Mehr als 80 Prozent der Münchner wollen laut einer Umfrage, dass die Vermietung von E-Scootern verboten wird. Dafür fehlt es aber, so das Mobilitätsreferat, „an der Rechtsgrundlage.“ Gleichwohl will die Behörde künftig das „wilde“ Abstellen der Tretroller in den Griff kriegen – mit „geteilten Abstellflächen“. Bis Ende 2025 sollen es stadtweit 675 Parkareale sein, davon 40 in Bogenhausen. Ob’s funktioniert? Viele Lokalpolitiker sind skeptisch. Wohl zu Recht.
Rückblick: Einen Antrag des Bezirksausschusses Hadern „Stadtweite Lösung für das Abstellen von E-Scootern“ mit Bitte um Unterstützung durch die weiteren 24 Münchner Kommunalparlamente hatten die Bogenhauser Bürgervertreter unlängst nach >erster Lesung< vertagt.
In der Initiative wird „umgehend eine stadtweite Lösung gefordert – nicht erst dann, wenn Mobilitätspunkte eingerichtet sind. Denn die Abstellflächen in der Innenstadt helfen in den anderen Stadtbezirken leider nicht weiter. E-Scooter werden nämlich oft so am Gehweg geparkt, dass ein Vorbeikommen für Menschen mit Kinderwägen oder Rollatoren nicht möglich ist. Für sehbehinderte Menschen stellen sie ein hohes Risiko dar, da sie darüber stolpern und sich verletzen können.“
CSU-Lokalpolitikerin Peggy Schön hatte im Kommunalparlament argumentiert: „Wir müssen über eine kurzfristige Lösung nachdenken, sofort. Denn wir kriegen das Problem so nicht in den Griff. Es ist doch eine Utopie, dass die E-Scooter dann auf den ausgezeichneten Flächen abgestellt werden.“ Hanspeter Fenzl von der ÖDP hatte diese Ansicht unterstützt. Nicht aber Grünen-Sprecher Samuel Moser: „Stadtweite Mobilitätspunkte, die 2026 kommen sollen, sind die Lösung des Problems. Eine andere Lösung wäre die Lösung einer Lösung. Dann fangen wir wieder von vorn an.“
Beschluss in zweiter Behandlung durch das Kommunalparlaments: „Das Mobilitätsreferat wird gefragt, bis wann das Konzept zur Einrichtung von Abstellflächen in Bogenhausen umgesetzt wird. Bis die Antwort vorliegt, wird der Antrag vertagt.“
Stichwort Abstellflächen I • Seit Anfang August 2022 ist die Rückgabe von geliehenen E-Tretrollern in der Altstadt (Umfeld Stachus, Isartor, Sendlinger Tor) laut Mobilitätsreferat „nur noch auf dafür ausgewiesenen Flächen, deutlich gekennzeichnet und beschildert, möglich.“ Wohlgemerkt: möglich!
Stichwort Abstellflächen II • Franziska Hartmann, Pressesprecherin im Mobilitätsreferat, auf Nachfrage: „Stand 26. November sind 175 geteilte Abstellflächen fertig eingerichtet. Bis Ende 2025 sollen 675 geteilte Abstellflächen im gesamten Stadtgebiet realisiert werden.“
Und wie sieht es in bei uns und den angrenzenden Stadtbezirken aus? „In Bogenhausen, Haidhausen und Berg am Laim sind 95 geteilte Abstellflächen vorgesehen bzw. teilweise schon realisiert. Einige der Flächen werden an den Mobilitätspunkten umgesetzt, andere als reine geteilte Abstellflächen. Von den 95 Abstellflächen sind 30 in Haidhausen, 40 in Bogenhausen und 25 in Berg am Laim vorgesehen.“
Bereits umgesetzt sind von den geteilten Abstellflächen in Bogenhausen die Standorte Prinzregentenplatz, Böhmerwaldplatz 28 und Richard-Strauss-Str. 82.
In Berg am Laim sind’s die Standorte August-Everding-Str. 20, Hansjakobstr. 124a, Hachinger-Bach-Str. 24, Mühldorfstr. 28, Josephsburgstr. 36, Isareckstr. 54, Hermann-Weinhauser-Str. 4, Haager Str. 6, Echardinger Str. 65 und Rosenheimer Str. 139.
In Haidhausen sind’s die Standorte Hochstr. 2, Steinstr. 72, Weißenburger Str. 50, Pöppelstr. 2, Sckellstr. 1, Mariahilfplatz 17b, Welfenstr. 13, Kolumbusplatz, Schlotthauerstr., Falkenstr., Seeriederstr. 31, Regerplatz 6, Metzstr. 5, Balanstr. 4, Schleibingerstr. 11, Einsteinstr. 42, 98 sowie 130 und Preysingstr. 2.
Zum Ablauf erläutert Pressesprecherin: Die meisten weiteren geteilten Abstellflächen werden, sofern es die Witterung noch zulässt, dieses Jahr oder im nächsten Frühjahr eingerichtet. Einige wenige geteilte Abstellflächen werden erst später, aufgrund von längerfristigen Baustellen, errichtet.“
Zur Kostenfrage: „Laut der Pressestelle des Baureferats variieren die Kosten für die Errichtung einer geteilten Abstellfläche je nach Ausstattung und Größe der Fläche sowie Gegebenheiten vor Ort.“ Kaum anders zu erwarten: Um eine konkrete Zahl drücken die Verantwortlichen sich herum!
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Doch wie soll das „wilde“ Abstellen der Scooter verhindert werden? Im Radius von 100 Metern einer Abstellfläche soll digital jeder „wild herumstehende“ E-Tretroller erfasst werden (Geofencing) und der Zähler quasi wie ein Taxameter weiterlaufen. Also: Der Nutzer muss zahlen. So hat es die AZ berichtet.
• Fraglich, ob >Nachzahlungen< die Nutzer dazu bewegt, die Scooter nicht kreuz und quer irgendwo stehen zu lassen. Im Arabellapark und um Umgebung beispielsweise wohl kaum. Man denke dabei nur an die Kinder arabischer Touristen, für die Geld ganz offensichtlich keine Rolle spielt. Und: wie werden die Nachzahlungen mit der Stadt abgerechnet?
• Fraglich, ob der riesige Aufwand von Planung, Umsetzung und Verwaltung gerechtfertigt ist, angesichts der Ablehnung der E-Scooter in der Bevölkerung. Und auch angesichts leerer Stadtkassen.
• Fraglich angesichts von bundesweit 22 tödlichen Unfällen und 9425 Verletzten (Angaben Statisches Bundesamt für 2023).
• Fraglich angesichts der häufigsten Unfallursachen – (verbotenes) Fahren auf dem Gehweg, offiziell „falsche Nutzung der Fahrbahn“, und Alkohol.
