6. Dezember 2019
Die Unterkünfte für Flüchtlinge auf den Grundstücken Max-Proebstl-Straße 4 und 12 werden von Grund auf verändert: Geplant ist – erstens – von der Regierung von Oberbayern (ROB) von den vier sanierungsbedürftigen Gebäuden an der Max-Proebstl-Straße 12 drei abzureißen und durch zwei Neubauten, Gesamtkapazität dann 156 Betten, zu ersetzen.
Und zweitens: Auf dem benachbarten Areal an der Max-Proebstl-Straße 4 – die einstige Leichtbauhalle ist abgerissen – soll eine Unterkunft der Stadt München mit 214 Betten entstehen. Diese Pläne präsentierten Vertreter des Sozialreferats und der ROB den Anwohnern bei einer Informationsveranstaltung.

Also zwei Anlagen mit Platz für künftig insgesamt 370 Personen, wobei laut Thomas Ascherl vom Amt für Wohnen und Migration im Sozialreferat bei beiden von einer Auslastungsquote von etwa 85 Prozent ausgegangen wird. Die Zahl ist ein Erfahrungswert auf Grund von „Blockierern“ – ein Ehepaar mit einem Kind belegt ein Vier-Personen-Appartement. Folglich leben künftig rund 320 Asylbewerber in den Gebäuden unweit des S-Bahnhofs Englschalking.
Rolf von Schickfus, seit Jahren in der Flüchtlingsbetreuung „Miteinander leben in Daglfing“ aktiv, mahnte: „Bitte maximal 300 Personen, das ist die absolute Obergrenze.“ Denn „Frieden in den Unterkünften bedeutet Frieden mit der Nachbarschaft.“ Und: „Planen Sie genügend Gemeinschafts- und Aufenthaltsräume ein.“ Bezirksausschuss-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser forderte nach Analyse der Baupläne: „Deutlich mehr Gemeinschaftsräume sind dringend notwendig.“ Vertreter beider Behörden sicherten zu, im Fall des Falles Zwei-Personen-Zimmer (14 Quadratmeter) oder Appartements (70 Quadratmeter) umzuwidmen in derartige Räume, was man andernorts auch schon gemacht hat.

Das Zeitfenster der Stadt steht, bei der ROB ist der Ablauf noch offen (zudem steht der Umbau der alten Turnhalle der gegenüberliegenden Rudolf-Steiner-Schule an). Laut Johannes Gleissner vom Baureferat erfolgt der Baubeginn für „die zweistöckigen Festbauten in Holzbauweise an der Max-Proebstl-Straße 4 im Mai / Juni kommenden Jahres.“ Der Bezug ist für Mitte 2021 vorgesehen. Auf Nachfragen seitens der rund 50 Besucher – an etwa 1000 Haushalte wurden Einladungen verteilt, organisiert war die Informationsrunde für 200 Personen – erläuterte Gleissner Details:
Ein Flügel wird barrierefrei für mobilitätseingeschränkte Personen errichtet – der Standortbeschluss des Stadtrats läuft über zehn Jahre – die Baugenehmigung, für welche Folgeplanung auch immer, gilt bis 2034 – Strom- und Heizungsversorgung im Wesentlichen durch eine Photovoltaik-Anlage auf den Hausdächern, also keine Lärmbelästigung wie früher durch technische Anlagen – Wegebeleuchtung mit nach unten gerichteten Lampen – Jalousien und Schiebeläden an den Fenstern um Blendungen zu vermeiden – überdachtes Müllhaus – Wall hin zur Brodersenstraße mit „verbesserter Bepflanzung“ aus Sicht- und Lärmschutzgründen – Farbkonzept („noch in Bearbeitung“) an den Häusern ähnlich wie bei der Anlage am Schimmelweg.
Was all das kostet? „Das ist noch nicht greifbar, dazu möchte ich noch nichts sagen“, so Gleissner.


Und: rund um die Uhr ist Haus- und Sicherheitspersonal vor Ort, ab Eröffnung gibt’s eine 24 Stunden erreichbare Telefonnummer („das hat sich andernorts bewährt, bei Störungen muss man nicht extra die Polizei rufen“), dazu Unterstützungen bei Behördenangelegenheiten, Schule und Ausbildung, bei Integration in die Stadtgesellschaft und Vermittlung in Regelangebote sowie „Gemeinwesenarbeit und Koordination der Ehrenamtlichen“.
„Warum zwei Baustellen auf aneinander grenzenden Grundstücken, warum zwei Bauherren, warum zwei Betreiber, warum zwei Verwaltungen, warum unterschiedliche Vorgaben?“ Diese Nachfrage einer Anwohnerin wurde von den Behördenleuten mit der „Politik“ und dem „Königsteiner Schlüssel“ begründet, indem festgelegt ist, wie die einzelnen Bundesländer an den gemeinsamen Finanzierungen zu beteiligen sind, wobei sich der jeweilige Anteil, den ein Land tragen muss, sich zu zwei Dritteln nach dem Steueraufkommen und zu einem Drittel nach der Bevölkerungszahl richtet. Rolf von Schickfus plädierte dafür, beide Unterkünfte durch die „Caritas betreiben zu lassen, damit das Miteinander funktioniert.“ Dazu Pilz-Strasser optimistisch: „Die zwei Einrichtungen werden zusammenwachsen.“ Ein Wunschdenken?

Der Hintergrund für die Maßnahmen: „Aktuell sind in München“, so Ascherl, „die Unterkünfte ausgelastet. Es kommen aber nach wie vor geflüchtete Menschen in die Stadt, auch durch Familiennachzug. Hingegen gibt’s wenige Abgänge in eigene Wohnungen. Durch die zwingende Schließung einiger Unterkünfte wie beispielsweise der ehemaligen Bayernkaserne (3000 Plätze entsprechend 50 Prozent aller Plätze in München) entfallen der Stadt bis 2021 viele Plätze. Diese gilt es zu ersetzen.“ Grundsätzlich gelte: „Wo wir verlängern können, verlängern wir. Aber Platzprognosen für die kommenden Jahre sind äußerst schwierig.“
Simon Untergruber von der ROB zur Max-Proebstl-Straße 12: Vorgesehen ist „eine gemischte Belegung“ durch Einzelpersonen in 32 Zwei-Bewohner-Zimmern und 16 Appartements für Familien (jeweils mit eigenem Bad und Küchenzeile), Gemeinschafts- und Waschküchen sowie Trocken-, Gemeinschaftssanitär- und Aufenthaltsräumen, Außenanlagen mit Spielplatz und Fahrradständern. Die Verwaltung soll durch ROB-Personal erfolgen, die Asylsozialberatung durch die Caritas.