Ist es das Aus, das komplette Aus für die Tram-Nordtangentevon Schwabing durch den Englischen Garten (rund 800 Meter lang, es fahren Busse, sollten durch Akku-Straßenbahnen, also ohne Oberleitungen ersetzt werden) gen Bogenhausen über die Johanneskirchner Straße – dieser dritte Abschnitt ist rund 700 Meter lang, würde mehr als 60 Millionen Euro kosten – zum S-Bahnhof Johanneskirchen? Klar ist jedenfalls: Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat via Staatskanzleichef Florian Herrmann gegenüber OB Dieter Reiter (SPD) den Trassenverlauf durch den Englischen Garten gestoppt! Hintergründe und Statements.

Ein (weiterer) Rückschlag? Nein! Vielmehr – formuliert in der „Boxer-Sprache“ – ein knallharter Niederschlag, angezählt bis neun. Fehlt nurmehr die „Zehn“ zum Gong, zum endgül,tigen Knockout für die gesamte Tram-Nordtangente.

Gemäß der „tz“ war laut Herrmann „Geschäftsgrundlage, dass die Planungen nicht über die Breite der Busstraße hinausgehen, um den Verlust an Denkmalsubstanz im Englischen Garten nicht unnötig zu vergrößern. Stattdessen sei sie nun durchgängig rund 35 Prozent breiter, was eine zusätzliche Bodenversiegelung von etwa 3500 Quadratmetern bedeutet. Ein denkmalverträglicher Bau sei damit nicht möglich.“ Man müsse mit „erheblichen Widerstand“ aus der Bevölkerung rechnen.

Die CSU (unter anderen von Stadtrat Fabian Ewald) und Freie Wähler im Rathaus stellten daher einen Dringlichkeitsantrag im Mobilitätsausschuss: „Die Stadt stoppt sämtliche Planungen und bauvorbereitenden Maßnahmen für alle Teilabschnitte der Tram-Nordtangente in der Verwaltung und weist die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) an, dies ebenfalls zu tun.

Planungen und eventuelle bauvorbereitende Maßnahmen werden erst dann wieder aufgenommen, wenn der Stadtrat mit den Auswirkungen (verkehrlicher Nutzen, Förderfähigkeit, Kosten etc.) durch die entfallende Querung durch den Englischen Gartenbefasst wurde und eine eventuelle Anpassung der Planung beschlossen hat.“

Denn der Freistaat gestattet keine Querung des Englischen Gartens durch die geplante Tram-Tangente. Damit ist Teilabschnitt 1 der geplanten Gesamtstrecke nicht mehr realisierbar. Dies hat Auswirkungen auf den verkehrlichen Nutzen und damit auch die Förderfähigkeit der Teilabschnitte 2 und 3. (wie berichtet wurden die Vorarbeiten für den dritten Teil in Johanneskirchen aufgrund massiver Planungsfehler bereits von der Regierung von Oberbayern gestoppt). Diese Auswirkungen sind dem Stadtratumfassend darzustellen und eine eventuell verkürzte oder veränderte Linienführung muss erneut diskutiert und beschlossen werden. Auch mit Blick auf die Haushaltslage dürfen bis dahinkeinesfalls weitere Gelder für eine eventuell obsolete Planung ausgegeben oder aber planungsrechtliche oder bauliche Tatsachen geschaffen werden.

Kaum verwunderlich: Die Initiative wurde von grün-rot Mehrheit im Stadtrat gegen die Stimmen von CSU mit Freie Wähler abgelehnt.

Bogenhausens Landtagsabgeordneter Robert BrannekämperSprecher der CSU im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst: „Als Vorsitzender des Landesdenkmalrats begrüße ich die Entscheidung der Staatsregierung zu 100 Prozent! Der Englische Garten als die größte innerstädtische Parkanlage der Welt ist nicht nur ein einzigartiger Erholungsraum für die Münchnerinnen und Münchner, sondern auch ein Gartendenkmal von internationalem Rang. Es ist gut, dass das Lebensgefühl der Münchner hier nicht Schaden erleidet. Die Schneise durch den Park, die die Stadt mit ihrer Tram-Trasse schlagen wollte, hätte den einmaligen Charakter dieses Gartendenkmals und die Aufenthaltsqualität unwiederbringlich beschädigt. Dass dies nun verhindert wurde, ist ein großer Erfolg! Die Stadt ist jetzt aufgerufen, ihre Englischer-Garten-Trambahnpläne schnellstens und endgültig in den Papierkorb zu befördern und damit die Verschwendung mühsam verdienter Steuergelder zu beenden.“

Georg Eisenreich, Vorsitzender der CSU München: „Der Ausbau des ÖPNV ist wichtig. Die Tram durch den Englischen Garten ist aber falsch. Die städtischen Planungen haben gezeigt, dass eine Realisierung der Tramstrecke nicht ohne massive Eingriffe in den Englischen Garten und weitere Flächenversiegelung erfolgen kann. So wird dieses Naturdenkmal massiv beeinträchtigt. Ein denkmalverträglicher Bau ist nicht realisierbar.“

Bei einer Tram-Trasse „wäre es nur eine Frage der Zeit, dass Schutzmaßnahmen wie Gitter oder Umlaufsperren erforderlich werden, die einen noch größeren Eingriff zur Folge hätten. Auch wäre die Weiterführung der Trasse über die Leopold- und Franz-Joseph-Straße sowie die Folgeplanungen mit erheblichen Einschränkungen für den Individualverkehr verbunden. Die Trasse durch die Franz-Joseph-, Martius- und Thiemestraße führt zudem zum Wegfall von rund 250 Parkplätzen. Dadurch entsteht einezusätzliche Belastung der Anwohner. Wir wollen ein Miteinander der Verkehrsarten und kein Gegeneinander. Wir schlagen als Alternative vor, die Strecke durch den Englischen Garten mit einem E-Bus zu bedienen.“

Ludwig Spaenle, Ehrenvorsitzender der CSU München: „Die Staatsregierung hat richtig entschieden, um Wertvolles zu bewahren. Schon SPD-Ministerpräsident Wilhelm Hoegner hatte in den 1950er-Jahren aus gutem Grund eine Tram durch den Englischen Garten gegenüber dem damaligen SPD-OB Thomas Wimmer abgelehnt. Bei diesem Projekt zeigt sich auch die politische Unredlichkeit der grün-roten Stadtregierung: Auf der einen Seite stoppt sie die Heilung des verkehrlichen Sündenfalls von SPD-Alt-OB Hans-Jochen Vogel („Autogerechte Stadt“) durch den Bau des Tunnels „M-Ein Englischer Garten“ am Isarring, auf der anderen Seite will sie mit der Tram eine neue Schneise durch unseren einzigartigen Englischen Garten schlagen.

MVG-Chef Ingo Wortmann: „Gemeinsam mit der Tram-Westtangente trägt die Tram-Nordtangente dazu bei, das U-Bahnnetz in den innenstadtnahen Abschnitten zu entlasten. Dies ist vor dem Hintergrund des prognostizierten Stadtwachstums zwingend notwendig. Für eine Optimierung der Planungen im Sinne des Freistaats – insbesondere im Hinblick auf die Breite der Trasse – sehen wir Möglichkeiten.“

Veronika Mirlach, Stadträtin und mobilitätspolitische Sprecherin CSU / FW: „Die dilettantische Stückel-Planung der Nordtangente muss ein Ende haben. Sämtliche Planungen müssen sofort gestoppt werden, um keine weiteren unnötigen Kosten zu produzieren. Durch die Entscheidung des Freistaats ändern sich die Rahmenbedingungen für die Nordtangente komplett. Wir haben mehrfach auf die vom Freistaat genannten Probleme hingewiesen, doch leider war die Stadtregierung für sachliche Argumente nicht zugänglich.“

Manuel Pretzl, Fraktionsvorsitzender der CSU im Rathaus:„Grün-Rot erlebt ein Tram-Trauma nach dem anderen. Nach dem Planungs-Desaster in Johanneskirchen ist jetzt auch der zentrale Teil der Nordtangente gescheitert. Nun rächt sich bitter, dass das Mobilitätsreferat entgegen aller Warnungen keinen Plan B in der Schublade hat. Die städtische Trambahnplanung steht vor einem selbst produzierten Scherbenhaufen. Von den in dieser Amtsperiode versprochenen fünf bis sechs neuen Trambahn-Linien wird, wenn überhaupt, nur mit dem Bau eines Teils der Westtangente begonnen.“

Stefan Hofmeir, Aktion Münchner Fahrgäste: Nach dem Nein der Staatsregierung zu den Planungen der Tram durch den Englischen Garten, gibt es nur noch eine Lösung, um diese hochattraktive Schienenverbindung zwischen Schwabing und Bogenhausen realisieren zu können: Einfach nur Schienen in die vorhandene Asphaltstraße einbauen, die aktuell bereits von Bussen genutzt wird. Und sonst keine Änderungen vornehmen.

Statement der Initiative Englischer Garten e.V.: „Ein Sieg der Vernunft! Die beschönigenden Darstellungen der MVG kaschieren die Realität, dass auch ohne Oberleitungen die Tramtrasse den Englischen Garten in seinem Herzstück unwiederbringlich beschädigt hätte. Die enorme Verbreiterung und Begradigung der Busspur, die gigantischen Haltestellen und die dafür nötigenBaumfällungen (insbesondere während der Bauphase), hätten das Gartendenkmal zerstört. Die Tram hätte den Park lauter, gefährlicher und stressiger für Fußgänger und Fahrradfahrer gemacht. Eine Tram gehört in den Straßenverkehr und nicht in ein Naherholungsgebiet.“

Tram mit Akku-Antrieb ohne Oberleitung – so hatte sich die Stadt die Straßenbahn durch den Englischen Garten vorgestellt. Die Staatsregierung, Herrin der Parkanlage, stoppte jetzt das Vorhaben.   Visualisierung: SWM / MVG / Welte; Fotoausschnitt und Bearbeitung: hgb