01. Juli 2021

 

SEM: „Stadt hat aus Fehlern nicht gelernt“

 

Das „Bündnis Nordost“ gegen die im Juli 2008 per Grundsatzbeschluss geplante Städtebauli­che Entwicklungsmaßnahme (SEM) im Nordosten von Bogenhausen, auf dem mehr als 600 Hek­tar großen Areal entlang der Bahntrasse von Daglfing, Englschalking und Johanneskirchen, lässt nicht locker. In einem Offenen Brief wirft die Vereinigung – Sprecher sind Daniela Vogt und Mar­kus Bichler – der Stadt vor, aus Fehlern, die in der Vergangenheit beim Entwickeln größerer Projekte wie der Messestadt Riem oder dem Prinz-Eugen-Park nichts gelernt zu haben.

„Es werden immer wieder die gleichen Fehler gemacht – keine ausreichenden Kita-Plätze, zu wenig Einkaufsmöglichkeiten, fehlende Parkplätze, hoffnungsloser überfüllter ÖPNV, Verkehrsstaus usw. Durch die geplante Ansiedlung in einer Größenordnung von mehreren zehntausend Menschen wer­den diese Aspekte wie auch soziale Probleme noch größer werden“, heißt es in dem Brief.

Und: Es werde bei dem Vorhaben den Bürgern versprochen, dass vorrangig günstiger Wohnraum entstehen soll. „Erreicht werden soll dies, indem den Bauträgern nur langfristige soziale Bindungen angeboten werden. Die Frage ist aber, ob und >wie< ein Bauträger / eine Kapitalgesellschaft sich darauf einlässt. Denn für diese Unternehmen stellen derartige Projekte eine Investition / eine Anla­ge dar, die der Gewinnerzielung dient. Denn letztendlich werden die Wohnungen so aufgeteilt und bepreist, dass es sich auch rechnet. Da hier von den Investoren auch immer Projektgesellschaften für die Bauphase gegründet werden, es zwangsläufig, dass nach deren Auflösung auch die Verein­barungen mit der Stadt nicht immer an den nächsten Kapitalanleger >weiterverkauft< werden.“

Zudem spreche das Planungsreferat von nur einem Projekt. In Wirklichkeit müssen die umlie­genden Gebiete, die ebenfalls bebaut werden und erweitert werden, in die Gesamtplanung mit ein­bezogen werden. Angeführt werden dazu (in Auszügen)

  • der Ausbau der Bahnstrecke – „der Tunnel rückt in immer weitere Ferne; seit mehr als 40 Jahren bekommt man nicht mal vernünftige S-Bahnhöfe in Daglfing und Johanneskirchen hin“ (Anm. d. Red.: Englschalking wurde dabei offensichtlich übersehen …)
  • die Reitakademie – „der Pachtvertrag läuft aus und wird nicht verlängert; aber hier wird ja vom Freistaat gebaut, deshalb wird es nie mit angesprochen (die Rede ist von 5000 Bewohnern)“
  • die Galopprennbahn – „auf der Fläche der Trainingsbahnen sollen ebenfalls Wohnungen für mehrere tausend Menschen entstehen“
  • die „geplanten Bauvorhaben in den angrenzenden Stadtteilen mit mehr als 100 000 neuen Bewohnern, zum Beispiel in Berg am Laim.“

Weiter in Klartext: „So werden die Bürger auch unzureichend informiert über die geplante Verbin­dungsstraße vom Moosfeld nach Unterföhring zur M3, die dann durch das ganze SEM-Gebiet führt und auch den Hüllgraben queren wird. Hier wird den Anwohnern nur so viel mitgeteilt, wie man das für notwendig hält.“

Eines von vielen Protestplakaten gegen die geplante Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) im Nordosten. Foto: hgb

Und die „Darstellungen der so gelobten Wettbewerbspläne, besonders Gebäude, werden per­spektivisch konsequent so verändert, dass das Gesamtbild sich auf den Modellen und Schaubildern scheinbar harmonisch in den Bestand einfügt. Beispielsweise ist die Perspektive, aus der der Dagl­finger Kirchturm (von der geplanten Straßenbahnhaltestelle aus gesehen) so hoch wirkt wie die geplante achtstöckige Bebauung, eine gewollte massive Irreführung.“

Geplanter Badesee, Landschaftsschutzgebiet Moosgrund, Flora, Fauna: „Was wird wohl übrig bleiben von der Natur?“

Und zum Bahntunnel: „Der wird wohl nicht kommen. Stattdessen eine sechs Meter hohe Schall­schutzwand mit zwei Brücken (Johanneskirchen und Englschalking). Für die Anwohner und die Na­tur ist das ein Desaster. Sogar laut DB-Gutachten wird es hier keinen Luftaustausch mehr geben, es wird in der gesamten Stadt deutlich wärmer werden.“