Der Wettbewerb für die städtebauliche Entwicklung des 4,75 Hektar großen Areals an der Marienburger Straße in Englschalking, genannt die Mariengärten, ist gelaufen, die Ergeb-nisse – zwölf Planungsteams haben teilgenommen, vier kamen in die „engere Wahl“ und sind dargestellt – stehen fest. Gewonnen hat die Ausschreibung nach einem einstimmigen Votum der Fach- und Preisrichter su und z Architekten, München, mit studio B Landschafts-architektur.

Das Areal ist das Geith & Niggl-Gelände – unweit der S-Bahn-Haltestelle, östlich Marienburger – / südlich Englschalkinger – / nördlich der angrenzenden Wiese an der Memeler Straße. Es gliedert sich in zwei Teile.

Das Planungsreferat zum Projekt: „Auf dem derzeit teils landwirtschaftlich, teils gewerblich genutzten Gebiet soll ein Wohnquartier mit Kindertageseinrichtungen, ambulant betreuten Pflege-Wohngemeinschaften und Tagespflegeeinrichtung, Einzelhandel, Gewerbe sowie Grün- und Freiflächen entstehen. Der Wettbewerb sah einen Realisierungsteil im Süden des Grundstücks und einen Ideenbereich im Norden vor. Die beiden Teile sollen unabhängig voneinander entwickelt werden. Im Süden ist ein allgemeines Wohngebiet geplant, im Norden ein gemischtes Gebiet mit Wohnen, Gewerbe und Dienstleistungen.“

Die Kernpunkte des Entwurfs von su und z Architekten (su und z = Stefan Speier, Reinhard Unger, Florian Zielinski): Im Realisierungsteil sind 470 Wohneinheiten (rund 45 500 Quadratmeter) geplant. In der nordwestlichen Ecke ist ein 15-geschossiges Tower, Höhe etwa 45 Meter, vorgesehen, im „Verteilungsplan“ überschrieben mit Gewerbe / Büro.

„Es ist aber noch nicht klar, ob in dem Hochhaus Büros entstehen oder doch Wohnungen“, so Zielinski gegenüber unser-bogenhausen.de. Heißt: Zu den 470 Wohnungen könnten noch bei reiner Wohnraumnutzung sogar weitere, geschätzt bis 60 Wohneinheiten hinzukommen! Dazu muss man wissen: Das Hochhaus an und für sich wie auch die Nutzung Büro war dem Vernehmen nach bei der nichtöffentlichen Preisgerichtsitzung Anfang Dezember umstritten. Im Ideenteil sieht das Modell 50 Wohneinheiten (rund 13 000 Quadratmeter) vor. Zielinski weiter: „Die Aufgabenstellung war komplex, es galt, viel >Grünraum< zu schaffen.“

Zahlenfazit: In der Summe fixiert 520 Wohneinheiten plus mögliche 60 Wohneinheiten ergibt maximal etwa 580 Wohnungen! Nebenbei I: Einer der zwölf Entwürfe sah gar rund 800 Wohnungen vor! Nebenbei II: „Alle unsere Bemühungen für maximal 250 Wohnungen waren für die Katz“, meinte enttäuscht eine Anwohnerin.

Das alles vor dem Hintergrund, dass bis dato nicht klar ist, ob die abgrenzende Trasse der Deutschen Bahn – ein Vertreter war bei der Präsentation nicht anwesend – einmal in einem Tunnel oder oberirdisch verlaufen wird. Stadtbaurätin Elisabeth Merk erklärte dazu: „Ein viergleisiger Ausbau ist anspruchsvoll. Einen Deckel drauf, das wäre ein echter Mehrwert – mehr Ruhe, mehr Platz, durchgängige Räume. Was den Tunnel betrifft sind wir hoffnungsvoll.

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Aus dem Protokoll der Richter zum Siegerentwurf: „Gelungen ist die Setzung des Platzes mit dem Denkmal der Villa Niggl als zentralem Ort, in der zukünftig ein Quartierstreff zu finden sein wird. Angeregt diskutiert wird jedoch die konkrete gebäudevolumetrische Komposition des Platzes, in dem die Villa von der mäandrierenden Bebauung wie eingeengt wirken mag. Die Auffindbarkeit des Quartierplatzes von innen- und außerhalb des Gebiets kann noch einmal geschärft werden. Auch der Kontrast zwischen Hochhaus und Villa scheint überzeichnet. Das Hochhaus wird so nicht befürwortet.“

Das Protokoll zum Verkehr: „Die Ausformulierung der Erschließung von Norden bleibt vage. Die Einfahrt zur Tiefgarage ist nicht klar verortet. Die Geometrie der Tiefgarage bringt zudem viele Zwänge mit sich. Die überordne Radverbindung im Osten wird nicht aufgenommen. Die gewünschte Profilierung der Marienburger Straße wurde ebenfalls nicht aufgenommen, was Rad- und Fußwegbreite anbelangt. Dafür ist das Profil der Engelschalker Straße zu breit dargestellt und der U-Bahn Eingang gegenüber den Vorgaben verschoben.“

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Aus der Projektbeschreibung von su und z Architekten:Vier bis sechsgeschossige Solitäre vermitteln zwischen der kleinteiligen Wohnbebauung im Westen und dem neuen Viertel. Die kristalline Grundform wird durch vertikale und horizontale Kanten weiter gebrochen. Am östlichen Rand wird ein ähnliches Volumen in Reihe gesetzt. Der Horizont – ebenfalls sechsgeschossig –formt mit achtgeschossigen Akzenten eine markante Stadtsilhouette. Durch die Stapelung der Wohnflächen am Rand, entlang der Gleise, entsteht ein schützender Rücken für die wertvolle grüne Mitte. Wie eine Wirbelsäule aus einzelnen Gliedern besteht, weist dieser Rücken Vor- und Rücksprünge, Knicke und Falten, die eine angemessene Maßstäblichkeit herstellen und das Volumen rhythmisieren.“

Weitere Angaben: „Der 15-geschossige Hochpunkt markiert als weit sichtbares Zeichen den wichtigen, neuen Knoten- und Anknüpfungspunkt in der Stadt.“ – „Die Erschließung innerhalb des Quartiers erfolgt über den in Nord-Süd-Richtung verlaufenden verkehrsberuhigten Weg für den Rad- und Fußverkehr sowie Müllentsorgung und Feuerwehr.“ – „Der Individualverkehr wird nahe dem Quartierseingang in die Garage abgeleitet, an die fast alle Häuser angebunden sind. Dadurch entsteht ein autofreier Raum.“ – „Auf Fußgängerebene wird der Platz durch eine eingeschossige, bewachsene Lärmschutzwand zur Beinstraße hin geschützt“

                                                           Ausstellung

Für Interessierte: Die Pläne und die Modelle des Siegerentwurfs werden in den Räumen 017 und 018 des Referats für Stadtplanung und Bauordnung in der Blumenstraße 28b ausgestellt – bis 12. Januar montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr (rollstuhlgerecht zugänglich).

Rückblicke

Laut früheren Angaben – bei einem „Bürgerdialog“ im Januar der Projektentwickler / Bauträger ABG Real Estate Group und Baywobau – wird mit „circa 320 bis zu 500 Einheiten“ geplant.

Bei einem Austausch mit Anwohnern hatte CSU-Landtagsabgeordneter Robert Brannekämper – auch die Stadträte Jens Luther (Bogenhausen) und Fabian Ewald (Berg am Laim; Mitglied im Planungsausschuss der Stadt) waren dabei – eine Woche später kommentiert: „Das Projekt kommt viele Jahre zu früh, alles hängt am Bahntunnel.“ Luther hatte erklärt: „Von den rund 4,75 Hektar werden etwa zwei Hektar bebaut, der >Rest< sind Grün- und Freiflächen unter Erhalt von Bäumen.“ Mit anderen Worten: es wird dicht bebaut – und hoch! Wohl sehr hoch. Er bezweifelte, „ob es bei fünf Etagen entlang der Bahnlinie bleibt.“

Zum Verkehr hatte Brannekämper ein Ingenieurbüro mit einer Untersuchung beauftragt. Ergebnis: bis zu zusätzlichen 4000 Fahrten pro Tag; zu den Spitzenzeiten morgens und abends sind’s pro Stunde rund 400 zusätzliche Fahrten. „Der Tunnel ist notwendig, er muss kommen. Er wird zwar eine gigantische Summe kosten – aktuell ist von rund vier Milliarden Euro die Rede – er ist für Tausende Menschen wichtig.“

Zur Schulversorgung hatte Stadtplaner Dietmar Sandler von bgsm-Achitekten beim „Bürgerdialog“ mit der Hammeraussage überrascht: „Die Schulversorgung ist sicher.“ Sandler hatte sich auf unsere Anfrage auf eine „Mitteilung“ vom Referat für Bildung und Sport (RBS) und dem Planungsreferat bezogen. Im Gespräch mit unser-bogenhausen.de erklärte eine Planungsreferat-Vertreterin, dass laut Hochrechnungen „die Schulversorgung gesichert werden kann.“ – Wo? – „In der Ostpreußenschule.“ – Die ist doch jetzt schon überbelegt! – „Wenn das Wohnquartier fertig gestellt ist (Anm. d. Red.: laut Sandler etwa 2031 oder 2032), sind dort Plätze frei. Kinder verlassen ja auch die Schule.“

Brannekämper stellte dazu klar: „Bogenhausen braucht neue Schulen, um den künftigen Bedarf ab­decken zu können.“ Und Luther: „Die Stadt klatscht Sportflächen an den Schulen immer mehr mit Containern zu, bis es keine Sportflächen mehr gibt. Planungsreferat und RBS können nicht rech­nen, den Bedarf nicht richtig erfassen.“ Eine Frau fragte: „Warum bauen eigentlich nicht die Inves­toren die Schulen, so wie es in den sechziger Jahren war.“

„500 Wohnungen – so nicht!“: Unter diesem Motto hatte sich eine Anwohner-Interessengemein-schaft (AIG) Mariengärten – vertreten durch Gerhard Forster, Xenia Weimann und Thomas Mühlbauer – formiert, hatte „maximal 250 Wohneinheiten (WE)“ gefordert, von Oberbürgermeister Dieter Reiter gefordert, sich beim Architektenwettbewerb dafür einzusetzen. Bei einer Unterschriftenaktion unterstützen 900 Anwohner dieses Verlangen. Kernpunkt: Mit dem Projekt werden das Planungsgebiet und die benachbarte Umgebung absehbar massiv überlastet.

Modell Mariengärten mit dem 15stöckigen Hochhaus links (Bahn oberirdisch). Copyright: BGSM Stadtplaner / Foto: hgb
Verteilung der Gebäude Mariengärten. Copyright: su und z Architekten BDA mit studio B Landschaftsarchitektur / Foto: hgb
Der Tower mit 15 Stockwerken (rot umrandet).   Copyright: su und z Architekten BDA mit studio B Landschaftsarchitektur / Foto +Bearbeitung: hgb

 
Blockansicht hin zur Bahntrasse.   Copyright: su und z Architekten BDA mit studio B Landschaftsarchitektur / Foto: hgb
Gebäudeansicht im Innenraum.    Copyright: su und z Architekten BDA mit studio B Landschaftsarchitektur / Foto: hgb