19.06.2015

Der Auslöser war ein Missverständnis im Verfahrensablauf des Bezirksausschusses (BA). Ein Antrag wurde abgelehnt, es folgten Proteste, Wortwechsel, Erklärungsversuche, Zurechtweisungen – und eine Drohung. So kam’s zum Eklat. Gremiumsvorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) forderte einen Bürger auf, den Saal zu verlassen. Verärgert zogen er und seine Mitstreiter von dannen.

Zur Sache ging’s um die geplante Flüchtlingsunterkunft am Schimmelweg in Daglfing. Dazu war zur Mai-Tagung des Bezirksausschusses eine von den Anlieger-Ehepaaren Taggruber und Bachem gezeichnete Forderung schriftlich präsentiert worden. Das Ansinnen war aber zu spät eingereicht worden und konnte deshalb nicht behandelt werden.

Die Erörterung zur gewünschten „Verkleinerung der geplanten Einrichtung und Anlage einer Fläche für Freizeit und Integration“ folgte im Juni im Unterausschuss Planung. Dessen Empfehlung für das Kommunalparlament: „Der BA kann sich nach intensiver Beratung dem Antrag nicht anschließen.“ Der Hintergrund: der momentan starke Zugang von Flüchtlingen.

Es folgte im Stadtteilgremium das (übliche) Prozedere, das offensichtlich nicht allen Besuchern geläufig war und wohl auch noch immer nicht geläufig ist: Tagesordnungspunkte (TOP) mit einhel­liger Beschlussempfehlung eines Unterausschusses werden nicht gesondert aufgerufen. Besteht seitens eines Lokalpolitikers dennoch Diskussionsbedarf und/oder meldet der Antragssteller bzw. ein Besucher seinen Äußerungswunsch zuvor (!) an, wird der Punkt gesondert behandelt und eigens abgestimmt.

Über alle anderen einstimmig empfohlenen Punkte wird in einem Zug entschieden. Bei Sitzungen mit oftmals weit mehr als 100 Tagesordnungspunkten ist dies notwendig. Ansonsten würden die Sitzungen das Zeitlimit Mitternacht wohl regelmäßig überschreiten.

Der Knackpunkt an der Sache: Die Protokolle der Unterausschüsse liegen für Besucher weder in Kopie vor (nur die Tagesordnung) noch zur Einsicht aus. Lediglich die Mitglieder des Bezirksaus­schusses und die Pressevertreter erhalten einen Ausdruck, wissen also, wie das jeweilige Untergremium über den jeweiligen Punkt befunden hat.

Da die Empfehlung des Untergremiums zum Punkt 2.2.4 Flüchtlingsunterkunft am Schimmelweg einstimmig erfolgt war, hatte ihn das Kommunalparlament im Bock verabschiedet, nachdem Pilz-Strasser zuvor gefragt hatte „Noch Diskussionsbedarf?“, sich niemand gemeldet und sie den nächsten TOP aufgerufen hatte.

Der Protest der Antragsteller Susanne Taggruber und Ingo Bachem samt Verfechter folgte sofort, sie äußerten zugleich ihr Unverständnis, sie beharrten auf Information. Dazu Pilz-Strasser: „Ihr Antrag ist einstimmig abgelehnt worden.“ Die Anliegerin hielt dagegen: „Im Mai hieß es doch, der Antrag steht im Juni auf der Tagesordnung.“ Sie wurde belehrt, dass sie eine Stellungnahme rechtzeitig anmelden müsse, was sie offensichtlich in Unkenntnis des Verfahrens versäumt hatte. Ins Durcheinander der Wortwechsel rief der Antragsteller erbost Richtung Pilz-Strasser: „Man muss ihr Tagungsverfahren etwas aufmischen!“ Die Vorsitzende ganz streng: „Das wird jetzt unver­schämt. Verlassen Sie den Raum. Sie bekommen schriftlich Antwort!“

Das Fazit aus Gesprächen nach der Tagung: Bei den zunehmenden Kontroversen um immer mehr Asylbewerberunterkünfte in Bogenhausen wäre von allen Seiten ein wenig mehr Fingerspitzen­gefühl angebracht. Unbedachte Äußerungen und Vorwürfe seitens von Antragstellern sollten unterbleiben. Und die Ausnahme von Verfahrensregeln – vor allem bedingt durch Unwissenheit – seitens der ehrenamtlich tätigen Lokalpolitiker sollte möglich sein. Nur so lassen sich Lösungen finden, die nicht auf dem Rücken aller Betroffenen ausgetragen werden.

Bei all dem war untergegangen, was die Antragssteller eigentlich wollten, nämlich „die geplante Unterkunft am Schimmelweg von 200 auf 50 bis 60 Plätze zu verkleinern. Denn wir glauben, dass eine sozialverträgliche Unterbringung von 200 Flüchtlingen nicht möglich ist.“ Und: Neben der Unterkunft sollte eine Fläche mit Sitzgelegenheiten, Bolzplatz, Basketballkorb, Spielgeräten für kleinere Kinder und eventuell Tischtennisplatten entstehen, auf der Flüchtlinge und Einheimische einander treffen und kennenlernen können.

Im Gegenzug sage man zu, die Integration aktiv und ehrenamtlich zu unterstützen unter anderen mit Ausflügen, mit Sport- und Musikevents und mit Spiele- und Handarbeitstreffs. „Wir wären stolz, ein Pilotprojekt integrative Flüchtlingsunterkunft zu begleiten“, heißt es im Antrag.