Auf dem Geith & Niggl-Gelände, teils Ackerland – östlich Marienburger – / südlich Englschalkinger – / nördlich Memeler Straße, westlich Bahnlinie – soll auf rund 4,75 Hektar ein Wohnquartier entstehen – die Mariengärten. Zu einem Austausch mit Anwohnern über das weitere Vorgehen hatte CSU-Landtagsabgeordneter Robert Brannekämper zusammen mit den Stadträten Jens Luther (Bogenhausen) und Fabian Ewald (Berg am Laim; Mitglied im Planungsausschuss) geladen. Fazit von Brannekämper vor mehr als 100 Besuchern: „Das Projekt kommt viele Jahre zu früh, alles hängt am Bahntunnel. Und wie wird bei der Tunnellösung die Englschalkinger Straße geführt und damit die Erschließung gesichert?“ Der Tunnel ist d e r Brennpunkt.
Laut Angaben der Bauträger ABG Real Estate Group und Baywobau beim „Bürgerdialog“ sind „circa 320 bis zu 500 Einheiten“ geplant. Laut Ewald sind es „320 bis 550 Wohneinheiten, wobei die Spanne sich wohl eher im oberen Bereich einpendeln dürfte.“ Das Baugebiet ist zweigeteilt. „Der Nachteil: der südliche Bereich könnte deutlich früher realisiert werden. Wobei die Anbindung an die Englschalkinger Straße schwierig bis unmöglich ist und zudem die Rahmenbedingungen für das Vorhaben komplett ungeklärt sind,“ betonte Ewald. Im besagten Südteil sind nach vorliegenden Unterlagen rund 320 bis 500 Wohnungen, im Nordteil bis zu 50 Wohneinheiten vorgesehen.
Interessanter Aspekt: Laut Luther werden von dem rund 4,75 Hektar großen Areal rund zwei Hektar bebaut, der „Rest“ sind Grün- und Freiflächen unter Erhalt von Bäumen. Mit anderen Worten: es wird dicht bebaut – und hoch! Wohl sehr hoch. Er bezweifelt, ob es bei fünf Etagen entlang der Bahnlinie bleibt.
Hintergründe zum Vorhaben: Anfang Dezember hat der Planungsausschuss des Stadtrats mit den Stimmen von Grünen, SPD und Linken die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen. Als nächster Schritt soll ein Ideen- und Realisierungswettbewerb als Grundlage für die weiteren Planungen durchgeführt werden. Das Politiker-Trio stellt klar: „Natürlich braucht München neue Wohnungen, aber aus unserer Sicht sind die wesentlichen Rahmenbedingungen für eine Bebauung vor Ort nach wie vor völlig unklar. Auch wurden sämtliche Bedenken des Bezirksausschusses – Anm. d. Red.: Brannekämper ist seit Kurzem (wieder) Fraktionssprecher – mit diesem Vorgehen ignoriert.“
Die Konsequenz daraus: „Die Stadtratsfraktion CSU mit Freie Wähler hat gefordert, keinen Aufstellungsbeschluss zu fassen, bis die wesentlichen Fragen geklärt sind – wie die künftige Lage der Bahntrasse in einem Tunnel, konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der heute schon massiv überlasteten schulischen Infrastruktur sowie die Ausgestaltung der verlängerten Englschalkinger Straße. Der entsprechende Antrag wurde von der Stadtratsmehrheit leider abgelehnt.“
Und weiter: „Problematischer Weise kann das Baugebiet nur über die Englschalkinger Straße verkehrlich erschlossen werden, wenn die Bahntrasse in einem Tunnel geführt wird. Durch die Vorfestlegung von Grünen und SPD, bereits jetzt einen Realisierungswettbewerb für den südlichen Teil des Areals durchzuführen, ist eine Anbindung der Tiefgaragenzufahrten nur über die Marienburger Straße möglich. Diese schmale Anliegerstraße ist aus unserer Sicht verkehrlich überhaupt nicht in der Lage, um ein Baugebiet mit 500 neuen Wohneinheiten an das Straßennetz anzubinden. Dies wird zu erheblichen Problemen für die Anwohner führen. Auch kann eine sinnvolle Durchlüftung und Durchwegung des Gebiets nur sichergestellt werden, wenn geklärt ist, dass die ausgebaute Bahntrasse künftig im Tunnel geführt wird.“
Brennpunkt Verkehr: Brannekämper hat ein Ingenieurbüro mit einer diesbezüglichen Untersuchung beauftragt. Ergebnis: bis zu zusätzlichen 4000 Fahrten pro Tag; zu den Spitzenzeiten morgens und abends sind’s pro Stunde rund 400 zusätzliche Fahrten. „Der Tunnel ist notwendig, er muss kommen. Er wird zwar eine gigantische Summe kosten – aktuell ist von rund vier Milliarden Euro die Rede – er ist für Tausende Menschen wichtig.“
Den (Baustellen-)Verkehr über die Memeler Straße (Anm. d. Red.: eventuell von der Ostpreußenstraße aus) zu führen – davor graut’s den Anliegern, davon haben sie Angst. Ein Bürger: „Da wird vieles schöngeredet. An der Endstelle ist die Fahrbahn 3,6 Metzer breit. Parkt dort ein Auto, steht alles still.“ Und in der Marienburger Straße, eine Fahrradstraße, „ist der Gehweg heute zu 80 Prozent zugeparkt, es ist dort sehr gefährlich. Bei Gegenverkehr ist alles dicht“, so eine Frau und forderte >Bauen mit Hirn<.
Die Möglichkeit, dass die Investoren entlang der Marienburger Straße Flächen für eine Verbreiterung abtreten, hätte gemäß Ewald wohl zur Folge, dass aus wirtschaftlichen Gründen die Häuser noch höher gebaut würden. Kurzum: kein Tunnel = keine Erschließung über die Englschalkinger Straße = Verkehrschaos! „Wobei man eben nicht weiß, wie die Englschalkinger im Endeffekt aussieht, da sie im Radentscheid drin ist und pro Richtung dann nur eine Spur hatte“, so Luther. Brannekämper spitz: „Mobilität ist eben mit Lastentradl nicht lösbar
Brennpunkt Schulversorgung: Stadtplaner Dietmar Sandler von bgsm-Achitekten überraschte beim „Bürgerdialog“ der Bauträger mit der Hammeraussage „die Schulversorgung ist sicher.“ Sandler hatte sich auf unsere Anfrage auf eine „Mitteilung“ vom Referat für Bildung und Sport (RBS) und dem Planungsreferat bezogen. Im Gespräch mit unser-bogenhausen.de erklärte eine Planungreferat-Vertreterin, dass laut Hochrechnungen „die Schulversorgung gesichert werden kann.“ – Wo? – „In der Ostpreußenschule.“ – Die ist doch jetzt schon überbelegt! – „Wenn das Wohnquartier fertig gestellt ist (Anm. d. Red.: laut Sandler etwa 2031 oder 2032), sind dort Plätze frei. Kinder verlassen ja auch die Schule.“
Brannekämper stellte dazu klar: „Bogenhausen braucht neue Schulen, um den künftigen Bedarf abdecken zu können.“ Und Luther: „Die Stadt klatscht Sportflächen an den Schulen immer mehr mit Containern zu, bis es keine Sportflächen mehr gibt. Planungsreferat und RBS können nicht rechnen, den Bedarf nicht richtig erfassen.“ Eine Frau fragte: „Warum bauen eigentlich nicht die Investoren die Schulen, so wie es in den sechziger Jahren war.“
Eine Anliegerin stellte klar: „Die Ostpreußenschule ist vierzügig ausgerichtet. Heute schon ist die zweite Klasse fünfzügig, die erste Klasse wird sechszügig. Dazu kommen noch Ganztageseinrichtungen. Es ist also absehbar, dass weitere Container dazukommen müssten.“
Und nun? Ewald dazu: „Es braucht öffentlichen Druck, wirksame Aktionen. Sie können sicher sein, wir von der CDU werden so dem Projekt im Stadtrat nicht zustimmen. Bedenken Sie, die Mehrheit im Rathaus entscheidet.“ Brannekämper empfahl: „Am besten, Sie organisieren sich. Sie müssen Rot-Grün klar machen, dass es so nicht geht, dass es anders gemacht werden muss, damit es funktioniert.“
Anschriften, Telefonnummern und Mail-Adressen haben die Besucher schon mal erfasst. Abzuwarten, ob sie sich in einer Initiative zusammenfinden.