23. Oktober 2021

Cosimastr.: Der Obststand bleibt erhalten!

„Ich darf bleiben. Der Grundstücksbesitzer hat mir das gesagt“, erzählt strahlend Filitsa Papazissis (57), Betreiberin des Obst- und Gemüsestands und „Griechische Feinkost“ an der Ecke Cosi­ma- / Englschalkinger Straße. Umgehende Nachfrage bei der Pressestelle des Planungsreferats / Lokalbaukommission (LBK): keine Antwort nach drei Tagen! Stattdessen eine Meldung in der Rat­haus-Umschau vom 22. Oktober: „Die Betreiberin kann den Laden auf jeden Fall bis zu ihrem Ren­teneintrittsalter weiterführen.“

Der Hintergrund: Seit mehr als drei Jahrzehnten ist der Stand eine liebgewordene Einrichtung für viele hunderte im Umkreis lebende Bürger. Nachdem die LBK im vergangenen Jahr angeordnet hatte, die benachbarte Dönerbude zu beseitigen, sollte nun das grün lackierte Obsthäusl bis Mitte Oktober abgerissen werden – unter Androhung einer Geldstrafe von 10 000 Euro.

Der Kiosk ist offensichtlich ein Schwarzbau. Kaum zu glauben: Ein Anwohner – die Person muss wohl den Bebauungsplans aus dem Jahr 1968 kennen – hatte die Stadt „unterrichtet“.

LBK-Vertreter hatten im Juli den Bebauungsplan gecheckt und festgestellt, dass auf dem Seiten­streifen kein Gebäude vorgesehen ist, dass das Standl vor 35 Jahren ohne Baugenehmigung er­richtet worden. Eine nachträgliche Genehmigung des Kiosks sei seitens der LBK nicht möglich, da es dem gültigen Bebauungsplan widerspricht, der Grundstücksstreifen begrünt sein muss.

 

Der Obst- und Gemüsestand an der Ecke Cosima- / Englschalkinger Straße darf bleiben. Für die Genehmigung muss ein Bauantrag gestellt werden. Foto: hgb

Gegen die amtlich als „Beseitigungsverfügung“ bezeichnete und erlassene Maßnahme formierte sich massiver Widerstand seitens der Besitzer, einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) an der Cosimastraße, von Nachbarn, Kunden, Lokal- und Stadtpolitikern.

Robert Brannekämper, CSU-Landtagsabgeordneter, hatte einen Brandbrief an Oberbürgermeis­ter Dieter Reiter geschrieben und vehement gefordert, die Beseitigungsverfügung sofort zu stoppen und den Bestand des Ladens zu sichern.

Im Rathaus hatten sich die CSU-Stadträte Jens Luther (Bogenhausen) und Fabian Ewald (Berg am Laim) Mitte August per Dringlichkeitsantrag dem drohenden Aus für den Obststand angenom­men. In dem Antrag heißt es: „Die Stadt ergreift alle erdenklichen bauordnungs- und bauplanungs­rechtlichen Mittel, damit der Obst- und Gemüsestand erhalten bleiben kann. Dabei ist insbesondere auch das Mittel der Befreiung nach §31 Baugesetzbuch zu prüfen. Die ausgefertigte Beseitigungs­verfügung wird bis zur Klärung der Angelegenheit widerrufen.“

Für Papazissis – sie betreibt den Obststand seit drei Jahren – war das alles eine Katastrophe, eine Frage der Existenz. Die gebürtige Griechin – sie startet morgens um 4 Uhr in die Großmarkthalle, kauft die Waren ein und öffnet gegen 8 Uhr ihren Laden gegenüber dem Cosimawellenbad – hat ihr ganzes Leben lang gekämpft. Ihr Mann ist nämlich früh verstorben, sie musste für ihre drei Kinder sorgen. Dazu kam: Bei Aufräumarbeiten im Freien war die Frau ausgerutscht und hatte sich dabei den Fuß gebrochen. Noch heute hinkt sie deswegen.

Auszug aus der Rathaus-Umschau: „Das Referat wird für das ohne Genehmigung errichtete La­dengeschäft eine einvernehmliche Lösung anstreben, so dass der Obststand erhalten werden kann. Somit kann die Betreiberin den Laden auf jeden Fall bis zu ihrem Renteneintrittsalter weiterführen. Die Klärungen haben dazu geführt, dass seitens der LBK eine Genehmigung in Aussicht gestellt werden kann. Dies setzt einen Bauantrag voraus, der rechtzeitig vor dem Renteneintritt der Pächte­rin gestellt werden sollte. Eine hierfür erforderliche Befreiung vom Bebauungsplan ist im Interesse an einer verbrauchernahen Versorgung möglich.“