Ausgelöst durch ein Schreiben des „Integrationsbündnisses Johanneskirchen“ mit kritischen Bemerkungen zu den zwei Flüchtlingsunterkünften im Ortsgebiet (siehe Auszüge am Berichtsende nach dem Sternzeichen) erörterten die Mitglieder des Bezirksausschusses intensiv und kontrovers die Sachlage.
Das Kommunalparlament verabschiedete einstimmig einen interfraktionelle Prüfantrag „Ersatzstandort an der Savitsstraße und Verzicht auf die Standorte, Mirabellenweg und Glücksburger Straße“ samt einem Fragenkatalog an die Stadt.
Eine erörterte Vertagung wurde von der CSU-Fraktion geschlossen befürwortet, mehrheitlich aber abgelehnt. Diese Mehrheit der Lokalpolitiker will erst die Antworten der Stadt haben, ehe man Stellung beziehen kann. Auch eine die Belegungszahl betreffende Ergänzung in dem Prüfantrag, eingebracht von Robert Brannekämper, Landtagsabgeordneter und CSU-Fraktionssprecher, wurde gegen die elf Stimmen der CSU-Fraktion abgelehnt.
Hintergrund • Laut Gerhard Mayer, Leiter des Amts für Wohnen und Migration, hat die Regierung von Oberbayern der Stadt auferlegt, „5625 Bettplätze zu schaffen – rund 4500 davon für eine langfristige Unterbringung. Dafür seien rund 20 zusätzliche Standorte notwendig. In Bogenhausen und Freimann gibt’s freie Flächen – natürlich mehr als in der Innenstadt. Es werden keine Container aufgestellt, die Unterkünfte sind Modulbauten, die am Mirabellenweg und in der Glücksburger Straße sollen in etwa zwei Jahren bezugsfertig sein.“ Laut dem Behördenchef wurden seit Anfang 2022 mehr als 160 Standorte geprüft, die meisten aber verworfen.
Forderung • In einem Bürgerantrag wurde im Frühjahr angeregt, die geplanten Unterkünfte zu überdenken und eine gerechte Verteilung auf das gesamte Stadtgebiet zu realisieren. Überdies wurde eine bessere und bürgernahe Informationspolitik der Stadt gefordert, denn „eine Entscheidung über die Köpfe der Bürger hinweg bringt Unruhe und Unsicherheiten mit sich.“
Zahlen • Drei Unterkünfte sollen‘s in Johanneskirchen sein: Mirabellenweg (270 bis 320 Plätze), Glücksburger Straße (190 bis laut Stadt maximal 300 Plätze), Brodersenstraße (130 Plätze) sowie bereits in Nutzung Burgauerstraße (200 Plätze) und Ankerzentrum Musenbergstraße (400 Plätze). Dazu im Bereich Trudring-Riem Frobenstraße (circa 300 Plätze) und Schatzbogen (circa 220 Plätze). Somit würden von derzeit für München geplanten 1945 Bettenplätze bis zu 750 zusätzliche neue Plätze auf Johanneskirchen (1150 inklusive bestehender Plätze in der Musenbergstraße) entfallen.
Statements • Zum Brief des Integrationsbündnisses kam seitens der CSU bei der Beratung im Untergremium Kultur und Soziales grundsätzlich Kritik an der Verteilung von Unterkünften in Stadtrandgebieten, besonders mit schlechter ÖPNV-Anbindung und mangelnder Infrastruktur. Es wurde auf Flächen im Innenstadtbereich verwiesen (leerstehende Gebäude Clemensstraße, Zwischennutzung des Areals der ehemaligen Reitschule, Grünflächen wie der Luitpoldpark). Unterbringungen mit geringer Belegungszahl wären wünschenswert und in der Innenstadt umsetzbar. Es sei nachvollziehbar, dass größere Stadtbezirke wie Bogenhausen mehr Menschen aufnehmen könnten, jedoch müssen auch kleinere Bezirke solidarisch ihren Teil dazu beitragen.
Die SPD erachtet den Mangel an bezahlbaren Wohnraum in München als großes Problem. Dies führe zu Fehlbelegungen, die weitere Unterkünfte notwendig machen würden. Der Standort in der Savitsstraße könne prinzipiell Unterstützung finden, da er über eine bessere Anbindung als andere Standorte verfüge. Eine Zusammenführung beider ursprünglichen Standorte wird als kritisch erachtet, da so eine neue, große Unterkunft von rund 500 Personen geschaffen würde.
Die Grünen erklärten, freie Fläche innerhalb des mittleren Rings seien selten und die Grünanlagen werden zwingend als Naherholungsgebiete gebraucht. Die Stadt könne nur mit den freien Flächen arbeiten, die ihr zu Verfügung stehen. Aufgrund der Umbaukosten und des Personalmangels seien kleinere Unterkünfte aktuell schwer umsetzbar.
Die FDP erachtet große Unterkünfte als unmenschlich, sieht sie in diesem Fall aber als womöglich unvermeidbar.
Einigung • Der Bezirksausschuss bittet die zuständigen Referate zu prüfen und die Planungen darzustellen, ob eine Flüchtlingsunterkunft auf der Fläche an der Savitsstraße in Daglfing vorgesehen werden kann.
Fragen • Steht das städtische Grundstück für die Nutzung zur Verfügung? • Ist die Fläche für den geplanten Nutzungsbedarf ausreichend? • Wie sieht die Schulversorgung in diesem Standort aus? • Welche Schulen haben Aufnahmekapazitäten? • Welche Erweiterungen können zeitnah an welchen Standorten für wie viele Schülern vorgenommen werden? • Wie sieht die Kita-Versorgung aus? • Wie viele Kinder können in welchen Einrichtungen untergebracht werden? • Wie ist der geplante Zeithorizont für die Umsetzung des Ersatzstandorts an der Savitsstraße? • Bis wann wird der Bezirksausschuss mit den Ergebnissen und Antworten zum Alternativstandort durch die zuständigen Referate befasst?
Ergänzung • Eine die Belegungszahl betreffende Ergänzung in dem Prüfantrag von Robert Brannekämper wurde gegen die elf Stimmen der CSU-Fraktion abgelehnt. Der Landtagsabgeordnete hatte gefordert: „Im Sinne erfolgreicher Integrationsarbeit und örtlicher Akzeptanz bei der Bevölkerung hält der Bezirksausschuss für den Standort Savitsstraße eine Belegung mit maximal 325 Personen für möglich.“ Und: „Eine weitere Erhöhung der Unterbringungszahlen auf 450 Personen ist aus Sicht der fehlenden Schul- und Sozialversorgung sowie aufgrund der schwindenden Akzeptanz bei der örtlichen Bevölkerung nicht möglich.“
Denn: „Maximal 325 Personen, also kleiner, kompakter, ist ein Signal das das Sozialreferat. Die Zahl 450 ist einfach zu hoch. Wir müssen zu weniger, nicht zu mehr kommen.“