Der dritte, 700 Meter lange Abschnitt der Tram-Nordtangente (ab Neuhausen / Schwabing / Englischer Garten – noch in Planung) ab der Ecke Cosima- / Johanneskirchner Straße zum S-Bahnhof sorgt nach wie vor für Wirbel – bei Anliegern, die das Projekt immer wieder vehement ablehnen, und bei den Mitgliedern des Bezirksausschusses. Jüngster Anlass: Der Antrag von Robert Brannekämper, CSU-Landtagsabgeordneter und Fraktionssprecher, sowie Stadtrat Jens Luther: „Keine Baumfällungen vor Abschluss des Planfeststellungsverfahrens.“ Hintergrund: Der Baubeginn ist für den 4. Oktober terminiert, im Dezember 2025 soll die Straßenbahn fahren.
Aller guten Dinge waren drei. Grünen-Sprecherin Petra Cockrell hatte zur CSU-Initiative Vertagung angeregt, „denn aktuell gibt es noch keine finale Entscheidung“ betreffend der Fällung von 26 Bäumen für vorbereitende Maßnahmen (Baufeldfreimachung). Zum Fällantrag müsse noch „mit der Unteren Naturschutzbehörde Rücksprache gehalten werden zwecks Details der Stellungnahme und zum aktuellen Sachstand.“ So weit so gut – oder eben in mehrfacher Hinsicht eben auch nicht.

34 Lokalpolitiker waren bei der Tagung des Kommunalparlaments anwesend. Enthaltung ist bei Abstimmungen rechtlich nicht möglich. Im ersten Versuch wurde der CSU-Antrag mit 17 gegen 16 vertagt. Fehlte also eine Stimme. Erneuter „Versuch“: 17 gegen 16. Beim dritten Durchgang passte es dann: 18 gegen 16 – Vertagung.
Zurück auf Anfang – die Forderung der CSU: „Der Bezirksausschuss fordert die Stadtverwaltung auf, jegliche Baumfällungen entlang der geplanten Trasse der Tram auf der Johanneskirchner Straße zu unterlassen, solange kein genehmigter Antrag auf Planfeststellung rechtssicher vorliegt.“ Die Fraghe ist also: Werden trotzdem demnächst Fakten geschaffen?
Die Begründung dazu: Für die Errichtung der Tram-Nordtangente sollen im Abschnitt Johanneskirchner Straße laut Stadtwerke München (SWM) mindestens 145 Bäume gefällt werden. Jedoch ist die Trasse insgesamt aufgrund zusätzlicher Emissionen und zahlreicher negativer Folgen für die Anwohner hoch umstritten. Es ist nicht auszuschließen, dass das Vorhaben noch einmal gerichtlich beklagt wird.
Es bleibt festzuhalten, dass im Bereich des Gleiswendehammers im von den SWM vorgelegten Gutachten mit einer Lärmbelastung von 83,5 dB (Gesamtpegel) zu rechnen ist. Die Wendeschleife führt in der derzeitigen Planungsvariante zu hochfrequenten, laut und stark störenden Kurvenkreisgeräuschen. Dies bedeutet, dass die Lärmproblematik bisher noch nicht gelöst werden konnte.

Vor diesem Hintergrund muss alles dafür getan werden, dass nicht vorzeitig unumkehrbare Fakten geschaffen werden. Der Baumbestand vor Ort ist ökologisch höchst wertvoll und sein Fortbestand unter Klimagesichtspunkten geboten. Voreilige Baumfällungen sind daher unbedingt auszuschließen und können nicht durch Nachpflanzungen junger und kleiner Bäume, wie von den SWM im Erörterungstermin angeboten, kompensiert werden.
Samuel Moser, Grünen-Co-Sprecher, polterte: „Die Tram ist politisch beschlossen, es geht nur noch um die Bauausführung. Das ist ein Versuch, die Vorarbeiten zu verzögern, die Tram eventuell zu stoppen. Das ist ein billiges Manöver“.
Brannekämper klärte auf: „Es geht um die Rechtmäßigkeit des Verfahrens. Wir wollen, dass die Stadt die Probleme löst. Die Anwohner haben darauf ein Anrecht. Auch die Stadt muss sich an Verfahren halten, sie hat keine Sonderrechte.“ CSU-Vertreter Peter Reinhardt ergänzte dazu: „Was für private Bauherren gilt, das gilt auch für die Stadt. Der Beschluss des Stadtrats ist rechtlich nicht bindend. Es wäre übrigens nicht das erste politische Projekt, das nicht realisiert wird.“
Eine Anwohnerin sarkastisch: „Warum werden wir eigentlich noch gehört. Es ist doch völlig egal, was wir meinen und machen. Die Stadt hat doch angeblich kein Geld.“ Wieviel kostet eigentlich der 700-Meter-Abschnitt?
Geplant ist erstens: DieGrillstation an der Wendeschleife soll im Oktober geräumt werden. Über den Ersatzstandort entscheidet Kreisverwaltungsreferat. Wann? Wo?
Geplant ist zweitens: Ab Herbst bis Februar 2024 soll es Baulärm, soll es mehrere Straßensperrungen und Umleitungen geben, sollen viele Parkplätze am Rand der Johanneskirchner Straße entfallen, soll die Haltestelle der Buslinie 50 in die nördliche Freischützstraße, Höhe Hausnummer 99, verlegt werden.