszentrum (AZ) von Flüchtlingen. Auf der anderen Grundstückshälfte wird ein neues AZ errichtet.
Daher ist laut Protokoll des Bezirksausschusses vom April 2021„ein Ausweichquartier – eine temporäre Nutzungsänderung für das Hotel – geplant.“ Die Lokalpolitiker – einer hatte den Begriff „Asyl-Hotel“ geprägt – hatten damals das Schreiben der Regierung von Oberbayern „zur Kenntnis genommen“ und gebeten, „sehr zeitnah über die Planungen unterrichtet zu werden.“ Zudem sollen die Pläne der Räume und die Ausstattung der sozialen Betreuung dem Gremium präsentiert werden. In der Stellungnahme heißt es: „Wir bitten zu berücksichtigen, dass es bereits fünf Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge im Stadtbezirk gibt. Einen öffentlichen Vorstellungstermin der Planungen, in dem die Bevölkerung informiert wird, bitten wir umgehend mitzuteilen.“
Eine Antwort dazu steht bis dato aus. >Aus Betroffenen Beteiligte machen< – in Unternehmen heutzutage selbstverständlich, in Verwaltungen nicht. Dabei stoßen Veränderungen oft auf Widerstände, können Unsicherheiten entstehen vor dem Neuen. Diverse Anfragen von Bogenhauer Bürgern zur Dependance belegen das!
Mit diesen Umständen konfrontiert, erklärte Wolfgang Rupp, Pressesprecher der Regierung von Oberbayern: „Entgegen unseren ursprünglichen Planungen ließ sich ein Tag der offenen Tür mit Besichtigungsmöglichkeiten für Interessierte im Vorfeld leider nicht mehr realisieren. Neben der Pandemiesituation, baulichen Verzögerungen und Lieferschwierigkeiten bei unseren Dienstleistern, die eine Terminplanung sehr erschwerten, arbeiten die Regierung von Oberbayern und die Kreisverwaltungsbehörden aktuell seit Wochen unter Hochdruck und mit oberster Priorität daran, zusätzliche Unterkunftskapazitäten zu schaffen.

Diese werden dringend für die Aufnahme und Unterbringung insbesondere von ukrainischen Kriegsflüchtlingen, aber auch von anderen Schutzsuchenden wie vor allem mehrere Hundert afghanische Ortskräfte benötigt. Zur dringend notwendigen Entlastung wurde die Unterkunft in der Musenbergstraße daher zügig nach Fertigstellung in Betrieb genommen. Öffentliche Besichtigungen während des laufenden Betriebs sind mit Rücksicht auf die Privatsphäre der dort untergebrachten Personen und zu deren Schutz nicht möglich.“
Und zum Abschluss: „Wegen der Möglichkeit für eine gemeinsame Begehung werden wir zeitnah auf den Bezirksausschuss zugehen.“