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Auf dem Geith & Niggl-Gelände, teils als Ackerland genutzt – östlich der Marienburger – / südlich der Englschalkinger – / nördlich der Memeler Straße, westlich der Bahnstrecke – soll auf rund 4,75 Hektar ein Wohnquartier mit laut Angaben der Bauherren „circa 320 bis zu 500 Einheiten“ ent­stehendie Mariengärten. Projektentwickler / Bauherren sind die ABG Real Estate Group (Motto „Alles aus einer Hand“) und die Baywobau. Zum Vorhaben fand jetzt ein >Bürgerdialog< zum Stand des Verfahrens statt – mit einer Hammeraussage Minuten vor dem Vortragsende.

Mehr als 100 Anwohner waren zu dem Informationabend gekommen. „Mit Speck fängt man Mäuse“ kommentierte den eine Lokalpolitikerin. Sie bezog sich damit nicht nur auf das opulente Buffet. Stadtplaner Dietmar Sandler von bgsm-Achitekten fungierte als Moderator, überzeugte mit einer professionellen Präsentation. Seine Ausführungen waren glattgebügelt. Bedenken und Anregungen des Bezirksausschusses und des Stadtrats blieben einfach außen vor.

„Die Schulversorgung ist sicher“ – mit dieser Hammeraussage überraschte Sandler, als die meisten Besucher bereits gegangen waren. Auf unsere Anfrage bezog er sich auf eine „Mitteilung“ vom Referat für Bildung und Sport (RBS) und dem Planungsreferat.

Eine Vertreterin letzterer Behörde hatte sich zur Schulsituation nicht öffentlich geäußert. Im Ge­spräch mit unser-bogenhausen.de erklärte sie, dass laut Hochrechnungen „die Schulversorgung ge­sichert werden kann.“ – Wo? – „In der Ostpreußenschule.“ – Die ist doch jetzt schon überbelegt! – „Wenn das Wohnquartier fertig gestellt ist (Anm. d. Red.: laut Sandler etwa 2031 oder 2032), sind dort Plätze frei. Kinder verlassen ja auch die Schule.“ Nun denn!

Auf dem Geith & Niggl-Gelände östlich der Marienburger Straße soll ein Wohnquartier mit circa 320 bis zu 500 Einheiten entstehen – so die Projektentwickler ABG und Baywobau.   Foto: hgb

Laut Angaben aus dem Rathaus – der Stadtrat hatte am 21. Dezember mit seiner grün-roten Mehrheit für das Gebiet die Aufstellung des Bebauungsplans mit Grünordnung beschlossen – „soll ein neues Quartier mit eigenständigem Charakter, abwechslungsreicher Gestaltung sowie vielfältigen Freiräumen mit hoher Aufenthaltsqualität entstehen. Das Gebiet gliedert sich in zwei Teilbereiche. Im nördlichen Areal soll ein gemischtes Gebiet mit Wohnen und nicht störendem Ge­werbe sowie Dienstleistungen, im südlichen Bereich ein Wohngebiet für unterschiedliche Einkom­mensgruppen entstehen.“

Sandler dazu: „Wir stehen ganz am Anfang. Ihre Anregungen werden dokumentiert, sie fließen in die Planungen ein, die Dokumentation wird veröffentlicht.“ Danach gab‘s im „Planerdeutsch“ Anga­ben, besser: Blaupausen, zu den Zielen aus dem Textbaukasten für geplante Quartiere (Auszüge):

• Umsetzung eines umweltfreundlichen Mobilitätskonzepts • Mobilitäts- und Parkkonzept zur Ver­meidung von Parksuchverkehr in der Nachbarschaft • Entwickeln einer für das Umfeld verträglichen Verkehrserschließung • Flexibles Planungskonzept zum Umgang mit zukünftiger Führung der Bahn­trasse und der Englschalkinger Str. (Anm. d. Red.: sie bildet – verlängert – die nördliche Grenze) • Der Realisierungsteil ist autark vom Ausbau der Bahntrasse und Englschalkinger Str. • Flexibilität durch Rückbaubarkeit von Lärmschutz zur Bahn im Freibereich • Verträgliche Kfz-Erschließung • Verbesserte Erschließung für den Fuß- und Radverkehr sowie Erreichbarkeit der S-Bahn.

Sandlers Stichworte zu baulichen Zielen: Grünes Wohngebiet auf 4,3 Hektar (Angabe der Stadt 4,75) • Harmonische Integration in bestehende Bebauung • Denkmal wird erhalten (Anm. d. Red.: Gebäude Baujahr ca. 1914) • Projekt ist schon eine größere Unternehmung • Bahn im Tunnel wäre optimal • Wenn wir Glück haben, wird die Frage Bahn in einem Tunnel oder oberirdisch im Lauf des Jahres entschieden • Müssen uns auf eine Interimszeit einstellen (Anm. d. Red.: bei der Bahn­frage) • Es gibt Lärmschutzmaßnahmen (Anm. d. Red.: der Begriff >Lärmschutzwände< wurde ausgeklammert) • Die Gebäude entlang der Bahn werden ein Stück weit zurückgesetzt.

Sandlers zu sozialen Aspekten: Geförderte und frei finanzierte Wohnungen • Bau von Kinderbe­treuungseinrichtungen (Anm. d. Red.: Plural!) • Infrastrukturabgabe z. B.  zur Deckung des Schulbedarfs • Prüfung von Sonderwohnformen für Senioren • Öffentliche Frei- und Grünflächen.

Sandlers zu Klima- / Ökologie-Zielen: Entsiegelung • Erhalt Baumbestand für den Natur- und Ar­tenschutz • Biotop-Vernetzung im Bereich der Bahntrasse • Integration von Dachbegrünung • Prü­fung der Begrünung von Fassaden • Energiekonzept mit Fernwärme und Solarenergienutzung • Prüfung der Möglichkeiten zur autarken Energieversorgung, beispielsweise Geothermie.

Sandlers zu Lärmschutz-Gedanken: Durch Quartiersentwicklung deutlich verbesserter Lärm­schutz zur Bahn für westliche Nachbarbebauung • Neubebauung als Lärmschutzbebauung zur Bahntrasse mit Grundrissorientierung zur geschützten, lärmabgewandten Seite • Reversible Lärm­schutzkonstruktionen, die bei einem Ausbau der Bahn im Tunnel zurückgebaut werden können

Sandlers zum Zeitfenster: Das Projekt kann schneller realisiert werden als der Tunnelbau • Bis die Genehmigung für den Bebauungsplan vorliegt kann man mit circa fünf Jahren rechnen • Die reine Bauzeit beträgt etwa zweieinhalb Jahre. – Mit anderen Worten: 2031 / 2032 könnten, wohlgemerkt könnten, die Mariengärten bezugsfertig sein.

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Mehr als 100 Personen waren zum Bürgerdialog Mariengärten der Bauherren gekommen. Viele der Besucher erachten das Projekt als kritisch. Rund fünf Dutzend Wünsche und Fragen wurden gestellt und werden beizeiten dokumentiert. Foto: hgb

Schriftliche Bürgerwünsche und -fragen: Sportmöglichkeiten • Attraktive Grünflächen • Super­markt, Café, E-Ladesäulen • Wie hoch werden die Gebäude? • Ateliers und Ausstellungsräume ein­planen • Frischluftschneisen • Keine Häuser mit mehr als vier Etagen • Wird es auch „wilde“ Natur­bereiche geben? • Trimm-dich-Pfad • Schule muss gebaut werden • Bücherei ins Denkmalgebäude wäre schön • Spielstraßen • Reparaturläden • Genossenschaftswohnungen?! • Planung bis Klärung des Ausbaus der Bahntrasse zurückstellen • Keine bunten Fassaden • 320 Wohneinheiten sind zu viel • Wie hoch wird gebaut? • Wo sollen all die Autos hin? • Wie wird dem Parkdruck auf die an­grenzenden Wohngebiete entgegengewirkt? • Tiefgarage mit vielen Stockwerken • Wie hoch wird gebaut? •

Kommentar der Vertreterin aus dem Referat zu alldem: „Ein großer Strauß von Anforderungen.“

Rückblick: Bereits bei der Planpräsentation im Oktober hatte CSU-Landtagsabgeordneter Robert Brannekämper im Bezirksausschuss angesichts vieler Fragezeichen wie Verkehr, Schulen („alle in der Umgebung sind voll“), Tiefgaragen („ein völlig nebulöses Thema bezüglich Zufahrten“) erklärt: „Das Vorhaben kommt zehn Jahre zu früh.“

Denn: Wird die viergleisige Bahntrasse für Güterzüge und S-Bahn wie vom Stadtrat beschlossen in einem Tunnel – geschätzte Kosten, Stand heute, etwa drei Milliarden Euro – geführt oder doch als Worst-Case-Szenario oberirdisch? „Das muss gelöst werden, ehe hier gebaut wird.“

Die oberirdische Variante hätte nämlich unter anderem zur Folge, dass Lärmschutzwände, min­destens sechs Meter hoch, gebaut werden müssten.“ Eine Vertreterin aus dem Planungsreferat hatte kommentiert: „Ohne Bahnentscheid ist eine sinnvolle Stadtplanung nicht machbar!“

Zu einem Austausch über den Bebauungsplan und das Vorhaben Mariengärten laden Bran­nekämper, die CSU-Stadträte Jens Luther und Fabian Ewald am Donnerstag, 26. Januar, 19 Uhr, in den Saal der Schützenlisl II, Englschalkinger Straße 208, ein (zur besseren Planung wird um Anmeldung unter brannekaemper@ihr-mdl.de oder unter 089 / 28 72 95 55 gebeten).